Wassili Jakemenko, Gründer der kremltreuen Jugendbewegung Naschi, ist Günstling und Spielball der Polit-Technologen im Kreml zugleich. Sein Erfolg mit Naschi und seine Karriere in der Regierung beruhten im Wesentlichen auf der Rückendeckung des Putin-Beraters Surkow. Jakemenkos Fall 2012 ist aber auch das Ergebnis persönlicher Fehltritte. Allerdings scheint der Kreml ihn in jüngster Zeit für seine Zwecke wiederentdeckt zu haben.
Wassili Jakemenko, 1971 in Ljuberzy nahe Moskau geboren, wurde als Gründer der kremltreuen Jugendorganisation Naschi bekannt. Naschi avancierte binnen weniger Jahre zur Massenbewegung und mobilisierte insbesondere vor den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen 2007/2008 in Russland zehntausende Jugendliche, die mit national-patriotischen Slogans für die Politik Putins auf die Straße gingen.1
Jakemenko pflegt enge persönliche Kontakte zum Kreml. Wladislaw Surkow, einer der einflussreichsten Polit-Strategen Putins gilt als sein Förderer und Fürsprecher. Mit Surkow als politischem Chef-Ideologen im Hintergrund gründete Jakemenko im Jahr 2000 – damals bereits Mitarbeiter in der Präsidialadministration – die erste kremltreue Jugendorganisation Iduschtschije wmeste und 2005 schließlich Naschi, die durch die Regierung Putin ideologisch wie finanziell erheblich unterstützt wurde. Sowohl Surkow als auch Putin und Medwedew haben regelmäßig Veranstaltungen von Naschi besucht. Die Putin-Partei Jedinaja Rossija hat ihrerseits Naschi-Aktivisten als Nachwuchskader rekrutiert.
2007 gab Jakemenko die Führung von Naschi auf und wurde erneut in den Staatsapparat geholt. Dort übernahm er die Leitung der neu geschaffenen staatlichen Jugendagentur Rosmolodjosh, die insbesondere die zentrale Verteilung von finanziellen Mitteln an Jugendorganisationen zur Aufgabe hatte. 2012 trat Jakemenko zurück; zeitgleich verkündete er auch das offizielle Ende von Naschi. Über die Hintergründe gibt es unterschiedliche Spekulationen. So wird Jakemenkos Rücktritt mit dem etwa zeitgleichen Ausscheiden Surkows aus der Präsidialadministration in Verbindung gebracht. Ein weiterer Grund könnte in Jakemenkos „schlechtem“ Image liegen. Während seiner Zeit als Leiter des staatlichen Jugendkomitees geriet er zunehmend in die Kritik. 2010 bezichtigte ihn eine minderjährige Naschi-Aktivistin des sexuellen Missbrauchs. 2011 klagte ihn die russische Staatsanwaltschaft wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung in den 1990er Jahren an. Schon länger hatten in den Medien Gerüchte kursiert, Jakemenko habe damals der berüchtigten Gruppe 29 Komplex angehört.2 Tatsächlich hatte er in den 1990er Jahren als Mitbegründer und kurzzeitig auch Mitarbeiter der Firma Akbars Geschäftskontakte mit Mitgliedern der Gruppe 29 Komplex gepflegt.3 Alle Mitbegründer von Akbars, ausgenommen Jakemenko, waren in der Zwischenzeit wegen krimineller Machenschaften zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Jakemenko hat stets alle Vorwürfe bestritten. Die Anklage gegen ihn wurde schließlich aus Mangel an Beweisen fallen gelassen. Der damalige Ministerpräsident Putin sprach ihm persönlich sein Vertrauen aus. Schließlich setzten 2012 Korruptionsvorwürfe Jakemenko weiter unter Druck. Öffentlich wurde bekannt, dass über Rosmolodjosh insgesamt 500 Millionen Rubel (etwa 6 Millionen US-Dollar) an Naschi geflossen seien. Jakemenko wurde vorgeworfen, sich dabei auch massiv persönlich bereichert zu haben.4
Bis heute ist Jakemenko in offiziellen Ämtern oder Funktionen nicht wieder in Erscheinung getreten. Offiziell betreibt Jakemenko die Restaurantkette Esch pirog in Moskau. Mehrfache Ankündigungen, eine neue Partei gründen zu wollen, die die Interessen junger Russen zwischen 25 und 30 vertreten soll (Partei der Macht), blieben folgenlos. In den letzten Jahren rief er aber mehrere kleinere gesellschaftliche Initiativen ins Leben, darunter 2013 die Bewegung Iskrenne waschi (übersetzt: Hochachtungsvoll Ihre), die sich zum Ziel gesetzt hat, den von Putin 2005 ausgerufenen Modernisierungs- und Innovationskurs für Russland „von unten“ zu unterstützen. Zuvor hatte man im Kreml angekündigt, eine neue soziale Bewegung auf der Grundlage von Naschi unterstützen und aufbauen zu wollen.5