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Olga Skabejewa

Zweimal täglich erklärt die Moderatorin im Staatsfernsehen die Welt aus Moskauer Sicht. An manchen Tagen ist sie bis zu fünf Stunden mit Desinformation und Kriegshetze nach Vorgaben des Kreml auf Sendung. Skabejewas Spezialgebiet ist der Vollkontakt: Je nach Bedarf werden Gegner provoziert oder niedergebrüllt. 

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Margarita Simonjan

Ihre steile Karriere begann mit einer Lüge im staatlichen Auftrag. Heute kokettiert die Chefin des Propaganda-Senders RT und der staatlichen Medienholding Rossija Sewodnja offen mit ihrer Rolle als Gesicht der russischen Desinformation. Der Kreml belohnt sie großzügig dafür. 

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Kunst und Revolution

„Dies war meine Revolution.“1 Die Worte des futuristischen Dichters und Künstlers Wladimir Majakowski widerspiegeln programmatisch das Engagement vieler russischer Künstler für und ihren Glauben an die Oktoberrevolution von 1917. Gerade die avantgardistischen Künstler, die im späten Zarenreich Restriktionen und Ausgrenzung erfahren hatten, erkannten in der bolschewistischen Revolution die Möglichkeit, sich aktiv in die Gestaltung von Kultur und Politik einzubringen. Viele stellten ihr Schaffen unter das Banner der Revolution und trugen zum „Kampf an der dritten Front“2 bei, wie die Umgestaltung des gesellschaftlichen Lebens und die Konsolidierung der bolschewistischen Herrschaft oft genannt wurde.

Die Liaison zwischen Künstlern und Politik war aber von Anfang an auch problematisch, denn nicht alle Kunstschaffenden waren bereit, ihr Werk ideologisch vereinnahmen zu lassen. Dass auch diese Revolution ihre Kinder fraß, mussten die Künstler am eigenen Leib erfahren: Die politischen Säuberungen der Stalinära machten auch vor den einstigen Vorkämpfern der Revolution nicht Halt. Spätestens die Doktrin des Sozialistischen Realismus von 1932 setzte dem künstlerischen Höhenflug ein Ende.

Die bolschewistische Revolution markiert eine Zäsur in der Kunstproduktion Russlands und anderer Regionen des ehemaligen Russischen Reichs, auch wenn die ästhetische Revolution 1917 schon lange vollzogen war. Bereits seit der Jahrhundertwende beschritten die russischen Künstler der Avantgarde den Weg in die Moderne, zunächst noch geprägt durch die intensive Auseinandersetzung mit den Kunstströmungen des Westens, ab 1914 dann weitestgehend autonom. Der gegenstandslose Suprematismus von Kasimir Malewitsch und die raumgreifenden Konterreliefs aus kunstfremden Materialien von Wladimir Tatlin hatten 1915 schließlich den endgültigen Bruch mit der Kunst der vorherigen Jahrhunderte proklamiert. Aber die Aufgaben und Themen der Kunst sowie die gesellschaftliche Stellung des Künstlers sollten sich mit der Oktoberrevolution in Russland drastisch ändern. 

Staat als Auftraggeber

An die Stelle der bürgerlich-aristokratischen Käuferschicht trat nun der Staat als Auftraggeber. Gefordert war eine Kunstproduktion, die den Zielen der staatlichen Agitation und Propaganda, kurz Agitprop, entsprach. Gesteuert wurden die Aktivitäten durch das Narkompros, das bereits am Tag der Machtübernahme der Bolschewiki eingerichtet wurde. Dessen erster Leiter, Anatoli Lunatscharski, rief die Künstler und Kulturschaffenden auf, über die Zusammenarbeit mit der neuen Regierung zu diskutieren. Schon bald war ein Großteil der in Petrograd lebenden avantgardistischen Künstler an den Arbeitsprozessen der zahlreichen Unterabteilungen des Narkompros beteiligt: Die bis dahin unabhängige Avantgarde wurde institutionalisiert. Viele andere Künstler, darunter auch Literaten und Komponisten, gingen mit den Zielen der Bolschewiki hingegen nicht konform. Reihenweise emigrierten sie in den Westen. 

ROSTA-Fenster von Majakowski / Foto © wikimediaDie Kunstproduktion der Zeit greift das Thema der Revolution vielfältig auf. Engagierte Künstler wie Majakowski gestalteten politische Plakate, die gegen die neuen Feinde der Revolution – den feisten Bourgeois und den reaktionären Monarchisten – hetzten und die Helden der Roten Armee feierten. Die ROSTA-Fenster etwa verbanden die Ästhetik der Avantgarde mit der Tradition des volkstümlichen Lubok zu wirkungsvollen Mitteln der Agitation und Volksaufklärung. Diese mehrteiligen Plakate wurden von Künstlerkollektiven für die russische Telegrafenagentur ROSTA gefertigt und setzten deren Nachrichten mit eingängigen Bildergeschichten visuell um.

Das zweite Russland

Die in dieser Zeit entwickelten Symbole sollten die Alltagskultur der Sowjetunion nachhaltig prägen. Bald schon prangten sogar auf Tellern und Tassen wehende rote Banner, Hammer und Sichel sowie die Konterfeis der Revolutionsführer. Rauchende Fabrikschlote, aber auch dynamisch drängende, gegenstandslose Bildkonstruktionen kündeten vom Aufbruch in eine neue Zeit.

Natan Altman, Russland. Arbeit (1921)In Natan Altmans Russland. Arbeit (1921, Moskau, Staatliche Tretjakow-Galerie) sind die Bildelemente – Linien und Flächen, Zahlen und Lettern – zu einer aufwärtsstrebenden Konstruktion aufgetürmt. Das Wort ТРУД (TRUD, dt. Arbeit) im unteren Bilddrittel bildet das stabile Fundament aus dem heraus der kyrillische Buchstabe „Р“ für „Россия“ (Rossija, dt. Russland) erwächst. Die „2“ verweist auf das neue Zeitalter, das zweite Russland; die runde Form links erinnert in diesem Kontext an eine aufgehende Sonne, deren Strahlen die Hoffnung auf ein besseres Morgen symbolisieren. Komplexe Inhalte wie die Heroisierung des Arbeiters im revolutionären Russland oder die optimistische Zukunftsgewandtheit der Zeit verarbeitete Altman hier mit einer reduzierten Bildsprache.

Neben der Zukunft galt es auch, das Gedenken an die Revolution künstlerisch zu inszenieren. Neue Formen des Gedenkens an die Ruhmestaten der Revolution wurden entwickelt. Derselbe Altman etwa entwarf Dekorationen aus geometrischen Formen für die Festlichkeiten zum 1. Jahrestag der Oktoberrevolution 1918 und der Regisseur Sergej Eisenstein inszenierte 1928 in seinem Film Oktober eine Erstürmung des Winterpalasts, die das historische Ereignis weit überbot. 

Altman etwa entwarf auch Dekorationen aus geometrischen Formen für die Festlichkeiten zum 1. Jahrestag der Oktoberrevolution / Foto © Michail Woronin (St. Petersburg)

Schon früh stieß der revolutionäre Eifer der avantgardistischen Künstler auf Grenzen. Vor allem die kühnen Bauprojekte wurden selten oder nie realisiert. Lissitzkys Lenin-Tribüne (1920) oder Tatlins Monument für die III. Internationale (1919/20) erstarrten zu Ikonen eines utopischen Revolutionsbegriffs. Die radikale Ästhetik der Avantgardisten traf zudem schon vor der Machtübernahme Stalins auf Vorbehalte aus der Politik; Lenin selbst bevorzugte eher traditionelle Formen des künstlerischen Ausdrucks. Sein Plan für eine „Monumentale Propaganda“, den er im Februar 1918 erstmalig vorstellte, sah die Errichtung repräsentativer Denkmäler bedeutender Figuren der Geschichte – etwa Robespierre – in abbildender Manier vor.

Tatlins Monument für die III. Internationale / Bild © Russische Nationalbibliothek St. Petersburg

Überhaupt war revolutionäre Kunst in Russland nicht unbedingt auch radikal moderne Kunst: Auch die traditionelle Tafelmalerei brachte Beispiele von revolutionärem Impetus hervor, wie Boris Kustodijews Gemälde Der Bolschewik (1920, Moskau, Staatliche Tretjakow-Galerie) bezeugt. Sie sollte schließlich das ästhetische Fundament für den staatlich verordneten Sozialistischen Realismus bilden, während die abstrakte und ungegenständliche Kunst zunehmend unter Formalismusverdacht geriet. Aber auch die Avantgardisten waren Wegbereiter des stalinistischen Kunstverständnisses, folgt man der These des Kunsttheoretikers Boris Groys: Die Avantgardekünstler hätten mit ihrer Forderung „von der Darstellung der Welt zu ihrer Umgestaltung fortzuschreiten“3 Stalins Diktum des Schriftstellers als „Ingenieur der Seele“, der mit seinem Werk den Menschen formen könne, unfreiwillig vorbereitet.4 


1.Majakovskij, Vladimir (1922/1928): Ja sam, in: Majakovskij, Vladimir: Moja revolucija, Moskau/Leningrad, Übersetzung vom Autor
2.Grabowsky, Ingo (2004): Agitprop in der Sowjetunion: Die Abteilung für Agitation und Propaganda 1920–1928, Bochum, S. 11
3.Groys, Boris (1988): Gesamtkunstwerk Stalin: Die gespaltene Kultur in der Sowjetunion, München, S. 19
4.vgl. Westermann, Frank (2003): Ingenieure der Seele: Schriftsteller unter Stalin – Eine Erkundungsreise, Berlin
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