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Zweimal täglich erklärt die Moderatorin im Staatsfernsehen die Welt aus Moskauer Sicht. An manchen Tagen ist sie bis zu fünf Stunden mit Desinformation und Kriegshetze nach Vorgaben des Kreml auf Sendung. Skabejewas Spezialgebiet ist der Vollkontakt: Je nach Bedarf werden Gegner provoziert oder niedergebrüllt. 

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Ihre steile Karriere begann mit einer Lüge im staatlichen Auftrag. Heute kokettiert die Chefin des Propaganda-Senders RT und der staatlichen Medienholding Rossija Sewodnja offen mit ihrer Rolle als Gesicht der russischen Desinformation. Der Kreml belohnt sie großzügig dafür. 

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HIV und AIDS in Russland

Am 1. Dezember 2015, am Welt-AIDS-Tag, trat der Journalist und Fernsehmoderator Pawel Lobkow mit einer aufsehenerregenden Mitteilung an die Öffentlichkeit. In der Sendung A Hard Day’s Night des Fernsehkanals Dozhd berichtete der bekannte Journalist, dass er 2003 positiv auf HIV getestet worden sei.1 In emotionalen Worten erzählte Lobkow von der schwierigen Zeit unmittelbar nach der Diagnose, in der ihn Selbstmordgedanken begleiteten. In vollem Ausmaß habe er damals die Diskriminierung durch das russische Gesundheitssystem zu spüren bekommen, das HIV-Patienten reguläre Behandlungen verweigert und sie stattdessen in spezielle AIDS-Zentren überstellt. Diese Zentren vergrößern nach Ansicht Betroffener wegen ihrer Trennung von regulären Gesundheitsinstitutionen das Stigma der Krankheit noch, da jeder Besucher eines solchen Zentrums als „AIDS-Patient“ identifiziert werden kann.

Mit seinem mutigen Schritt ist Pawel Lobkow der erste einem breiteren Publikum bekannte Russe, der seine HIV-Infektion öffentlich gemacht hat. Er begründete seinen Schritt mit der Hoffnung, zur Überwindung des Stigmas von HIV/AIDS beitragen zu können und für mehr Toleranz in der russischen Gesellschaft zu sorgen. Dass dies nötig ist, zeigt ein Blick auf die Infektionszahlen. Sie sind in den vergangenen 20 Jahren stark angestiegen und haben inzwischen ein Ausmaß erreicht, das von medizinischen Experten als regelrechte HIV/AIDS-Epidemie und als „nationale Katastrophe“ beschrieben wird.2

Insgesamt hat die Anzahl der Menschen mit HIV in Russland im vergangenen Jahr die Eine-Millionen-Marke überschritten.3 In einigen Regionen, besonders im Wolgagebiet und in Sibirien, wird die HIV/AIDS-Epidemie inzwischen als „allgemein“4 bezeichnet. Dies bedeutet, dass sich das Virus nicht mehr allein auf Hochrisikogruppen beschränkt, wie zum Beispiel Drogenabhängige, SexarbeiterInnen oder Männer, die Sex mit Männern haben. Die Infektion erfasst nun auch alle anderen Bevölkerungsgruppen. Immer häufiger wird HIV bei jungen Russen diagnostiziert, denen zuvor nicht bewusst war, dass die Epidemie sie selbst betreffen könnte.

Zu wenig Präventionsarbeit

Die wichtigste Ursache für die starke Verbreitung von HIV und AIDS in Russland ist politischer Art. Seit Jahren versäumt es die russische Regierung, systematische und umfangreiche Präventionsarbeit zu leisten. Nichtregierungsorganisationen, die im Bereich von HIV/AIDS arbeiten, werden im besten Falle toleriert, häufig jedoch von staatlichen Stellen blockiert oder ausgegrenzt.

Nichtstaatliche AIDS-Organisationen haben so gut wie keine Chance, staatliche Förderung für ihre Sozialprogramme zu beantragen. Fünf NGOs fallen aufgrund finanzieller Unterstützung aus dem Ausland unter das „Ausländische-Agenten“-Gesetz, auch andere Organisationen sind der Gefahr ausgesetzt, in das Agentenregister aufgenommen zu werden.
Obwohl die NGOs häufig gute Arbeit auf der lokalen Ebene leisten, gelingt es ihnen aufgrund von Finanzierungsproblemen meist nicht, Präventionsprogramme in größerem Maßstab anzubieten. Präventionsarbeit in Russland bleibt daher häufig lückenhaft und ist darum zumeist nur der bekannte „Tropfen auf den heißen Stein“.5

Für eine wirkungsvolle Bekämpfung von HIV in Russland fehlt es besonders an Programmen für Drogenabhängige und SexarbeiterInnen. Hier könnte durch gute Gesundheitsarbeit, wie zum Beispiel sogenannte Spritzentauschprogramme, viel erreicht werden. Aber auch allgemeine Öffentlichkeitskampagnen zum Thema HIV/AIDS und Aufklärungsprogramme für junge Menschen gibt es kaum.

Ein besonderes Problem stellt die Prävention und Behandlung von HIV und AIDS innerhalb der schwulen Gemeinschaft dar, da diese Gruppe in Russland von einer doppelten Diskriminierung betroffen ist.

Politisierung der Debatte

Insgesamt lässt sich im Umgang mit HIV/AIDS in Russland eine starke Politisierung ausmachen, wobei sich zwei Lager gegenüberstehen: Während die eine Gruppe, meist bestehend aus Vertretern von AIDS-Organisationen und Medizinern, einen pragmatischen Ansatz vertritt und auf die Umsetzung von international anerkannten Gesundheitsprogrammen setzt, machen ihre gesellschaftlichen Kontrahenten sich für einen ideologischen Kurs stark. Vertreter dieser Strömung sind der Ansicht, dass Russland einen eigenen Weg gehen sollte und sich vor allem nicht „vom Westen“ beeinflussen lassen dürfe. Viele Vertreter dieses Lagers wenden sich sogar immer extremeren Positionen zu, bis hin zum Leugnen der HIV/AIDS-Epidemie.

Als AIDS-Leugner bezeichnet man Menschen, die den kausalen Zusammenhang zwischen HIV und AIDS verneinen oder die Existenz der Epidemie allgemein anzweifeln. Das Leugnen ist diesem Fall stark mit Stigmata verbunden: Was nicht sein soll, das gibt es auch nicht. Die Position der AIDS-Leugner vermischt sich dabei mit antiwestlichen Einstellungen. Oft werden die USA, Europa, die CIA, Pharmaunternehmen oder die internationale Kondomindustrie für die Verbreitung von HIV/AIDS in Russland und damit für die Schwächung des Landes verantwortlich gemacht.

AIDS-Leugner sind in den letzten Jahren in Russland deutlich aktiver und sichtbarer geworden. Sie erhalten dabei zum Teil Hilfe aus dem Ausland, unter anderem aus Deutschland.6 Häufig erreichen sie mit ihren wissenschaftlich unhaltbaren Botschaften gerade die Menschen, die selbst von der Krankheit betroffen sind – mit oft tragischen Folgen für diese Personen. Es gibt aber auch unabhängig von solchen Einflüssen zahlreiche HIV-Infizierte in Russland, die sich einer Behandlung entziehen oder erst dann einen Arzt aufsuchen, wenn die Krankheit das Endstadium erreicht hat und keine Therapie mehr möglich ist. Die Sterblichkeitsrate von HIV/AIDS-Infizierten in Russland ist unter anderem deswegen in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen. Eine wesentliche Rolle spielt dabei die allgemein schlechte Informationslage zum Thema HIV und AIDS, die die Menschen verunsichert und sie empfänglich macht für unseriöse medizinische Angebote und politisch motivierte Botschaften.


1.Hard Day’s Night, Pawel Lobkow: U menja obnaružili VICh v 2003 godu
2.Kommersant: So skorostʹju SPIDa
3.Die Daten zur Entwicklung der russischen HIV/AIDS-Epidemie finden sich auf der Website des Föderalen AIDS-Zentrums
4.Die Weltgesundheitsorganisation und das gemeinsame Programm der Vereinten Nationen zur Reduzierung von HIV/AIDS (UNAIDS) bezeichnen eine HIV/AIDS-Epidemie als „allgemein“, wenn mehr als ein Prozent der Bevölkerung zwischen 15 und 45 Jahren HIV-positiv ist. Im Gegensatz zu einer „konzentrierten“ HIV/AIDS-Epidemie (weniger als ein Prozent der Bevölkerung zwischen 15 und 45 Jahren) ist die Prävention in diesem Fall sehr viel komplexer, da die Infektion bereits in die allgemeine Bevölkerung vorgedrungen ist. Für Russland wird allgemein von einer Prävalenzrate von etwa 1,1 Prozent der Bevölkerung ausgegangen. Die Angaben gehen allerdings auseinander. Das Russische AIDS-Zentrum spricht von einer Prävalenzrate von 494,6 pro 100.000 Einwohner für den 31. Dezember 2014.
5.The Guardian: Sex, syringes and the HIV epidemic Russia can no longer ignore
siehe auch Pape, Ulla (2014): The Politics of HIV/AIDS in Russia, London
6.Die deutsche Filmemacherin A. Sono, die die Thesen der AIDS-Leugner unterstützt, drehte zum Beispiel auch in Russland und zeigte dabei Menschen, die sich einer medizinischen Behandlung entziehen und von denen wir annehmen dürfen, dass sie bereits nicht mehr am Leben sind.
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Ein kurzer Augenblick von Normalität und kindlicher Leichtigkeit im Alltag eines ukrainischen Soldaten nahe der Front im Gebiet , © Mykhaylo Palinchak (All rights reserved)