Seit Alexander Lukaschenko das Territorium von Belarus als Aufmarschgebiet für den Krieg Russlands gegen die Ukrainer zur Verfügung gestellt hat, toben auch in den sozialen Medien scharfe Auseinandersetzungen. Von der ukrainischen Seite wird den Belarussen vorgeworfen, sie müssten kollektive Verantwortung für diesen Krieg übernehmen. Die Anfeindungen zeigen mitunter, dass das Wissen bei den Nachbarländern über die jeweiligen politischen Systeme nicht sonderlich ausgeprägt ist. Der litauische Politologe Vitis Jurkonis beispielsweise sagt: „Man muss das Regime in Belarus und sein Volk auseinander halten.“ Denn es waren Belarussen, die sich bereits früh ab Ende 2013 den Maidan-Protesten in der Ukraine angeschlossen haben und auch teilweise in den Krieg in der Ostukraine gezogen sind. Auch aktuell gibt es Freiwillige, die sich für den Einsatz in der Ukraine melden, sowie zahlreiche Solidaritätsaktionen, die Belarussen für die Ukraine organisieren. Nach den Protesten im Jahr 2020 sind mehr als 100.000 Belarussen vor den Repressionen in ihrem Land in die Ukraine geflohen. Nun müssen sie wieder fliehen.
Der belarussische Schriftsteller Alhierd Bacharevič wendet sich in einem offenen Brief, der auf der Webseite der ukrainischen Zeitschrift Ukrajinsky Tyshden (dt. Die Ukrainische Woche) veröffentlicht wurde, an die Ukrainer. Darin erklärt er nicht nur seinen persönlichen Schmerz über den und seine persönliche Schuld an dem Krieg, sondern auch die seiner Landsleute, dazu die zahlreichen Beziehungen, die sich zwischen Ukrainern und Belarussen entwickelt haben und die Bedeutung der Proteste in Belarus. Er wendet sich gegen den Vorwurf, dass seine Heimat nun grundsätzlich als „Fleck der Schande“ angesehen werden soll.
Liebe Ukrainerinnen und Ukrainer! Meine Helden, meine Freunde.
Ihr Menschen, um die es uns allen heute weh ist.
Ich will nicht, dass dieser Text als Beschönigung oder Entschuldigung gelesen wird. Für Entschuldigungen ist es schon zu spät – und es hat auch keinen Sinn. Die Kriegsmaschinerie läuft, der Tod kommt gleichzeitig aus mehreren Richtungen, darunter auch vom Staatsgebiet meiner Heimat, und mit Entschuldigungen hält man sie nicht auf. Ich will auch nicht, dass mein Text als Buße verstanden wird. Buße tun sollen die, die Blut an ihren Händen haben. Ihr seid im Krieg, Ihr verteidigt euer Land – und wir sind nicht in der Kirche. Wir alle stehen vor dem Gericht der Geschichte, auf unterschiedlichen Seiten einer Zivilisationsgrenze, die nicht wir gezogen haben. In hässlichen Tagen, vor allem für die Ukraine, aber auch für ganz Europa, das in der Falle seines Strebens nach „Frieden um jeden Preis“ gefangen ist. Das ist das Europa, an das ich noch glaube und auf das ich hoffe. Dessen Hoffnung Ihr jetzt seid. Ich will so sehr, dass Ihr diesen Text bis zum Ende lest. Danach könnt ihr uns Belarussen hassen, ihr könnt uns verachten – oder doch nachdenken, wer euer Gegner ist, ob mein Belarus wirklich euer Gegner ist.
„Wir Belarussen sind friedliche Menschen ...“
So beginnt die Nationalhymne der Republik Belarus. Die Musik stammt noch aus sowjetischen Zeiten, nur der Text ist neu. Irgendwann klang an dieser Stelle ein sklavisches: „Wir Belarussen, verbrüdert mit Russland ...“ Aber weder die alte noch die neue Hymne hat mein wahres Belarus anerkannt. Diese Hymne ist für uns ebenso Symbol der Diktatur wie die rot-grüne Fahne und das sowjetische Wappen. Doch das interessiert die Welt bereits nicht mehr.
„Wir Belarussen sind friedliche Menschen ...“ Lange Zeit befriedigte diese Formel alle Seiten. Sowohl die staatliche Propaganda als auch die Gegner des Regimes verwendeten sie gern. Wir sind friedliche Menschen. Das war eine Erklärung, der alle gern zustimmten, ob nun Machthaber oder Opposition.
Belarus ist jetzt der Aggressor und reiht sich damit in die Liste der finstersten Länder der Weltgeschichte
Jetzt ist es eine Lüge. Die schöne alte Erzählung von den friedliebenden Menschen und ihren guten Nachbarn wurde von einem Augenblick zum anderen zum heuchlerischen und blutigen Lügenmärchen. Zusammen mit dem „verbrüderten Russland“ ist Belarus zum Aufmarschgelände für den Angriff auf die Ukraine geworden. Belarus ist jetzt der Aggressor und reiht sich damit in die Liste der finstersten Länder der Weltgeschichte. Das Bild vom „friedlichen Menschen“ ist im Nu zerstoben – für immer. Auch das Bild, das uns als Opfer zeigt, die jahrhundertelang unterdrückt und vernichtet wurden, aber überlebten und dafür respektiert werden sollten. Lukaschenka hat Belarus und sein Volk endlich in die letzte Sackgasse geführt, aus der nun alle herausklettern müssen, auch die, die sich „für Politik nie interessiert haben“. Niemand kann es aussitzen und wegschweigen. Niemand wird mehr sagen können: „Ich bin ein kleiner Mensch, ich habe damit nichts zu tun“. Aber das Entsetzlichste ist: Für diese hässliche Rolle, die Belarus jetzt spielt, werden auch die nächsten Generationen zahlen. Beim Wort „Belarus“ werden im Bewusstsein der Welt noch sehr lange die Bilder des Krieges auftauchen: die Bilder jenes Krieges, in dem Belarus zum ersten Mal in seiner Geschichte nicht Opfer oder Verteidiger ist, sondern der getreue Handlanger von Putins Faschismus.
Noch vor Kurzem waren wir so stolz, dass wir in den Augen der Welt endlich ein schönes, starkes Antlitz haben: das Bild der mutigen Frauen und Männer, die 2020 ohne Waffen, nur mit ihrem Freiheitswillen und Protestworten auf die Straßen gingen und sich gegen die bis zu den Zähnen bewaffneten Militäreinheiten stellten, die sich selbst als „Miliz“ und „Armee“ bezeichneten. Jetzt ist dieses Bild durchgestrichen und verschmiert. So überpinselt man in meiner Heimatstadt Minsk bis heute die Revolutionsgraffitis. Doch jetzt wird es mit ukrainischem Blut verschmiert – von Menschen, die sich – wie auch ich – Belarussen nennen. Aber wir, die wir von einem anderen Belarus träumen und seit Jahren versuchen, diese Träume wahrzumachen – wir fühlen uns stärker mit Euch Ukrainern verbunden als mit unseren Generälen und Soldaten, die in Euer Land einmarschieren.
Deshalb bin ich, der belarussische Schriftsteller Bacharevič, bereit, meinen Teil der belarussischen Verantwortung auf mich zu nehmen. Ich bin bereit, die belarussische Schuld und die belarussische Schande auf mich zu nehmen, wie es seinerzeit während des Zweiten Weltkriegs auch die deutschen Literaten in der Emigration taten. Das ist eine der Aufgaben der Literatur heute. Schuld und Schande anzuerkennen.
Aber ich bin dagegen, dass mein Belarus heute ausschließlich ein Fleck der Schande und des Hasses für die Welt sein soll.
Ihr, die Ukrainer, verteidigt Euer Land. Eure Armee, eure Territorialverteidigung, jeder Ukrainer und jede Ukrainerin widersetzen sich dem Aggressor. Euer Krieg ist ein Verteidigungskrieg, ein Krieg für die Freiheit. Ihr seid schon einen so langen Weg zur Freiheit gegangen, dass Putins Imperium Euch nie wieder in sein Gefängnis zurückholen kann. Die Ukraine hat sich für immer verändert.
2020 haben wir, die Belarussen, uns davon überzeugt, dass wir keine belarussische Armee haben. Die Einheiten, die uns verteidigen sollten, führten Krieg gegen unbewaffnete Menschen. Die Belarussen haben gesehen, wie die, die dem Volk ihre Treue geschworen hatten, dieses Volk ohne mit der Wimper zu zucken verrieten, wie sie aktiv an Massenrepressionen gegen die eigenen Mitbürger teilnahmen. Seitdem hält niemand im Land die belarussische Armee mehr für wirklich belarussisch. Belarus hat keine Armee. Es hat nur Lukaschenkas Generäle, die von Putins Medaillen träumen. Es hat diejenigen, die deren verbrecherische Befehle ausführen. Und es hat Menschen – die jetzt als Kanonenfutter in einem verbrecherischen Krieg benutzt werden.
Ich glaube an Worte als die letzte Waffe des Menschen
Man sagt mir wieder und wieder, das seien nur Worte. Die Ukraine erwarte von uns Belarussen entschlossenes Handeln. Doch das, was ich kann, sind eben nur Worte. Worte, für die ich mich verantworte. Ich glaube an Worte als die letzte Waffe des Menschen. Ich schreibe euch aus der Emigration – aus dem Europa, in dem noch Frieden herrscht, ein sehr wackeliger Frieden. Ich schreibe aus dem Europa, das heute unglaubliche Einigkeit demonstriert, aus dem Europa, das für euch einsteht. Und was die Entschlossenheit angeht: Im Jahr 2020 gingen Hunderttausende Belarussen gegen dieses Regime auf die Straße, das heute die Ukraine überfallen hat. Darunter war ich, waren meine Freunde und Kollegen. Zehntausende wurden in Gefängnisse gesteckt, wo sie gefoltert wurden und weiterhin gefoltert werden. Zehntausende emigrierten. Und Tausende, die in der Heimat geblieben sind, führen den Widerstand im Untergrund fort.
Dort, in der Heimat, ist alles vernichtet. Selbst das kleinste bisschen, das zuvor hartnäckig, der Macht zum Trotz, in den letzten zehn Jahren herangewachsen war. Nicht einmal diese minimale Freiheit, die uns früher kritisches Denken und produktives Schaffen erlaubte, ist geblieben. Es gibt keine freien Informationsplattformen mehr, die die Wahrheit über die Ereignisse in der Ukraine erzählen könnten und helfen könnten, den Krieg mit ukrainischen und belarussischen Augen zu sehen. Sie alle sind blockiert, als „extremistisch“ und „staatswidrig“ abgestempelt, die Journalisten sitzen im Gefängnis oder arbeiten im Ausland. In Belarus herrschen nach dem August 2020 Schmerz und Furcht. Belarus ist eine einzige, große Wunde. Ich weiß nicht, ob es noch Familien gibt, die nicht von den Repressionen betroffen sind. Belarus konnte seit der Zerschlagung der Proteste kaum einatmen, da wurde es schon in einen blutigen Krieg gezogen. Für mich sieht es so aus: Man hebt einen schwer Verletzten auf und beginnt, mit seinem Kopf die Tür des Nachbarn einzuschlagen. Wer trägt die Schuld? Natürlich der Verletzte. Es ist ja sein Kopf.
Damals, 2020, unterstützten uns die UkrainerInnen sehr stark in unserem Kampf. Sie unterstützten uns vor allem mit Worten – und es waren sehr wichtige Worte, die wir nie vergessen werden. Ist es wirklich die Schuld der Belarussen, dass wir die Mauer nicht zerstören konnten? Dass wir Putin unser Land besetzen ließen? Dass wir dem russischen Faschismus erlaubten, unser Land zu benutzen? In historischer Perspektive – ja, vielleicht. Aber wir leben hier und jetzt. Zehntausende Belarussen sind Repressionen ausgesetzt und sitzen im Gefängnis. Und ich werde nie zustimmen, dass sie Hass und Verachtung verdienen. Was sie getan haben, war nicht umsonst. Wenn auch sehr langsam, so ist Belarus doch aus dem süßen Lukaschenkaschlaf erwacht. Geschichte wird nicht an einem Tag gemacht. Die Belarussen, die für Freiheit waren, werden sie vielleicht niemals sehen. Aber bedeutet das wirklich, dass alles, was sie taten, umsonst war?
Ist wirklich alles, was die ukrainischen Medien 2020 über Belarus berichteten, so rasch vergessen worden? Vielleicht schon lange vor dem Krieg? Wenn ich heute lese, was die ukrainischen Medien über das sogenannte Referendum schreiben, das am Sonntag in Belarus abgehalten wurde, traue ich meinen Augen kaum. Diese weitere Farce, von der Diktatur organisiert, um das Land unter totale Kontrolle zu bringen und endgültig Russland auszuliefern, wird als antiukrainische „Willensäußerung des belarussischen Volkes“ dargestellt. Ich verstehe, dass der Informationskrieg in vollem Gang ist. Dass der Hass auf den Feind eine heilige Sache ist. Aber es war keine „Willensäußerung“. Es war nur eine weitere absurde Inszenierung in Lukaschenkas Staatstheater, ein weiterer „eleganter Sieg“, wie Lukaschenka es gern nennt.
Belarus lebt jetzt in einer Situation, die man als Bürgerkrieg unter ausländischer Okkupation beschreiben kann. Belarus ist nicht die Ukraine. In Belarus gibt es keine belarussische Regierung, keine belarussische Armee, keine belarussische Miliz, keine belarussische Politik, keine belarussischen freien Medien. Belarus ist verstümmelt, Belarus ist gespalten, Belarus weiß nicht, was es mit sich selbst anfangen soll, wie es überleben und nicht von der Weltkarte und aus dem Territorium der Moral verschwinden kann. Mein Belarus existiert jetzt als über das Land und darüber hinaus verstreute Widerstandsherde, die nur eine Aufgabe haben: überleben und Kräfte sammeln. Die Hoffnung, dass sie heute in der Lage sein könnten, sich zu vereinen, die Regierung zu stürzen und den Krieg zu beenden, habe ich nicht. Aber diese Widerstandsherde sind die Grundlage des zukünftigen friedlichen Staates, der freien Nachbarin der freien Ukraine. Diese Widerstandsherde unterstützen heute die Ukraine, sie machen für euch alles was in ihrer Macht steht. Ist es wirklich richtig, diese Bemühungen zu ignorieren, wenn sie doch euch gelten – euch, genau wie dem zukünftigen Belarus?
Belarussen leben jetzt in einer Leere – zwischen Licht und Dunkelheit
Irgendwann im Jahre 1968 schrieben die Tschechen über sieben (nur sieben) sowjetische Dissidenten, die auf dem Roten Platz in Moskau gegen die Invasion in der Tschechoslowakei protestierten: Diese sieben Menschen seien sieben Gründe, warum wir Russland nicht hassen können. Nur am Sonntag und am Montag wurden in Belarus etwa eintausend Menschen dafür verhaftet, dass sie gegen den Krieg in der Ukraine protestierten. Und ich wage zu hoffen, dass diese Menschen ebenfalls eintausend Gründe sind, Belarus nicht zu hassen.
Ich will nicht, dass dieser Text wie Weinen oder Jammern wirkt. Als würde ich vor Euch auf die Knie gehen. Wenn ich, wie viele andere Belarussen, meine Honorare an die ukrainische Armee und für humanitäre Hilfe spende, wenn meine Frau und ich Sachen für ukrainische Flüchtlinge bringen – dann bin ich kategorisch dagegen, dass dies als Freikaufen von Schuld verstanden wird. Ich tue das als Gleicher für Gleiche, vor allem als Mensch, aber auch als Belarusse, der helfen will. Wenn meine Frau und ich zu Unterstützungsdemonstrationen für die Ukraine gehen, dann tun wir das nicht, weil wir ein schlechtes Gewissen haben, sondern um Einfluss auf die Politiker im Westen auszuüben, die noch darauf hören, was das Volk ihnen sagt. Wenn ich, ein Emigrant in Graz, diesen Text schreibe, dann tue ich das nicht, um Vergebung zu erhalten, sondern weil ich nicht schweigen kann und will. Als ich meine Bücher schrieb, als ich in meinem Roman Die Hunde Europas vor der Gefahr des Putinschen Imperiums warnte, las die Mehrheit das als Phantasmagorie und Dystopie. Jetzt leben wir alle in dieser Dystopie. Habe ich alles getan, was ich konnte? Diese Frage richtet sich nicht an euch, ich muss sie selbst beantworten. Wie alle Belarussen.
Und doch kann ich nicht ruhig und verständnisvoll zusehen, wie die Ukrainer uns im Netz immer öfter schreiben: „Ihr, Belarussen, liebt doch euren Putin!“ Sie schreiben es nicht den chronischen Putinoiden, sondern den Belarussen, die jahrelang gegen Putins Faschismus gekämpft haben und Belarus nicht zu Europas Schande werden ließen. Ich kann nicht ohne Entsetzen lesen, dass man den Belarussen, die ukrainischen Flüchtlingen helfen, die Autoscheiben zerschlägt – nur, weil das Auto ein belarussisches Kennzeichen hat. Ich kann nicht ertragen, wenn jemand Menschen, die durch Lukaschenkas Repressalien gegangen sind, schreibt: „Ihr Schweinehunde, küsst euren Lukaschenka.“ Ich kann nicht sehen, wie die Belarussen, die in der Ukraine eine Zuflucht vor dem Regime gefunden haben, heute aus ihren Häuser gejagt werden. À la guerre comme à la guerre ... Aber was gibt euch dieser Hass? Wenn Ihr überzeugt seid, dass der Hass euch hilft, die Besatzer zu besiegen, werden wir ihn schweigend ertragen. Wir werden euch unterstützen auch wenn ihr uns hasst. Dieser rückhaltlose Hass auf alles Belarussische bringt euch keinen Freund im feindlichen Land mehr als ihr schon habt. Aber Belarus ist kein feindliches Land. Die Belarussen leben jetzt in einer Leere – zwischen Licht und Dunkelheit. Wir schämen uns, wir fürchten uns, und wir sind beleidigt – aber wir sind auf eurer Seite. Mit Worten, mit Gedanken, mit Taten und auch mit Waffen – denn für Euch kämpfen heute auch Belarussen. Und viele meiner Landsleute können nicht einschlafen, sie lesen Nachrichten und verfluchen die zwei Verrückten, die diesen Krieg entfacht haben: Putin und Lukaschenka.
Wir haben uns nicht ausgesucht, wo wir geboren sind. Genau wie Ihr.
Ein Teil des teuflischen Moskauer Plans ist die Vermehrung des Hasses. Wo immer es geht. Das ist ihre langfristige Aufgabe, mit der sie schon vor langer Zeit begonnen haben. Für den Kreml ist es besonders wichtig, den Hass zwischen seinen Nachbarn zu schüren. Diesen Hass auf ein solches Niveau zu treiben, dass eine Rückkehr zur Normalität in den Beziehungen unmöglich wird.
Darauf folgt, nach ihrem Plan, das klassische divide et impera.
Liebe Ukrainerinnen und Ukrainer, wir haben einen gemeinsamen Feind. Er freut sich über jeden Konflikt zwischen uns. Wenn Putin und Lukaschenka sehen, dass der Hass zwischen uns wächst, lächeln sie zufrieden. Das bedeutet, alles geht nach Plan. Wollen wir wirklich, dass sie zufrieden lächeln?
Wir haben einen gemeinsamen Feind. Bitte lasst uns das nicht vergessen.
Wer weiß, vielleicht ist es auch schon zu spät.
Alhierd Bacharevič (* 1975, Minsk/Belarus) ist ein belarussischer Schriftsteller und Dichter. Seine Romane und Essaybände sind ins Deutsche, Englische, Französische, Polnische, Russische und Schottische übersetzt. 2017 erschien das Hauptwerk des Autors: Die Hunde Europas. Das Belarus Free Theater inszenierte den Roman in Minsk und in London. Die Neuauflage des Romans wurde im Frühjahr 2021 von Lukaschenkos Behörden konfisziert und als „extremistisch“ und „staatswidrig“ eingestuft. Bacharevič ist für sein Schreiben in Belarus vielfach ausgezeichnet worden. 2021 wurde er mit dem deutschen Erwin-Piscator-Preis geehrt. Auf Deutsch sind aktuell der Roman Die Elster auf dem Galgen sowie die Essay-Sammlungen Berlin, Paris und das Dorf und Sie haben schon verloren erhältlich. Seit Dezember 2020 lebt Alhierd Bacharevič mit Julia Cimafiejeva mit dem Literaturstipendium Writer in Exile in Graz.