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März: Alexander Gronsky

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Wenige haben die aktuelle russische Fotografie der letzten Jahre so sehr geprägt wie Alexander Gronsky. Seine ruhigen, oft malerisch wirkenden Bilder, die seiltänzerisch an mehreren Grenzen zugleich entlangwandeln – der Grenze zwischen Stadt und Land, Romantik und Trostlosigkeit, Ernst und Ironie – sind längst zu einer Inspiration für die noch jüngere Generation geworden, die sich aus der visuellen Kultur Russlands nicht mehr wegdenken lässt.

Gronsky ist 1980 im estnischen Tallinn geboren, begann als Autodidakt, wurde Reportagefotograf und siedelte nach Moskau um, an dessen ausgefransten Rändern die hier gezeigte Serie von 2008 bis 2012 auch entstand. Ihr Titel lautet Pastoral, doch anstatt von idealisierten Schäferszenen in bukolischer Idylle zeigt Gronsky Menschen im wüsten Raum des Phasenübergangs von Beton zu Grün: bald Inseln der heimatlichen Selbstverständlichkeit erschaffend, bald verloren wie Wanderer auf einem fernen, fremden Planeten.​

Die Personen auf seinen Bildern wirken oft wie Modellfiguren, die von unsichtbarer Hand in die Szenerie hineinarrangiert sind, als Spielende, Speisende, Badende, Betende … Manche der Bilder könnte man geradezu für Collagen halten. Es ist hier aber alles echt: Gronsky ist auf endlosen Streifzügen mit einer analogen Mittelformatkamera unterwegs, seine Aufnahmen überarbeitet er nur minimal in technischen Parametern.

Ein Fotograf der Grenzen: auch jener zwischen Ost und West. Im Baltikum aufgewachsen, war Gronsky die Geschichte der westlichen Fotografie präsenter als die der russischen, wie er selbst im Interview berichtet. Und sicherlich werden seine Bilder im Osten und im Westen auch ganz unterschiedlich gesehen. Für den Bewohner einer russischen Großstadt sind Gronskys Sujets der Alltag – „Der Blick aus meinem Fenster“, wie er im gleichen Interview sagt – ein Anblick, der so vertraut ist, dass es erst einen Fotografen braucht, um sich seiner bewusst zu werden.

Wir westlichen Betrachter hingegen sind vielleicht erst einmal frappiert vom Unerwarteten, können kaum glauben, dass sich all dies wirklich an ein und demselben Ort befindet: Wie kommt der Strand zwischen die Plattenbauten? Stehen die Kühltürme tatsächlich auf der Streuobstwiese? Wieso ragt hinter der Urwald-Tarzanschaukel der Siebzehnstöcker vor? All das lässt den Betrachter in einer gewissen Ratlosigkeit zurück, stachelt aber auch die visuelle Neugier an in einer Weise, wie es keine wirklich exotische Landschaft zu tun vermöchte.

Alexander Gronsky gewann 2010 den Paul Huf Award des Amsterdamer Fotomagazins Foam. Er ist Träger des Aperture Portfolio Prize 2009 und wurde beim World Press Photo Award 2012 mit einem 3. Platz der Kategorie daily life stories ausgezeichnet. Seine Werke wurden in Einzelausstellungen in Paris, Amsterdam, New York und natürlich in Moskau gezeigt.

Fotos: Alexander Gronsky
Bildredaktion: Nastya Golovenchenko, Text: Martin Krohs
Veröffentlicht am 01.03.2016

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Samogon

Als Samogon bezeichnet man einen in häuslicher Eigenproduktion und für den Eigenbedarf hergestellten Schnaps. Grundlage bildet eine Maische, die in der Regel aus Kartoffeln, Früchten, Zucker oder Getreideprodukten besteht und in selbstgebauten Anlagen destilliert wird. Vor allem in den Übergangsphasen vom Zarenreich zur Sowjetunion und später während der Perestroika war der Samogon, der inzwischen fest zur russischen Alltagskultur zählt, weit verbreitet.

Herstellung von Samogon. Foto © Yuriy75 unter CC BY-SA 3.0Der Begriff Samogon für eine unter häuslichen Bedingungen und für den eigenen Bedarf hergestellten Spirituose entstand Anfang des 20. Jahrhunderts. Ursächlich für die weite Verbreitung der Schwarzbrennerei war das sogenannte suchoi sakon (wörtlich: trockenes Gesetz): Kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs erließ Zar Nikolaus II. 1914 einen Ukas, der die Herstellung und den Verkauf aller Sorten alkoholischer Produkte im Zarenreich verbot. In der Folge begannen immer mehr Menschen, selbst Schnaps zu brennen - auf Russisch sam gonju, woher sich auch der Begriff Samogon ableitet.

Die Bolschewiki schafften das suchoi sakon zunächst nicht ab. Als die Schwarzbrennerei jedoch immer größeren Umfang annahm, sahen sie sich 1923 letztlich doch gezwungen, die gewerbliche Produktion und den offiziellen Verkauf von Alkohol wieder zu gestatten. Gleichzeitig wurde dafür ein striktes Verbot zur Herstellung von Samogon eingeführt, das bis zum Ende der Sowjetunion Bestand hatte. Es konnte allerdings nicht konsequent durchgesetzt werden: So führte zum Beispiel die bekannte Anti-Alkoholkampagne unter Michail Gorbatschow von 1985 bis 1991 zum erneuten Aufblühen der Schwarzbrennerei, wobei der auf dem Schwarzmarkt erhältliche Samogon von minderer Qualität war und oft Gesundheitsprobleme hervorrief.

Bis heute bleibt die heimische Eigenherstellung von Samogon eine weitverbreitete Praxis. In der gegenwärtigen Gesetzgebung der Russischen Föderation gibt es kein Verbot der Herstellung von Samogon, wenn auch entsprechende Intitiativen mehrmals in der Duma vorgeschlagen wurden, zuletzt Anfang Juli 2015.1


1.Lenta.ru: „Wodka pachnet ukolom w sadnizu“. Potschemu w Rossii ne stoit sapreschtschat proiswodstwo samogona
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