Bystro #1: Ein schneller Überblick über die russische Medienlandschaft – in sechs Fragen und Antworten. Einfach durchklicken.
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1. Wie steht es um die Pressefreiheit in Russland?
Russland wird von vielen Politikwissenschaftlern als Autoritarismus beschrieben, also als „eingeschränkter Pluralismus“. Zum Meinungspluralismus gehört auch die Pressefreiheit. Und auch die ist in Russland eingeschränkt: In internationalen Rankings, wie dem von Reporter ohne Grenzen, landet Russland deswegen meist auf den hinteren Plätzen, derzeit auf Rang 148 von 180.
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2. Welche Medien nutzen die meisten? Und was bedeutet der Ausdruck Zombie-Kiste?
Das dominierende Medium ist das staatsnahe Fernsehen – vor Print, Online und Radio. Und das ist etwas anderes als das öffentlich-rechtliche bei uns: Es steht allein strukturell unter Kontrolle und Einfluss des Staates – und ist damit das wichtigste Propagandainstrument. Als Sombirowanije (dt. Zombie-sierung) wird der Effekt beschrieben, den diese ständige Manipulation auf den Zuschauer hat. Kritiker nennen den Fernseher sarkastisch Zombie-Kiste. Die größten Sender sind Rossija 1, Perwy Kanal (Erster Kanal) und NTW.
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3. Gibt es überhaupt unabhängige Medien in Russland?
Ja, die gibt es. Unabhängiger Journalismus spielt sich vor allem online ab, darf allerdings gewisse „durchgezogene Linien“ nicht überschreiten – dazu gehört auch, dass er sich nur in einer Nische bewegen darf und eine bestimmte Reichweite nicht übersteigen sollte. Durch die Dominanz des staatlichen und staatsnahen Fernsehens haben es kritische und unabhängige Medien zusätzlich schwer.
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4. Woher weiß ich denn, ob ein Medium unabhängig berichtet?
Zunächst hilft es, auf die Struktur des Medium zu schauen: Wer ist der Eigentümer? Die Trennlinie zwischen direkter und indirekter Kontrolle ist allerdings nicht immer scharf zu ziehen.
Außerdem gibt es Selbstzensur auch in (strukturell) unabhängigen Medien – und es finden sich kritische Beiträge in staatsnahen Medien. So unterscheiden sich etwa die Positionen der Moskauer Nesawissimaja Gaseta (dt. Unabhängige Zeitung), die dem Unternehmer Konstantin Remtschukow gehört, meistens nicht von den offiziellen. Der Radiosender Echo Moskwy hingegen, der zur staatsnahen Holding Gazprom-Media gehört, gilt als regierungskritisch.
Einigen unabhängigen Medien (vor allem in den Regionen) kann man vorwerfen, dass sie zwischen Aktivismus und Journalismus nicht wirklich unterscheiden. -
5. Wie finanzieren sich unabhängige Medien?
Vor allem durch Abos und Spenden. Die Werbeeinnahmen sinken stetig – auch, weil es sich für Unternehmen geschäftsschädigend auswirken könnte, in kritischen Medien Werbung zu schalten.
Zudem könnte eine Änderung im Mediengesetz, die im November 2017 von der Duma beschlossen wurde, für unabhängige Medien fatal sein. Denn damit ist es nun möglich, Medien mit dem Status des „ausländischen Agenten“ zu stigmatisieren. Dieses Label bekommen zivilgesellschaftliche Organisationen bereits seit 2012, etwa, wenn sie Geld aus dem Ausland erhalten. Ein Medium kann nun im Grunde zum „Agenten“ erklärt werden, wenn seine Abo- oder Spendeneinnahmen aus dem Ausland kommen. Noch dazu können Websites von „ausländischen Agenten“ unter Umständen ohne Gerichtsbeschluss blockiert werden.
Ob und gegen wie viele Medien dieses Gesetz dann zum Einsatz kommt, weiß keiner. Aber allein dadurch, dass es existiert und diskutiert wird, kann es abschreckend wirken und die Selbstzensur (s. o.) verstärken. -
6. Wie sieht das Deutschlandbild in russischen Medien aus?
Auslandskorrespondenten in Deutschland können sich nur russische Staatsmedien leisten. Den Westen als Feind und Bedrohung zu stilisieren, ist Hauptthema in der offiziellen Rhetorik nach innen – ein Thema, das diese Medien gerne variieren (berühmtestes Beispiel in Deutschland ist der „Fall Lisa“).
Unabhängige russische Medien bringen hauptsächlich Agenturmeldungen. Oder ein Experte schreibt seine Analyse vom Schreibtisch in Russland aus. Alltagsreportagen von vor Ort gibt es kaum, manche Themen werden gar nicht erst aufgegriffen.
*Das französische Wort Bistro stammt angeblich vom russischen Wort bystro (dt. schnell). Während der napoleonischen Kriege sollen die hungrigen Kosaken in Paris den Kellnern zugerufen haben: „Bystro, bystro!“ (dt. „Schnell, schnell!“) Eine etymologische Herleitung, die leider nicht belegt ist. Aber eine schöne Geschichte.
Text: dekoder-Redaktion Stand: 14.02.2018