Medien

Die vergiftete Desna

Die Umweltzerstörung ist eine der weniger beachteten Folgen von Russlands Krieg gegen die Ukraine, so sehr sich ukrainische Vertreter und internationale Unterstützer auch bemühen, Hinweise und Belege für einen Ökozid zusammenzutragen.  

Fehlgeleitete oder von der Flugabwehr abgeschossene Raketen verursachen Waldbrände. Schützengräben durchziehen ganze Landstriche, je näher man der über 1.200 Kilometer langen Front kommt. Die Sprengung des Kachowka-Staudamms im Juni 2023 trocknete Stauseen aus und veränderte Flussläufe. Explodierende Minen führen zu Feld- und Steppenbränden. Alle Kämpfe verunreinigen Luft, Boden und Grundwasser, besonders wenn der Beschuss Industrieanlagen trifft. Die Kriegsfolgen für die Umwelt sind vielfältig, die Zuordnung von Verantwortlichen oder gar juristischer Schuld schwierig.  

Jüngstes Beispiel ist die Verschmutzung zweier Flüsse im Grenzgebiet der Ukraine und Russlands. Diese Gegend hat die Kursk-Offensive der ukrainischen Armee seit Sommer 2024 zu einem neuen, intensiv umkämpften Kriegsschauplatz gemacht. Gerade dort entdeckten Anwohner und Behörden im August tonnenweise tote Fische und Chemikalien im Flusswasser – zunächst im Seim, dann in der Desna. Da Letztere im Norden von Kyjiw in den Dnipro fließt, galt im September gar die Trinkwasserversorgung der Hauptstadt als gefährdet. Spekulationen über den Auslöser reichen von absichtlicher Vergiftung durch Russland bis zu Austritt von Giftstoffen durch Beschuss einer Fabrik in Flussnähe. 

Reporter des Onlinemediums Frontliner sind darum die Desna von Kowtschyn im Norden der Region Tschernihiw gen Süden abgefahren und haben sich ein Bild vom Ausmaß der Verschmutzung und den örtlichen Auswirkungen gemacht.  

Quelle Frontliner

Eine Anwohnerin im Dorf Ladynka, Oblast Tschernihiw, schaut auf den verschmutzten Fluss Desna, Foto © Danylo Dubtschak/Frontliner

Die Wasserqualität der Desna verbessert sich, der Fluss wird sauberer. Das berichtet im September die Dorfverwaltung in Kulykiwka (Region Tschernihiw). Wie das nationale Umweltministerium bestätigt, verlangsamt sich die Verschmutzung. Belüftungsanlagen sind (zur Wasserreinigung – dek) in Betrieb genommen. Das Schwimmen und Angeln in der Desna ist dennoch weiterhin verboten.  

Am 28. August 2024 ereignete sich infolge der Verschmutzung des Flusses Seim eine Umweltkatastrophe. Ausgangspunkt war die Oblast Kursk in der Russischen Föderation, die Quelle der Verschmutzung eine Zuckerraffinerie in Tjotkino, aus der mehr als 5.000 Tonnen Erzeugnisse der Rohstoffverarbeitung ins Wasser gelangt sind, sagt der Direktor des Instituts für Hydrobiologie der Nationalen Akademie der Wissenschaften der Ukraine, Serhij Afanasjew. Nach Angaben der staatlichen Umweltinspektion erstreckte sich die Verschmutzung der Desna über eine Strecke von 242 Kilometern.   

Durch Chemikalien im Fluss getötete Fische in der Desna im Dorf Awdijiwka, Oblast Tschernihiw, Foto © Danylo Dubtschak/FrontlinerDie Einwohner der Regionen Sumy und Tschernihiw waren besonders von der Freisetzung giftiger Substanzen betroffen. Die Gemeinderatsvorsitzende Julija Posternak aus Kulykiwka berichtet:  

„Es war furchtbar. Die Desna fließt durch unsere Gemeinde und bestimmt das Leben der Menschen hier. Wir haben sofort alle über die Gefahr informiert, und das Schwimmen sowie das Trinken von Wasser aus dem Fluss verboten. Fünf Tage nach der Verschmutzung begann das Fischsterben. Am schlimmsten war es zehn Tage nach der Verschmutzung: Der Gestank war so stark, dass man keine zehn Meter an den Fluss herantreten konnte. Jetzt ist die Situation besser und das Wasser sauberer.“ 

Auch Iwan Mychailowytsch, ein Angler aus dem Dorf Kowtschyn, berichtet, was er so noch nie erlebt habe: 

„Der Gestank war unerträglich. Es roch wie in der Kanalisation. Das ist nicht normal“, erzählt der Anwohner. 

Iwan Mychailowytsch kommt vom Fischen in einem der Seen bei Kowtschyn in der Oblast Tschernihiw, Foto © Danylo Dubtschak/FrontlinerSeitdem regeneriert sich die Desna schrittweise, wie Olena Kramarenko, stellvertretende Ministerin für Umweltschutz und natürliche Ressourcen der Ukraine, einschätzt: 

„Am Übergang des Seim in die Ukraine, dort wo die Verschmutzung zuerst festgestellt wurde, hat der Gehalt an gelöstem Sauerstoff im Wasser die Norm von vier Milligramm pro Kubikdezimeter erreicht. Ein Fischsterben wird nicht mehr beobachtet. In der Desna ist die Verschmutzung zurückgegangen. Sie wird punktuell erfasst und ist unterschiedlich stark. In der Oblast Tschernihiw gibt es drei Belüftungsanlagen. In der Oblast Kyjiw werden zusätzliche Belüftungssysteme installiert“, sagt Olena Kramarenko. 

Durch Chemikalien im Fluss getötete Fische in der Desna bei Ladynka in der Oblast Tschernihiw, Foto © Danylo Dubtschak/FrontlinerAllerdings sei es noch zu früh, das Wasser sicher für den Haushaltsbedarf zu nutzen. Schwimmen und Angeln in der Desna bleiben komplett verboten. Laut Serhij Afanasjew vom Hydrobiologie-Institut werden die Ökosysteme der Flüsse Seim und Desna zwei bis drei Jahre brauchen, um sich zu erholen.  

Die durch Russlands Krieg verursachte Umweltkatastrophe betrifft womöglich auch nicht nur die Bewohner der Regionen Sumy und Tschernihiw, sondern kann auch die Qualität des Trinkwassers in der Hauptstadt beeinträchtigen. Die Stadtverwaltung Kyjiw bereitet sich auf das Worst-Case-Szenario vor und legt Vorräte an sauberem Trinkwasser an.

„Achtung! Aufgrund von nachgewiesenen Giftstoffen ist das Baden, Angeln und die Wasserentnahme für Nutztiere aus dem Fluss Desna verboten“, Aushang im Dorf Awdijiwka in der Oblast Tschernihiw, Foto © Danylo Dubtschak/FrontlinerAuch langfristige Vorhersagen darüber, wie sich die Verschmutzung des Flusses Seim auf das Ökosystem der Ukraine auswirken wird, sind noch kaum möglich. Nach Angaben des amtierenden Leiters der staatlichen Umweltinspektion, Ihor Subowytsch, wurden infolge der Verschmutzung aus Russland bereits 31.000 tote Fische geborgen. Die Desna könne sich zwar selbst regenerieren, doch bislang entsprächen die physikalischen und chemischen Parameter des Wassers nicht der Norm. Die ukrainische Agentur für Wasserressourcen und die Umweltinspektion setzen ihre verstärkte Krisenüberwachung des Wasserzustands fort. 

Anfang Oktober erklärt das Umweltschutz-Ministerium, dass schon an neun Orten Belüftungsanlagen in Betrieb seien, um weitere Vergiftung der Desna zu verhindern: sechs in der Oblast Tschernihiw und drei in der Oblast Kyjiw. Das Wasser wird dabei künstlich mit Sauerstoff gesättigt, was den Prozess der Selbstreinigung des Flusses unterstützt. Bislang sei für Kyjiw und Umgebung keine Verschlechterung der Wasserqualität für die Verbraucher festzustellen.  

Die Desna bei Ladynka in der Oblast Tschernihiw, Foto © Danylo Dubtschak/FrontlinerIn der Oblast Tschernihiw ist das Fischen an der Desna nach wie vor verboten, auch wenn das Massensterben der Fische aufgehört hat. Umweltschützer nehmen weiterhin Wasserproben und untersuchen diese auf mögliche giftige Substanzen, um die Bevölkerung im Falle einer erneuten Kontamination rechtzeitig über die Gefahren der Trinkwasserentnahme aus der Desna zu informieren. 

dekoder unterstützen

Weitere Themen

Gnosen
en

Umweltpolitik

Die Umwelt hat in der russischen Politik oft eine eher untergeordnete Rolle gespielt. Seit ein paar Jahren ändert sich das. So hatten etwa im Frühjahr 2019 die namhaftesten russischen Klimatologen in einer Petition an die Akademie der Wissenschaften öffentlichkeitswirksam gefordert, doch endlich in Fragen der Klimapolitik mit einbezogen zu werden. Kurz darauf, im September 2019, ist Russland dem Pariser Abkommen beigetreten, das sich zum Ziel gesetzt hat, die globale Erwärmung bis 2100 auf zwei Grad Celsius gegenüber dem Durchschnittswert der Vorindustrialisierung zu beschränken. Parallel zu dem Beitritt fingen auch die staatsnahen Medien in Russland an, den Klimawandel als Bedrohung zu kommunizieren. Daneben konnte man 2019 in russischen Städten zahlreiche Umwelt- und Klimaproteste beobachten. 

Ganz neu und überraschend sind diese Entwicklungen keinesfalls. Denn in Russland gibt es eine lange Tradition der Umwelt- und Klimaforschung und eine etwas kürzer zurückreichende Geschichte der Umweltbewegungen. 
 

Im größten Land der Welt waren Wetter und Klima seit der Mitte des 19. Jahrhunderts wichtige Forschungsbereiche. Um das wachsende Imperium zu regieren, es mit der nötigen Infrastruktur auszubauen und um dort Landwirtschaft zu betreiben, galt Wissen über das Klima für die Politik als unverzichtbar. Die klimatische Vielfalt der gigantischen Landmassen, die sich über zehn Klimazonen erstrecken, bot den Wissenschaftlern zudem die Möglichkeit, Hintergründe für klimatische Veränderungen zu erforschen. Vor allem ging es aber darum, das für die Landwirtschaft ungünstige Klima zu verstehen und dagegen vorzugehen. 

So entwickelte der Bodenkundler Wassili Dokutschajew nach einer der schwersten Dürren Russlands in den Jahren 1891 bis 1892 den ersten Plan zur Umformung des Klimas in der Steppe. Teile davon wurden 1948 im Großen Stalinschen Plan zur Umgestaltung der Natur verarbeitet: Dieser sah vor, Waldschutzstreifen anzulegen um damit die trockenen Winde aufzuhalten, die man als Grund für die schwere Dürre von 1946 betrachtete. 

Bis zur endgültigen Entdeckung des menschengemachten Klimawandels in den 1960er Jahren bestand eine der Hauptaufgaben sowjetischer Klimatologen und Meteorologen insgesamt jedoch darin, Methoden und Technologien zu entwickeln, das Wetter künstlich zu verändern. 

Weltweit führend

Durch das seit Jahrzehnten angereicherte Wissen galten russische Klimatologen in der Mitte der 1970er Jahre als weltweit führend: Sie verfassten damals etwa die Hälfte aller wissenschaftlichen Publikationen in den Klimawissenschaften.1 Insbesondere der Geophysiker Michail Budyko und sein Team trugen zum näheren Verständnis des Klimawandels bei.2 Von 1972 bis 1994, also noch über den Zusammenbruch der Sowjetunion hinaus, haben sie in enger Kooperation mit US-amerikanischen Wissenschaftlern die Hintergründe des Klimawandels erforscht und 1990, noch vor dem Weltklimarat (IPCC), den ersten systematischen Sachstandsbericht zum Klimawandel veröffentlicht.3 

Im Gegensatz zum Gros ihrer westlichen Kollegen, hatten sowjetische Forscher den globalen Temperaturanstieg durch CO2 jedoch vorwiegend als positiv interpretiert: Erhöhte Temperaturen, so die These, brächten mehr Feuchtigkeit und somit höhere Ernteerträge sowie noch mehr Anbauflächen. Die negativen Begleiterscheinungen, so dachten Klimatologen damals, würden damit kompensiert. 

Weltweit abgeschlagen

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion verschwanden die russischen Klimatologen sehr schnell von der internationalen Klimaforschungs-Szene. An den IPCC-Berichten haben sie zwar mitgearbeitet, jedoch in viel geringerem Umfang als ihre westlichen Kollegen. Außerdem übten die russischen Wissenschaftler auch keine führenden Rollen in den Arbeitsgruppen des Weltklimarats aus. Auf der Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro 1992, wo die Klimarahmenkonventionen beschlossen wurden, war Russland nur durch zwei Wissenschaftler und zehn Delegierte vertreten – zum Vergleich: Das wesentlich kleinere Indonesien etwa schickte 60 Teilnehmer. Ein Teil des Problems war das fehlende Geld, auch die schwerwiegenden Umstrukturierungen innerhalb des Wissenschaftsapparats spielten eine Rolle sowie auch der Brain Drain. 

Schwerer wog jedoch das Problem, dass russische Forscher zunächst nicht über die nötigen Großrechner verfügten, um globale Klimamodelle zu berechnen und um somit einen Beitrag zur internationalen Klimaforschung zu leisten. Erst Anfang der 2000er Jahre hatte sich die russische Klimaforschung wieder erholt und konnte mit der Errechnung von Zukunftsszenarien zur internationalen Forschung beitragen. 

Umweltpolitik=Geopolitik?

Mit dem Amtsantritt Wladimir Putins im Jahr 2000 begann der Klimawandel auch in der russischen Politik eine wichtigere Rolle zu spielen. Für diese Wende waren allerdings nicht die Klimawissenschaftler und ihre neuen Großrechner verantwortlich. Vielmehr stand die Wende im Zusammenhang mit der russischen Außenpolitik. So hat Russland 2004 das Kyoto-Protokoll vor allem deshalb ratifiziert, weil es so seine Rolle in der Weltpolitik ausbauen konnte: Der Vertrag konnte nur in Kraft treten, wenn die Emissionen aller Unterzeichnerstaaten 55 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes ausmachen. Da die USA aus dem Abkommen ausgetreten waren, hing der Erfolg nun allein von Russland ab.4 
Außerdem konnte der Kreml einen finanziellen Gewinn durch den Emissionshandel erzielen: Da Russland 2004 rund 40 Prozent weniger Treibhausgase emittiert hat als 1990, in Verhandlungen allerdings einen Zielwert auf dem Emissionsniveau von 1990 durchsetzte, gehört es nun zu den großen Profiteuren im Handel mit CO2-Emissionszertifikaten. Die russische Industrie war 1990 noch mehr oder weniger voll im Gange, und so heißt das im Umkehrschluss, dass Russland heute immer noch kaum Anreize hat, seine Emissionen zu reduzieren.

Dabei steht Russland heute vor einem Problem: Die Durchschnittstemperatur im Land steigt rund zweieinhalb Mal schneller als im globalen Durchschnitt. Russland liegt zu rund 50 Prozent innerhalb der Permafrost-Zone. Das Auftauen der Permafrostböden ist auch deshalb eine gravierende Belastung für die Umwelt, weil es die Erderwärmung durch die Freisetzung von Kohlendioxid und Methan zusätzlich vorantreibt. Obwohl Russland mit dem Auftauen der Permafrostböden tatsächlich günstiger neue Rohstoffvorkommen erschließen könnte, zeichnet sich im Kreml seit 2019 insgesamt ein spürbarer politischer Kurswechsel ab: Der Klimawandel gilt seitdem offiziell als Bedrohung. 

Mit dieser Wende versucht der Kreml einen bislang kaum vorhanden Klima- und Umweltdiskurs zu füllen. Kaum vorhanden war er bislang vor allem deshalb, weil der Kreml sich seit dem Machtantritt Putins nur unter den geopolitischen Vorzeichen als Gesprächsteilnehmer zeigte und vieles daran setzte, den vorhanden Diskurs zu ersticken. So wurden Umweltaktivisten und -bewegungen zunehmend zu Feinden des wirtschaftlichen Fortschritts Russlands erklärt, was ihren weitgehenden Niedergang einleitete.5 Nach der Verabschiedung des Gesetzes gegen sogenannte ausländische Agenten im Jahr 2012 wurden zunehmend auch immer mehr russische Umweltschutzorganisationen mit diesem Stigma belegt: 2016 waren es 25 Umwelt-NGOs – rund ein Fünftel aller sogenannter ausländischen Agenten.6
Für besondere Aufmerksamkeit sorgte der Fall der NGO Sakhalin Environment Watch, die 2015 von der Leonardo DiCaprio Stiftung 159.000 US-Dollar zum Schutz des Küstenreservats Wostotschny auf Sachalin erhielt. Obwohl die NGO das Geld fast nicht angerührt hatte und den Rest innerhalb weniger Wochen zurücküberwies, dauerte es nahezu zwei Jahre, bis sie wieder aus dem Register für ausländische Agenten entfernt wurde. 

Rückkehr des Umweltaktivismus?

Dabei haben schon während der Perestroika zehntausende Menschen in fast allen Sowjetrepubliken gegen die Kontaminierung der Gewässer, Luft und Böden protestiert. Biologen, Chemiker und Physiker erforschten die schwerwiegenden, mitunter fatalen Folgen der Umweltverschmutzung im Land. Glasnost brachte diese Erkenntnisse an die Öffentlichkeit, Perestroika ermöglichte den Menschen, auf die Straße zu gehen, um ihrem Unmut über die Umweltsünden Luft zu machen. Die Umweltbewegungen galten als die effektivsten sozialen Protestbewegungen der ausgehenden Sowjetunion. Schließlich zwangen sie die Regierung unter anderem auch dazu, dass einige Fabriken geschlossen und der Bau einiger Atomkraftwerke noch gestoppt wurde. 

Als die eigentliche Blütezeit der Umweltbewegung gelten für einige Beobachter allerdings die 1990er Jahre: Dank finanzieller Unterstützung von ausländischen Organisationen gab es damals einen regen institutionellen Austausch, der auch eine Vielzahl von gemeinsamen Projekten ermöglichte. Trotz der massiven Wirtschaftskrise haben die Behörden der Umwelt damals durchaus Aufmerksamkeit geschenkt, auch Massenmedien haben häufig über Umweltprobleme berichtet.7

Auch vor dem Hintergrund der systematischen Einschränkung der Arbeit von Umweltschutzorganisationen seit den früher 2000er Jahren sind große Klimaproteste in Russland heute jedoch kaum vorstellbar, die Umweltbewegung ist eher marginal. Wohl aber gibt es seit 2019 zusehends mehr Umweltproteste auf lokaler Ebene: Etwa im Kusnezker Becken gegen Luftverschmutzung oder die Demonstrationen gegen Moskauer Mülldeponien wie in der Nähe von Archangelsk
Vermutlich von den weltweit zunehmenden Klimastreiks inspiriert, finden seit Herbst 2019 vermehrt kleinere Protestaktionen in verschiedenen russischen Städten statt, um auf die gravierenden Folgen des Klimawandels auch für Russland aufmerksam zu machen. Es wäre zwar voreilig, über eine Wiedergeburt der Umweltbewegung zu sprechen, insgesamt lassen die zunehmenden Proteste aber auf ein wachsendes ökologisches Bewusstsein in der Gesellschaft schließen.


1. Paul E. Lydolph (1971): Soviet Work and Writing in Climatology, Soviet Geography: Review and Transition, 12, S. 637-656. 
2. Oldfield, J. (2016): Mikhail Budyko's (1920-2001) contributions to Global Climate Science: from heat balances to climate change and global ecology’, in: Wiley Interdisciplinary Reviews: Climate Change 7, 2016, S. 5. 
3. MacCracken, M C, Budyko, M I, Hecht, A D, Izrael, Y A. (1990): Prospects for future climate: A special US/USSR report on climate and climate change.
4. Henry, L., Sundstrom L. (2007): Russia and the Kyoto Protocol Seeking an Alignment of Interests and Image’, in: Global Environmental Politics 7, 2007, S. 4. 
5. inosmi.ru: Rossijskoe ėkologičeskoe dviženie zadychaetsja.
6. bellona.ru: Ėkologičeskie NKO: kak rabotat' pod pressom.  
7. inosmi.ru: Rossijskoe ėkologičeskoe dviženie zadychaetsja.   
dekoder unterstützen
Weitere Themen
Gnose

Sozialprotest

Weit verbreitet sind in Russland Proteste zu Sozialthemen wie Lohnrückstände, Sozialabbau oder LKW-Maut. Im Gegensatz zu Protestaktionen der Oppositionellen und Aktionskünstler wird jedoch über sie gerade von den westlichen Medien selten berichtet. Die Aktionsformen reichen vom Bummelstreik bis zur Selbstverbrennung. Von einigen Beobachtern als unpolitisch abgetan, gilt der Sozialprotest anderen als der wahrhaft politische, da es um konkrete Interessen statt eines abstrakten Wandels geht.

weitere Gnosen
Ein kurzer Augenblick von Normalität und kindlicher Leichtigkeit im Alltag eines ukrainischen Soldaten nahe der Front im Gebiet , © Mykhaylo Palinchak (All rights reserved)