„Zieh dich aus, dann schauen wir, wer du bist“ – das bekam die trans Frau Elis Femina kürzlich von einer Moskauer Polizistin zu hören, wie sie gegenüber Mediazona berichtet. Auf der Polizeiwache war sie gelandet, nachdem sie ein Türsteher am Wiederbetreten eines Klubs gehindert hatte mit den Worten: „Das ist doch ein Typ im Rock.“ Im Verlauf der Auseinandersetzung rief Femina schließlich „Ruhm der Ukraine!“. Dafür habe man ihr auf der Wache später gedroht, sie in die Ukraine an die Front zu schicken: „Dort kannst du dann unsere Männer ,bedienen‘, du FRAU.“
Für LGBTQ und speziell für trans Menschen gehören Diskriminierungen in Russland zur alltäglichen Erfahrung – gerade auch von staatlicher Seite. Erst im Dezember unterzeichnete Putin eine Verschärfung des Gesetzes über sogenannte „homosexuelle Propaganda“, das als solche identifizierte Schriften und Medien generell unter Strafe stellt und verbietet.
Am 14. Juni stimmte die Staatsduma nun in erster Lesung einstimmig für ein neues Transgender-Gesetz. Demnach sollen künftig geschlechtsangleichende Operationen und auch schon Änderungen der Geschlechtsvermerke in offiziellen Dokumenten verboten werden. Menschenrechtsorganisationen kritisierten das Gesetz scharf, selbst das russische Gesundheitsministerium hat sich gegen das Gesetz in der aktuellen Form ausgesprochen und befürchtet, dass es dadurch zu mehr Suiziden kommen kann. Mediazona hat eine Mitschrift der Parlamentssitzung zum Gesetz im Wortlaut veröffentlicht: Dort ist die Rede von einer „westlichen Transgender-Industrie“, es wird gewarnt vor einem „exponentiellen Wachstum“ geschlechtsangleichender Operationen und der Dumavorsitzende Wjatscheslaw Wolodin spricht in diesem Zusammenhang von „reinem Satanismus“. dekoder hat den Eröffnungsbeitrag von Pjotr Tolstoi übersetzt, um zu dokumentieren, mit welcher Rhetorik solche Gesetze in Abkehr von den Normen der WHO in Russland beschlossen werden.
Pjotr Tolstoi, stellvertretender Vorsitzender der Staatsduma, Partei Einiges Russland:
„Das ist keine neue Verbotsinitiative der Staatsduma, das ist ein weiterer Schritt für den Schutz nationaler Interessen. Und wir stimmen dem zu, weil sich Russland seit Beginn der militärischen Spezialoperation verändert hat. Die Jungs, die heute mit der Waffe in der Hand unser Land verteidigen, die sollen danach in ein anderes Land zurückkehren, nicht in jenes, was es vor Beginn der militärischen Spezialoperation war. Es ist sehr schade, dass viele das aus ganz unterschiedlichen Gründen nicht begreifen, und viele erwarten auch einfach, dass sich nichts verändert und dass alles so bleibt, wie es war. Aber nichts wird so bleiben, wie es war.
Es ist anzumerken, dass die Zahl der Geschlechtsumwandlungen in Russland leider steigt. Zwischen 2016 und 2022 haben nach Angaben des Innenministeriums 3000 Menschen ihr Geschlecht ändern lassen. Es ist tatsächlich so, dass dafür heutzutage als Grundlage ein einfaches ärztliches Attest ausreicht, das nicht offiziell erfasst wird. Man bekommt es in praktisch jeder Privatklinik in Russland. Leider hat das Gesundheitsministerium keinen Überblick, wie viele von diesen Operationen durchgeführt werden. Ein solche Dienstleistung kostet keine 30.000 Rubel [ca. 330 Euro – dek].
Auf diese Weise kann sich ein Staatsbürger als untauglich zum Militärdienst erklären lassen
Die Diagnose, von der die verehrten Ärzte sprechen, heißt „Transsexualismus“ und gehört zu den Störungen der Geschlechtsidentität. Unter anderem kann sich ein Staatsbürger auf dieser Grundlage als untauglich zum Militärdienst erklären lassen. Und man darf auch nicht vergessen, dass ein homosexuelles Paar, wenn ein Partner das Geschlecht ändert, das Recht bekommt, ein Kind zu adoptieren. Solche Fälle gibt es in Russland leider auch schon.
Laut der russischen Verfassung ist die Ehe ein Bündnis zwischen Mann und Frau, irgendwelche unbestimmten, zusätzlichen oder Zwischen-Gender kommen darin einfach nicht vor. Es gibt nicht Elternteil-1 und Elternteil-2. Die Einführung einer solchen Praxis widerspricht einer ganzen Reihe von grundlegenden staatlichen Statuten und Konzepten: So unter anderem der russischen Verfassung, der Strategie der nationalen Sicherheit, den Grundlagen der Staatspolitik zum Schutz von traditionellen russischen geistig-moralischen Werten.
In dieser Klassifikation gelten Perversionen als Norm. Wenn wir in einer solchen Welt leben wollen, dann muss nichts geändert werden
Dass es derart rudimentäre Normen gibt, ist das Ergebnis der Arbeit von einigen Beamten im internationalen Bereich, zum Beispiel in der Weltgesundheitsorganisation mit ihrer internationalen Klassifikation von Krankheiten ICD-10 und ICD-11, die aus Gewohnheit immer noch anerkannt und von der russischen Regierung umgesetzt werden. In dieser Klassifikation gelten Perversionen als Norm. Wenn wir in einer solchen Welt leben wollen, dann muss natürlich nichts geändert werden: Es müssen keine Gesetze erlassen werden, und einfach akzeptiert werden muss unter anderem auch die Mitgliedschaft der Russischen Föderation in der Weltgesundheitsorganisation, die uns Geschäftsreisen, Vergünstigungen und eine ganze Reihe von lukrativen Verträgen und so weiter beschert.
Ich spreche hier nur von der Spitze des Eisbergs. Die westliche Transgender-Industrie versucht auf diese Weise, unser Land zu durchdringen und eine Bresche für ihr millionenschweres Business zu schlagen. In Russland existiert bereits ein etabliertes Netz von Kliniken, die Geschlechtsumwandlungen vornehmen, einschließlich sogenannter trans-friendly Ärzte. Trans-friendly Psychologen arbeiten mit aktiver Unterstützung von LGBT-Organisationen (die vielleicht in den letzten Jahren ihren Namen in einen weniger verfänglichen geändert haben). Bereits heute ist das eine profitable, eine überaus profitable Branche medizinischer Dienstleistungen. Und es ist klar, warum eine ganze Reihe von Ärzten diese Branche so leidenschaftlich verteidigt, unter dem Deckmantel akademischer Kenntnisse, die sie unter anderem im Ausland während der Ausbildung in den USA und anderen Ländern erworben haben. Das ist natürlich gut, wundervoll. Nur scheint mir irgendwie, es ist an der Zeit, in dieser Branche aufzuräumen. Und die Entscheidung heute ist ein Schritt in diese Richtung.“