Das Wort opoltschenzy kann mit Volkswehr oder Volksmiliz übersetzt werden. Es wird vor allem von den bewaffneten Milizen der selbsternannten Luhansker und Donezker Republiken sowie von einzelnen bewaffneten Gruppen im Osten der Ukraine verwendet, die gegen die ukrainische Armee kämpfen. Der Begriff, den auch die russischen Staatsmedien verwenden, ist eine Anspielung auf die russische Volksarmee, die 1612 polnische und schwedische Besatzer aus Russland vertrieb. Im russischen kollektiven Gedächtnis ist er somit stark positiv konnotiert. In den deutschen Medien werden die Volksmilizen hingegen als Rebellen oder prorussische Separatisten bezeichnet; die ukrainische Seite spricht von „Terroristen”.
Es ist schwer einzuschätzen, wie viele Personen zu den Luhansker und Donezker Volksmilizen gezählt werden können. An ihrer Seite kämpfen sowohl beteiligte aus der Lokalbevölkerung („Bergbauer und Traktorenführer“, wie Präsident Putin es formulierte1) als auch viele Freiwillige aus anderen Ländern, vor allem Russland. Im russischsprachigen Internet wird aktiv um Freiwillige geworben. Dabei wird der Krieg im Osten der Ukraine oft als die Frontlinie eines Krieges des Westens gegen Russland geschildert, in dem die russische Welt (russki mir) verteidigt werden muss, um das historische Neurussland wiederherzustellen – einige Rebellen sehen sich daher auch als die „Volksmilizen Neurusslands” an.
Augenzeugen berichten, dass z. B. das Bataillon Smert (Tod) komplett mit tschetschenischen Kämpfern ausgestattet ist, die die Ortssprache kaum sprechen.2 Laut dem ehemaligen Anführer der Donezker Volksmiliz, Igor Strelkow, schließen sich viele russische Soldaten freiwillig den Milizen an, um dort „statt am Meer ihren Urlaub zu verbringen“.3 Aber auch russische Soldaten und Offiziere kämpfen für die Volksmilizen4, obwohl dies von offizieller russischer Seite bestritten wird. Oft heißt es, die russischen Soldaten und Offiziere würden erst kündigen, bevor sie in die Ostukraine gehen. Es gibt aber auch Berichte, dass sie unter Druck in die Region entsandt werden.
Kämpften die einzelnen Milizen anfangs noch recht unkoordiniert und unabhängig voneinander, wird etwa seit Juli 2014 eine Volksarmee der Donezker Republik aufgebaut. Die Anführer der einzelnen Volksmilizen sitzen häufig gleichzeitig in politischen Schlüsselpositionen der selbsternannten Volksrepubliken. So war der Moskauer Igor Strelkow im Sommer 2014 Verteidigungsminister der Donezker Republik und leitete gleichzeitig die in der Region kämpfende Russische Orthodoxe Armee. Alexander Sachartschenko, das Staatsoberhaupt der Donezker Volksrepublik, leitet die Miliz Oplot. Die Offiziere der Volksarmeen haben weitreichende politische Befugnisse und können z. B. Bürgermeister absetzen, wie es in Donezk und Slowjansk geschah.
Obwohl sie das Interesse teilen, gegen den Kiewer Staat anzugehen, stimmen die Anführer der Milizen nicht in allen Fragen miteinander überein. Interne Streitigkeiten werden hin und wieder in den russischen Medien ausgetragen. Die verschiedenen Ansichten und Vorstellungen bezüglich der Zukunft der Volksrepubliken Donezk und Luhansk könnten auch eine Erklärung dafür sein, warum der Waffenstillstand in der Region trotz der Minsker Abkommen nicht eingehalten und von den Volksmilizen häufig gebrochen wird.5