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Russland und der Kolonialismus

Kolonialimperien – das sind immer die anderen. Und doch hat Russland über eine Vielzahl an Völkern geherrscht und sein Territorium seit dem 16. Jahrhundert auf das 22-Fache vergrößert. Von der Eroberung Sibiriens bis zur angeblichen „Brüderlichkeit der Sowjetvölker“ wird die Kontinuität des russischen Kolonialismus im Krieg gegen die Ukraine besonders deutlich. Die vor diesem Hintergrund erstarkende Idee einer Dekolonisierung Russlands versucht der Kreml mit allen Mitteln zu unterdrücken. 

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Olga Skabejewa

Zweimal täglich erklärt die Moderatorin im Staatsfernsehen die Welt aus Moskauer Sicht. An manchen Tagen ist sie bis zu fünf Stunden mit Desinformation und Kriegshetze nach Vorgaben des Kreml auf Sendung. Skabejewas Spezialgebiet ist der Vollkontakt: Je nach Bedarf werden Gegner provoziert oder niedergebrüllt. 

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Margarita Simonjan

Ihre steile Karriere begann mit einer Lüge im staatlichen Auftrag. Heute kokettiert die Chefin des Propaganda-Senders RT und der staatlichen Medienholding Rossija Sewodnja offen mit ihrer Rolle als Gesicht der russischen Desinformation. Der Kreml belohnt sie großzügig dafür. 

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Odessa

Am 12. März 2022 fand sich eine große Menschenmenge vor Odessas1 Opernhaus ein. Chor und Symphonieorchester versammelten sich diesmal nicht im prunkvollen und kostspielig renovierten Kunsttempel, sondern unter freiem Himmel, der so blau strahlte wie die obere Hälfte der ukrainischen Flagge, die über ihnen schwebte. Angesichts des drohenden russischen Angriffs auf die Stadt machten die Musikerinnen und Musiker auf ihre Not aufmerksam und forderten die Einrichtung einer Flugverbotszone. Neben der ukrainischen Nationalhymne brachten sie die Ballade Es brüllt und stöhnt der breite Dnipro, die Vertonung eines Textes des ukrainischen Nationaldichters Taras Schewtschenko, und den Gefangenenchor aus Verdis Oper Nabucco zu Gehör. Das entstandene Video wurde in sozialen Netzwerken tausende Male angeschaut. Es erzeugte eine große Resonanz, auch weil es auf drei Kontexte verwies, die die Geschichte Odessas bestimmten: Odessas Prägung durch die europäische Kultur, die Umbrüche, Eruptionen und vielfachen Neuerfindungen der Stadt seit ihrer Gründung und deren existentielle Bedrohung durch den russischen Angriffskrieg. 


In Odessa trifft die pontische Steppe auf das Schwarze Meer: Unmittelbar bevor die Landschaft in die Küste des Golfs von Odessa übergeht, fallen die Terrassen schroff etwa 100 Metern ab. Wer Odessa mit dem Schiff ansteuert, dem treten die atemberaubenden Hügel entgegen – wie einst dem Katalanen José de Ribas im Jahr 1789. Damals eroberte de Ribas als Befehlshaber eines russischen Expeditionskorps die türkische Festung Hadschibey und das umliegende Dorf im Russisch-Türkischen Krieg (1787–1792). Katharina die Große ordnete im Jahr 1794 die Gründung der Stadt und des Hafens an, die nach einer antiken griechischen Kolonie – Odessos – benannt wurde. Innerhalb weniger Jahre wurde Odessa zu einer der wichtigsten Handelsstädte Europas, zum zentralen Getreidehafen des russländischen Imperiums und zum kulturellen Schmelztiegel. 

Der Erfolg hatte aber auch seine Schattenseiten: Ökonomisch war Odessa konstant mit dem eigenen Fortschritt überfordert, sozioethnisch war die Stadt ein Pulverfass und militärisch-politisch war die exponierte Lage von Stadt und Hafen in globalen Handelsströmen und der Wirtschaftsgeografie des russländischen Imperiums eine Bedrohung. Mehrfach griffen Zarinnen und Zaren, „Revolutionsführer“ und Diktatoren nach Odessa. Gewalt von innen und außen, Verwüstungen und Wiederaufbauten prägen die Stadtgeschichte. 

Tor zum globalen Handel

Odessas Puls kann man fühlen: Der Hafen, die Straßen und Plätze vibrieren förmlich angesichts der vielen Spaziergänger:innen, zum Beispiel auf der nach José de Ribas benannten Flaniermeile Derybasiwska, und der zahlreichen Geschäfte, die etwa auf dem 1827 gegründeten „Privoz“-Markt getätigt werden. Im 19. Jahrhundert traf man hier Angehörige vieler Völker2: Alexander Puschkin, der im Jahr 1820 nach Süden verbannt wurde und zwei Jahre in Odessa verbrachte, schrieb in einem Gedicht, auf der „heiteren Straße“ spaziere „ein stolzer Slave, Franzose, Spanier, Armenier, Grieche und Moldauer“. 
Das war nicht immer so: In den ersten Jahren stand die Sicherung der Stadt im militärischen Frontgebiet zum Osmanischen Reich im Vordergrund. Sie wurde zum Zentrum von Noworossija und zum Gouverneurssitz. Doch als sich der militärische Fokus Russlands auf den Kampf gegen Napoleons Frankreich richtete, der in den Vaterländischen Krieg (1812) mündete, begann Odessa Teil des global agierenden Getreidehandels zu werden. Die Rivalität zwischen dem von Napoleon dominierten Kontinentaleuropa und dem British Empire machten sich die Strategen Alexanders I. geschickt ökonomisch zu Nutze: Mit der Kontinentalsperre, die gegen Großbritannien gerichtet war und das Land wirtschaftlich ruinieren sollte, verloren die Häfen des Atlantiks an Bedeutung, Handelsströme verlagerten sich zunehmend an kleinere Häfen und in den Mittelmeer- und Schwarzmeerraum. Kaufleute hatten nun die Möglichkeit, über den Hafen von Odessa die reichen Ernten der ukrainischen Schwarzerdegebiete in neue Absatzmärkte einzubringen. Über Odessa gelangte Weizen nach Livorno, Marseille und Liverpool. Die ukrainischen Gebiete (und mit ihnen Odessa) wurden zur Kornkammer Europas.3 

Die Aussicht auf schnellen Reichtum verwandelte Odessa von einer Frontierstadt zum Magneten für Kaufleute, Matrosen und Abenteurer, die ihr Glück an der Küste des Schwarzen Meeres versuchen wollten. Sie brachten nicht nur Geld, sondern auch Traditionen und Kultur. Die Universität (gegründet 1865) entwickelte sich ebenso wie ihre Vorgängerinstitution, das Lycée Richelieu, zu einem Leuchtturm der Wissenschaft. Und das Opernhaus, 1887 nach einem verheerenden Brand im Vorgängerbau komplett neu errichtet, war der in Stein gehauene Beweis für das reiche Kulturleben, das sich in der Stadt entfaltete: Hier sang Fjodor Schaljapin, hier dirigierten Pjotr Tschaikowski und Anton Rubinstein, hier tanzte Anna Pawlowa. Mit ihrer Aufführung von Verdis Gefangenenchor erinnerten die Musiker:innen 2022 an diese Tradition als kultureller Schatz Europas, wo „alles einen Hauch Europa versprüht“ – so Puschkin im gleichen Gedicht.


Das Opernhaus war der in Stein gehauene Beweis für das reiche Kulturleben, das sich in der Stadt entfaltete / Foto © Wikimedia/Alexostrov unter CC BY-SA 3.0 

Kriege, Revolutionen und Gewalt

Am Kopf der weltberühmten Potemkinschen Treppe steht ein Denkmal für den Duc de Richelieu, einen der Gründungsväter der Stadt. An seinem Sockel befindet sich heute eine stilisierte Kanonenkugel, die an die Beschädigung des Denkmals angesichts des Bombardements im Krimkrieg (1853–1856) erinnert. Als eine britische und französische Expeditionsflotte am 22. April 1854 Odessa erreichte, wurde die Stadt schwer bombardiert, was zu Schäden an den Einrichtungen des Hafens und an dort angedockten Schiffen führte. Der zum Hafen hin gelegene Teil der Stadt wurde fast vollständig zerstört, 250 Menschen verloren ihr Leben.4 Der florierende Handel und die Lage am äußersten südwestlichen Rand des russländischen Imperiums machten Odessa immer wieder zum Opfer kriegerischer Auseinandersetzungen. Kriege und Gewalt haben sich tief in die Stadtgeschichte eingeschrieben. 

Nach dem Krimkrieg zogen sich einige griechische Familien aus der Stadt zurück. Ihre Plätze als Getreidehändler und Kaufleute nahmen nun Juden ein, die bis zum Ende des 19. Jahrhundert einen großen Teil der Stadtbevölkerung bildeten. 1897 gab fast ein Drittel der Bevölkerung Odessas an, Jiddisch sei ihre Muttersprache. Juden wurden in der unheilvollen Mischung von sich verschärfendem Nationalismus und Antisemitismus im Russländischen Reich für wirtschaftliche Missstände und soziale Not verantwortlich gemacht. Odessa erlebte zwei grausame Juden-Pogrome 1871 und 1881. Als Russland dann auch noch den russisch-japanischen Krieg 1904/05 verlor und sich infolge des Krieges die Getreideexporte aus Odessa halbierten, entfachten Teile der Stadtbevölkerung einen der schlimmsten Pogrome, den Russland bis dahin gesehen hatte. 

Der Pogrom fand 1905 statt – im gleichen Jahr wie der später zum Mythos verklärte Aufstand der Matrosen auf dem Panzerkreuzer Potemkin und der Generalstreik in Odessa angesichts der ersten Russischen Revolution. Die den Kultstatus erlangte Verfilmung dieser Ereignisse von Sergej Eisenstein (1925) verbindet die Hafenansicht Odessas fest mit dem Thema Gewalt – die Schlüsselszene des Films zeigt die Potemkinsche Treppe, auf der Zivilisten von der zaristischen Armee brutal erschossen werden.


Bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges galt Odessa in den folgenden Jahren als Zentrum einer kritischen, teils liberalen, teils sozialistischen Öffentlichkeit. Nach Einbruch des Weltkriegs und dem darauffolgenden Bürgerkrieg erlebten die Stadtbewohner:innen Odessas viele Herrscherwechsel. Nach der Oktoberrevolution sollte Odessa Zentrum einer Sowjetrepublik werden. Im Frieden von Brest-Litowsk 1918 sicherte Sowjetrussland die Unabhängigkeit der Ukraine (und damit auch Odessas) zu, de facto geriet die Stadt aber unter die Kontrolle der Mittelmächte. Nach der Kapitulation Deutschlands und des Habsburgerreichs marschierte die Entente in Odessa ein, um General Denikin als Anführer der royalistischen Weißen im sowjetischen Bürgerkrieg zu unterstützen. Schließlich eroberten Bolschewiki 1920 die Stadt und sie wurde Teil der Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik.5 

Zehntausende verließen die Stadt Anfang der 1920er Jahre, die Versorgung der Stadt durch das Hinterland kam zum Erliegen. Neben dem Wiederaufbau forcierten die sowjetischen Behörden nun auch die „Ukrainisierung“ der Sowjetrepublik und setzten unter anderem den Schulunterricht in ukrainischer Sprache durch. Damit setzten sie sich deutlich von der imperialen Vergangenheit ab, in der die ukrainische Sprache aktiv und bewusst unterdrückt wurde. In Odessa gaben 1926 nur 17,6 Prozent der Bevölkerung an, ukrainische Muttersprachler:innen zu sein.6 Überraschenderweise fand der Umstieg auf ukrainischsprachigen Unterricht dennoch schmerzlos statt – es entzündete sich kaum Widerstand daran, dass nun in den Schulen das Ukrainische verbindlich gelehrt wurde. Odessa erholte sich rasch von den Verheerungen der Bürgerkriegsjahre (so verdoppelte sich unter anderem die Bevölkerungszahl binnen einer Dekade), doch diese Erholung fand durch die von Stalin forcierte Hungersnot in den 1930er Jahren und den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges ein jähes Ende. 

Rumänisch-deutsche Truppen zwangen die Einwohner:innen nach der Schlacht von Odessa (1941) unter ihre Herrschaft. Die Schlacht kostete über 100.000 Menschen das Leben und verwüstete Stadt und Hafen. Die Region wurde zum Schauplatz des Holocausts. Insbesondere das Massaker von Odessa (22.–24. Oktober 1941), das der rumänische Staatsführer Ion Antonescu als Vergeltung für einen Partisanenanschlag anordnete, steht für den Furor der rumänisch-deutschen Gewalttäter. Ihm fiel ein Großteil der verbliebenen jüdischen Bevölkerung Odessas zum Opfer. Die Darbietung des Liedes Es brüllt und stöhnt der breite Dnipro verweist auf diese Zeit, denn damals wurde die von Danilo Kryschaniwski erdachte Melodie zum Erkennungszeichen des Radiosenders Dnipro und zum akustischen Signal des Widerstands gegen die Besatzung.

Zwischen nationalen Fronten und kultureller Eigenständigkeit 

Nur etwa 100 Meter hinter dem Richelieu-Denkmal befindet sich eine weitere Statue: Sie zeigt Katharina die Große überlebensgroß, zu ihren Füßen befinden sich die Gründungsväter der Stadt. Die Statue wurde im bolschewistischen Bildersturm der 1920er Jahre zerstört und erst 2007 wieder errichtet. Daran entzündete sich eine heftige Auseinandersetzung um den Umgang mit der imperialen Vergangenheit. Der Streit um das Denkmal verwies auf die ungelösten Probleme der Vergangenheitsbewältigung, die nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges weitgehend überdeckt worden waren.

Die Rote Armee eroberte Odessa 1944 zurück. Die Stadt, die den Status einer „Heldenstadt“ erlangte, hatte viele Einwohner:innen verloren. Doch Odessa verwandelte sich nun erneut. Ukrainer:innen aus den umliegenden Dörfern siedelten sich an. Damals begann die lange Reise Odessas von einer ehemals multiethnischen, globalen zu einer „normalen“ sowjetischen Großstadt, die in den 1970er Jahren abgeschlossen war. Zu dieser „Normalität“ gehörte auch, dass sich das Russische als lingua franca der Sowjetunion wieder stärker durchsetzte. Insbesondere in den 1970er Jahren verdrängte das Russische das Ukrainische auch in den Bereichen des Alltags, der Familie und des Privaten. Wie in anderen Teilen der Sowjetukraine bewegten sich Odessiten dennoch selbstverständlich zwischen beiden Welten. Das Pochen auf kulturelle Eigenständigkeit verdichtete sich in der oft gehörten Selbstzuschreibung der Bewohner:innen, Odessa sei weder ukrainisch (oder jüdisch), noch russisch, sondern einfach Odessa. 

Dieses Selbstverständnis als kulturell eigenständige Stadt fußte auch auf dem Bild vom Odessa der Gauner und Banditen, das insbesondere durch die Werke Isaak Babels weit über die Stadtgrenzen hinaus wirkte. Der „Gaunerkönig“ Benja Krik in Babels Geschichte aus Odessa (erschienen 1931) galt als prototypischer Bewohner der Hafenstadt, in der Gewitztheit, Bauernschläue und knallhartes Durchsetzungsvermögen das eigene Fortkommen sicherten. Dieser Mythos wirkte auch in der Nachkriegszeit, und die Sehnsucht vieler Sowjetbürger:innen nach Zerstreuung in aufregend anderen Welten manifestierte sich besonders stark in der nostalgischen Verklärung der Hafenstadt am Schwarzen Meer. Sie galt im Zeitalter der Massenmedien und des modernen Tourismus als eine Art Mississippi-Delta des Russländischen Reiches. Der in Odessa geborene berühmte Jazzmusiker Leonid Utjossow (1895-1982) etablierte den Mythos, das „Alte Odessa“ mit seinen verruchten Kneipen, Gangsterbünden und Klezmerbands sei die Keimzelle des Jazz im Russländischen Reich und der Sowjetunion gewesen. Musik, Literatur und Filme aus Odessa waren in der ganzen Sowjetunion zu hören, zu lesen und zu sehen. Auf diese Weise war Odessa auch Teil des russischen Alltags und des russischen kulturellen Gedächtnisses geworden.7 

Das ukrainische Odessa

Der spezielle Status der Stadt zwischen Ukraine und Russland wurde mit der Unabhängigkeit der Ukraine 1991 zur Herausforderung.. Die Ukraine war in den 1990er Jahren Teil des postsowjetischen Raums, orientierte sich aber auch in Richtung Europa. Für die Bewohner:innen von Odessa bedeutete das Identitätskonflikte. Noch 2004 war während der Orangenen Revolution ein Großteil Odessas auf Seiten der russlandfreundlichen Kräfte in Kyjiw. 
Konflikte entzündeten sich nun an der Sprachenfrage: Einerseits entzogen sich viele russischsprachige Odessiten der Politisierung der Sprachenfrage durch Wladimir Putin (weil sie sich als russischsprechende Ukrainer:innen und nicht als bedrohte ethnische Minderheit verstanden), wehrten sich aber andererseits gegen eine sprachliche Ukrainisierung Odessas „von oben“ durch behördliche Anweisungen aus Kyjiw. Nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim im Jahr 2014 streckte Wladimir Putin seine Hand auch in Richtung Odessa aus. Sein Projekt „Noworossija“ scheiterte aber vor allem am mangelnden Rückhalt der als „sicher russisch“ geglaubten Bevölkerung Odessas. Sie widersetzte sich einer Vereinnahmung durch die russische Propaganda. Dies, obwohl gewalttätige Auseinandersetzungen in einen Brand im russischen Gewerkschaftshaus mündeten, dem dutzende prorussische Aktivist:innen zum Opfer fielen. Die Suche nach Schuldigen gestaltete sich schwierig, und die ukrainische Regierung hat es bis heute versäumt, das Ereignis lückenlos aufzuklären. Die russische Propaganda nutzte die Angelegenheit jedenfalls, um von einem „Massaker“ an der russischen Bevölkerung zu sprechen. Doch dem Ansinnen Moskaus, diese Tragödie als Funken für einen politischen Flächenbrand zu nutzen, folgten die Bewohner:innen Odessas nicht.8 

Angesichts des russischen Angriffskriegs und der unverhohlenen Drohung Russlands, zum Schlag auf Odessa anzusetzen, rückte die Stadt solidarisch zusammen. Binnen weniger Tage waren Panzersperren in der Stadt aufgestellt und die Denkmäler mit Sandsäcken geschützt. Das Konzert vor dem (wie schon im Zweiten Weltkrieg) befestigten Opernhaus setzte den Ton: Dem zu erwartenden Angriff setzte Odessa eine Rückbesinnung auf die eigene Vergangenheit als europäische Kulturstadt und den Mut der Entschlossenheit als wichtige ukrainische Handels- und Frontstadt entgegen. 


1.Wie schreibt man ukrainische Städtenamen auf Deutsch? Kyjiw oder Kiew? Luhansk oder Lugansk? Das kommt darauf an, ob man den ukrainischen oder den russischen Namen bei der Übertragung ins Deutsche zugrunde legt. In dieser Gnose verwendet der Autor die ukrainischen Bezeichnungen – das gilt auch für Odessa. Diese Stadt wird zwar im Ukrainischen mit einem “s” geschrieben, jedoch ins Deutsche mit Doppel-s übertragen. Dadurch wird sichergestellt, dass das „s“ stimmlos gesprochen wird wie in „Kasse“ und nicht stimmhaft wie in „Riese“. 
2.Schlögel, Karl (2015): Ach Odessa: Eine Stadt in der Zeit großer Erwartungen, in: Schlögel, Karl: Entscheidung in Kiew: Ukrainische Lektionen, München, S. 128f. 
3.Hausmann, Guido (2021): „Kosmopolitisches Odessa? Eine historische Spurensuche“, in: Huber, Angela/Martin, Erik (Hrsg.): Metropolen des Ostens, S. 105-123, Berlin; Herlihy, Patricia (1986), Odessa: A History, 1794–1914, Cambridge (Mass.), S. 41 
4.King, Charles (2011): Odessa: Genius and Death in a City of Dreams, New York, S. 119-122 
5.Kappeler, Andreas (2015): Geschichte der Ukraine, Bonn, S. 167-176; Jobst, Christine (2015): Geschichte der Ukraine, Stuttgart, S. 162-179; Penter, Tanja (2000): Odessa 1917: Revolution an der Peripherie, Köln/Weimar/Wien 
6.Pauly, Matthew D. (2011): ‘Odesa-Lektionen’: Die Ukrainisierung der Schule, der Behörden und der nationalen Identität in einer nicht-ukrainischen Stadt in den 1920er Jahren, in: Kappeler, Andreas (Hrsg.): Die Ukraine: Prozesse der Nationsbildung, Köln, Wien, S. 309-318, hier: S. 310 
7.King, Charles (2011): Odessa: Genius and Death in a City of Dreams, New York, S. 186-188; Belge, Boris (2018): Sehnsuchtsort Hafenmetropole Odessa, in: Blume, Dorlis/Brennecke, Christiana/Breymayer, Ursula u. a. (Hrsg.): Europa und das Meer, München, S. 181f. 
8.Coynash, Halya (2015): More Evidence against Incendiary Lies about Odesa 2 May; Bidder, Benjamin (2014): Dutzende Brandopfer in Odessa –Tödlicher Hass 
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Ein kurzer Augenblick von Normalität und kindlicher Leichtigkeit im Alltag eines ukrainischen Soldaten nahe der Front im Gebiet , © Mykhaylo Palinchak (All rights reserved)