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Russland und der Kolonialismus

Kolonialimperien – das sind immer die anderen. Und doch hat Russland über eine Vielzahl an Völkern geherrscht und sein Territorium seit dem 16. Jahrhundert auf das 22-Fache vergrößert. Von der Eroberung Sibiriens bis zur angeblichen „Brüderlichkeit der Sowjetvölker“ wird die Kontinuität des russischen Kolonialismus im Krieg gegen die Ukraine besonders deutlich. Die vor diesem Hintergrund erstarkende Idee einer Dekolonisierung Russlands versucht der Kreml mit allen Mitteln zu unterdrücken. 

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Olga Skabejewa

Zweimal täglich erklärt die Moderatorin im Staatsfernsehen die Welt aus Moskauer Sicht. An manchen Tagen ist sie bis zu fünf Stunden mit Desinformation und Kriegshetze nach Vorgaben des Kreml auf Sendung. Skabejewas Spezialgebiet ist der Vollkontakt: Je nach Bedarf werden Gegner provoziert oder niedergebrüllt. 

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Margarita Simonjan

Ihre steile Karriere begann mit einer Lüge im staatlichen Auftrag. Heute kokettiert die Chefin des Propaganda-Senders RT und der staatlichen Medienholding Rossija Sewodnja offen mit ihrer Rolle als Gesicht der russischen Desinformation. Der Kreml belohnt sie großzügig dafür. 

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Kasimir Malewitsch

Der Name Kasimir Malewitsch (1879–1935) ist untrennbar mit seinem größten Coup verbunden – dem Schwarzen Quadrat (1915, Staatliche Tretjakow-Galerie, Moskau). Sein im doppelten Sinn ikonisches Gemälde stellt eine Tabula rasa für das Medium Malerei dar und bildet gleichzeitig den Ausgangspunkt für die Entwicklung einer gegenstandslosen Abstraktion, die bis heute andauert.

Malewitschs Schaffen umspannt Malerei, Grafik und Skulptur sowie Architektur- und Designentwürfe. Zunächst setzt sich Malewitsch mit den westlichen Kunstströmungen des frühen 20. Jahrhunderts wie Post-Impressionismus, Kubismus und Futurismus auseinander. Gleichzeitig beschäftigt er sich mit der visuellen Tradition – die religiöse Ikonenmalerei mit ihrem festen Formenkanon ist für Malewitschs Suche nach einer universellen Bildsprache prägend.

Schon früh beginnt der in Kiew geborene und in Moskau ausgebildete Künstler damit, die klassischen Gattungsgrenzen aufzubrechen. 1913 gestaltet er das Bühnenbild für die Oper Sieg über die Sonne. Der Entwurf gilt als Vorläufer für Malewitschs Konzept des Suprematismus, das sich durch den Einsatz einfacher geometrischer Formen und ungebrochener Farben auszeichnet.

Malewitschs Konzept des Suprematismus

Mit dem Suprematismus (von lat. Supremus = das Höchste) entwickelt Malewitsch eine radikal neue Bildsprache, die jeden Bezug zur figurativen, illusionistischen Kunst der vergangenen Jahrhunderte verweigert und stattdessen, durch die Rückführung zu einfachsten Formen und Farbkontrasten, das Medium Malerei und das Verhältnis von Raum und Fläche thematisiert. Durch puristische Bildmittel – schwarze oder rote rechteckige Formen, die vor einem weißem Grund zu schweben scheinen – sucht Malewitsch, inhaltlichen Problemen wie dem universellen Streben nach unmittelbarer reiner Erkenntnis nachzuspüren. Auf der Letzten Futuristischen Ausstellung 0,10 in Sankt Petersburg (damals Petrograd) tritt Malewitsch 1915 mit dem Suprematismus erstmals an die Öffentlichkeit. Das Schwarze Quadrat präsentiert er selbstbewusst in der rechten, oberen Raumecke, dem Ort also, der der Ikone vorbehalten ist.

„Letzte Futuristische Ausstellung 0,10“ in St. Petersburg

Die Oktoberrevolution von 1917 stellt für Malewitsch eine Zäsur dar. Er wird – wie auch Wassily Kandinsky – in kulturpolitische Ämter berufen, steht für einige Jahre dem Museum für künstlerische Kultur in Sankt Petersburg vor und lehrt an der von Marc Chagall gegründeten Kunstschule in Witebsk, wo er mit der Gründung der Gruppe UNOWIS den Suprematismus weiterträgt.

Oktoberrevolution als Zäsur im künstlerischen Schaffen

Nach dem Tod Lenins 1924 ändert sich nicht nur das politische Klima; auch Experimente in der Kunst werden durch staatliche Vorgaben eingeschränkt, die 1932 in der Doktrin des Sozialistischen Realismus gipfeln. Malewitschs radikale und gleichzeitig vergeistigte Abstraktion erfährt Ablehnung – gefordert ist eine vom appellativen Pathos getragene Darstellung der neuen Helden des Arbeiter- und-Bauernstaats in figürlicher Manier.

Womöglich trägt Malewitsch diesem ideologischen Umschwung Rechnung, als er um 1930 mit einer Reihe von Bauern-Darstellungen an sein künstlerisches Frühwerk anknüpft und seine geometrische Formsprache mit gegenständlichen Darstellungen verbindet. Mit dem Selbstportrait von 1933 (Staatliches Russisches Museum, Sankt Petersburg) schließt er schließlich an die Manier der Renaissance-Maler an.

Malewitsch in der Popkultur

Malewitschs Schaffen ist heute in der Pop- und Konsumkultur angekommen. Das Schwarze Quadrat ziert Seifen, Jutebeutel und Tassen, und an den Souvenirständen auf den Straßen von Moskau und Sankt Petersburg werden Matrjoschkas mit seinen Bauern-Darstellungen verkauft.

Wie kein anderer seiner Weggefährten steht Malewitsch für den Aufbruch in die Moderne in Russland, für den sich der Begriff Russische Avantgarde etabliert hat. Zahllose russische Künstler haben sich am großen Erbe Malewitschs abgearbeitet. Doch auch für die westliche Kunstgeschichte ist sein Werk bahnbrechend. Künstler von Donald Judd bis Blinky Palermo beziehen sich ausdrücklich auf seine Abstraktion. Eine Ausstellung in der Sankt Petersburger Eremitage im Sommer 2015 zeigte zudem am Beispiel der Architekturentwürfe von Zaha Hadid, welchen Einfluss Malewitsch selbst auf die Architektur hatte.

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Ein kurzer Augenblick von Normalität und kindlicher Leichtigkeit im Alltag eines ukrainischen Soldaten nahe der Front im Gebiet , © Mykhaylo Palinchak (All rights reserved)