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Volkszählung in Russland 2002 / Foto © Dimitri Lebedew/Kommersant

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Lewada-Zentrum

Kurz vor der Dumawahl 2016 war es soweit: Das Lewada-Zentrum, das als das einzige unabhängige Meinungsforschungsinstitut Russlands gilt, wurde als ausländischer Agent registriert. Dem international renommierten Institut droht nun die Schließung. Weshalb das Lewada-Zentrum den russischen Behörden schon seit Jahren offenbar ein Dorn im Auge ist, erklärt Eduard Klein.

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Kommunalka

Eine Kommunalka ist eine Wohnung, die gleichzeitig von mehreren Familien bewohnt wird. Die Wohnform nahm ihren Anfang nach der Revolution von 1917, als große Wohneinheiten wohlhabender Familien auf mehrere Familien aufgeteilt wurden. Anfänglich als Not- und Übergangslösung gedacht, etablierte sich die Kommunalka bald als permanenter lebensweltlicher Ausnahmezustand und soziale Instanz. Seit der Perestroika ist es das große Ziel eines Jeden, diese Wohnform gegen eine Einzelwohnung einzutauschen.

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Tscheburaschka

Große runde Ohren, traurige Kulleraugen und eine entwaffnend niedlich quietschende Stimme: Heute wie vor 50 Jahren zieht Tscheburaschka alle Blicke auf sich. Was ist das für ein seltsames Tier? Das fragt sich der Obsthändler, aus dessen Orangenkiste Tscheburaschka im ersten Teil der Trickfilmreihe purzelt – und das fragen sich bis heute die Zuschauer. Tscheburaschka, das kleine, unverwechselbare Fabelwesen, ist seit seiner Erschaffung im Jahr 1966 ein fester Bestandteil der russischen Populärkultur. Heute taucht Tscheburaschka in unterschiedlichsten Zusammenhängen auf: in Werbespots, als Maskottchen für die russische Mannschaft der Olympischen Spiele seit 2004, aber auch als Kiffer oder als Guerillakämpfer.

Den Urtext für die Figur dieses kleinen und doch so populären Wesens bildet das erstmals 1966 in der Sowjetunion erschienene Kinderbuch von Eduard Uspenski Krokodil Gena und seine Freunde. Gemeinsam mit Roman Katschanow hat Uspenski auch die Drehbücher für die vier erfolgreichen Puppentrickfilme geschrieben. Der renommierte Animationskünstler Leonid Schwartsman besorgte die Zeichnungen, in Vielem ist die Ästhetik der Filme sowie ihrer Hauptfigur sein Verdienst. Im Gegensatz zu den meisten anderen während der sowjetischen Ära der Stagnation produzierten Trickfilmen (etwa Nu pogodi! von 1969, das sich am westlichen Vorbild Tom und Jerry orientierte), handelt es sich bei Tscheburaschka um eine genuin sowjetische Erfindung.

Uspenski, Katschanow und Schwartsman schufen mit Tscheburaschka eine Figur jenseits der bestehenden Kategorien. In seiner Einzigartigkeit liegt aber zugleich auch seine Tragik: Niemand weiß etwas mit ihm anzufangen. Er möchte so gern in einem Zoo leben, aber man lässt ihn nicht – welcher Tierart sollte man ihn denn auch zuordnen? Der einsame und gesellschaftlich entfremdete Außenseiter, der sich nicht in das sowjetische Ideal des Kollektivs einordnen lässt – dieses Motiv war in der desillusionierten Stagnationszeit der 1970er Jahre in Kinderfilmen häufiger anzutreffen.1 In den Tscheburaschka-Filmen werden darüber hinaus aber auch ökonomische Missstände in ironisch gebrochener Weise angesprochen, etwa wenn die Schule, die Tscheburaschka besuchen möchte, wegen Nachlässigkeit der Bauarbeiter nicht mehr rechtzeitig zum Schulbeginn fertiggestellt wird.

Tscheburaschka ist heute nicht nur in Russland populär, sondern unter anderem auch in Japan, wo 2014 das renommierte Studio Ghibli einen eigenen Film schuf. Auch die Werbung nutzt die Tscheburaschka-Figur, sie ist Protagonist mehrerer Computerspiele und inzwischen sogar Internet-Mem: Tscheburaschkas Harmlosigkeit wird dabei häufig mit Gewalt oder Sexualität kontrastiert, so posiert er auf manchen Bildern mit Kalaschnikow oder als guerrillakämpfender „Tsche“-Guevara. Die Loslösung vom Originalkontext ist komplett, die Figur findet sich heute schlicht überall.

https://www.youtube.com/watch?v=aMHFMdAaBTQ

 

Viele Dialogpassagen der Filme sind längst zu geflügelten Worten geworden, so etwa Tscheburaschkas Vorschlag, er könne Gena beim Tragen seiner Koffer helfen, wenn dieser wiederum ihn selbst tragen würde.2 Auch das melancholische Geburtstagsständchen, das Gena im Regen sich selbst singt, hat in Russland jeder im Ohr. Dass Tscheburaschka zum Symbol der russischen Nationalmannschaft für die Olympischen Sommerspiele 2004 wurde, verwunderte zunächst viele. Das Auswahlkomitee begründete seine Wahl damit, dass Tscheburaschka stets die Verkörperung des Guten und Aufrichtigen darstelle und gleichermaßen von Kindern wie von Erwachsenen geliebt werde.3

Universelle Werte wie die unerschütterliche Freundschaft zu Gena, Güte, Aufrichtigkeit, vor allem aber: Melancholie. Stets will dieses kleine Wesen dazugehören. Als Tscheburaschka sich – ganz ideologisch korrekt – einer fleißigen Kinder-Pioniergruppe anschließen will, nach allerlei Schwierigkeiten schließlich sein Ziel erreicht und zusammen mit Gena mit den Kindern im Stechschritt marschieren darf, stolpert er über den Schwanz seines Krokodil-Freunds und schleppt sich unglücklich und gequält weiter vorwärts.4 Die Stimmung eines Happy Ends will in dieser Szene nicht recht aufkommen ... Überhaupt hinterfragen die Filme immer wieder subtil sowjetische Ideale. Nicht immer scheint es zu funktionieren, die Suche nach Glück auf gesellschaftliche Zugehörigkeit auszurichten. Das kleine, liebenswerte Tscheburaschka ist mehr als eine Trickfilmfigur: Es thematisiert mit trauriger Ironie mitunter geradezu universelle Lebensfragen.5


1.Kuznecov, S. (2008): Zoo, ili filmy ne o ljubvi, in: Lipovedskij, M. (Hrsg.): Vesjelyje čelovečki: kulturnyje geroi sovetskogo detstva, Moskau. S. 355
2.Beumers, B. (2010): Comforting creatures in children’s cartoons. In: Marina Balina, Larissa Rudova (Hrsg.). Russian Children's Literature and Culture, S. 166
3.Kuznecov, S. (2008), S. 360
4.Der Ausdruck Tscheburaschka kommt nicht umsonst vom russischen Verb tscheburachnutsja (hinfallen), weswegen er auch oft mit „Kullerchen“ übersetzt wird.
5.Ključkin, K. (2008): Zavetnyj multfilm: pričiny poluljarnosti „Čeburaški“, in: Lipovedskij, M. (Hrsg.): Vesjelyje čelovečki: kulturnyje geroi sovetskogo detstva, Moskau. S. 369
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Walenki

Walenki sind nahtlose, in einem Stück gefertigte Filzstiefel aus Schafswolle. Sie halten auch bei großer Kälte warm und gelten deshalb als ideales Winterschuhwerk für die trockenen russischen Winter. Walenki werden als ein Symbol traditioneller russischer Kultur betrachtet, heute aber in erster Linie mit dem Landleben assoziiert.

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Datscha

Mit dem anbrechenden Sommer leeren sich die russischen Metropolen – das Stadtvolk verlässt seine Wohnungen und zieht für die nächsten Monate auf die Datscha. Henrike Schmidt über den Ort der geselligen Muße, der viele Epocheneinschnitte überlebt hat. 

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Der Sowjetmensch

Vom Idealmenschen zum untertänigen Opportunisten: Der einst utopische Begriff des Sowjetmenschen erfuhr nach der Perestroika eine komplette Umpolung. Soziologen erklären mit dem Phänomen die politische Kultur der UdSSR – aber auch Stereotypen und Überzeugungen von heute.

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Matrjoschka

Sinnbild des geheimnisvollen Russlands? Alexandra Köhring über die Matrjoschka, Exportgut und Souvenirartikel par excellence. 
 

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Samogon

Als Samogon bezeichnet man einen in häuslicher Eigenproduktion und für den Eigenbedarf hergestellten Schnaps. Grundlage bildet eine Maische, die in der Regel aus Kartoffeln, Früchten, Zucker oder Getreideprodukten besteht und in selbstgebauten Anlagen destilliert wird. Vor allem in den Übergangsphasen vom Zarenreich zur Sowjetunion und später während der Perestroika war der Samogon, der inzwischen fest zur russischen Alltagskultur zählt, weit verbreitet.

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Ein kurzer Augenblick von Normalität und kindlicher Leichtigkeit im Alltag eines ukrainischen Soldaten nahe der Front im Gebiet , © Mykhaylo Palinchak (All rights reserved)