Medien
Gnose

Margarita Simonjan

Ihre steile Karriere begann mit einer Lüge im staatlichen Auftrag. Heute kokettiert die Chefin des Propaganda-Senders RT und der staatlichen Medienholding Rossija Sewodnja offen mit ihrer Rolle als Gesicht der russischen Desinformation. Der Kreml belohnt sie großzügig dafür. 

Gnosen
en

PARNAS (Partei der Volksfreiheit)

Die Republikanische Partei Russlands – Partei der Volksfreiheit, kurz RPR-PARNAS, ist eine liberal-demokratische Partei aus dem oppositionellen Spektrum. Sie ist 2012 aus der Fusion zweier Oppositionsparteien entstanden, konnte bisher jedoch kaum politische Wirkung entfalten. Der Ko-Vorsitzende der Partei Boris Nemzow wurde im Februar 2015  in der Nähe des Kreml erschossen. PARNAS wird seitdem alleine von Michail Kassjanow geleitet.

Nach dem Machtantritt Putins veränderte dieser die politische Parteienlandschaft grundlegend. Der Kreml führte sukzessive ein System ein, das als gelenkte Demokratie bezeichnet wird und in dem oppositionelle Parteien zunehmend marginalisiert wurden.1 Zwar gibt es weiterhin eine politische Opposition, wie zum Beispiel die Kommunistische Partei (KPRF – Kommunistitscheskaja Partija Rossiskoi Federazii) oder Gerechtes Russland (SR – Sprawedliwaja Rossija), diese wird im allgemeinen jedoch als systemische Opposition bezeichnet, da sie weitgehend unter Kontrolle der Exekutive steht und von dieser gelenkt wird – daher auch die Bezeichnung gelenkte Demokratie.2 Eine wirklich unabhängige parlamentarische Opposition gibt es hingegen nicht.  

2010 unternahm die zersplitterte außerparlamentarische Opposition den Versuch, ihre Kräfte zu bündeln. Politiker wie Ilja Jaschin, Boris Nemzow, Michail Kassjanow und Wladimir Ryshkow schlossen sich zur Partei der Volksfreiheit – Für ein Russland ohne Willkür und Korruption, kurz PARNAS (Partija narodnoi Swobody – Sa Rossiju bes Proiswola i Korrupzii), zusammen. Dies sollte der Opposition größere Chancen bei den Parlamentswahlen 2011 und den Präsidentschaftswahlen 2012 ermöglichen. Aus formalen Gründen wurde die Partei jedoch nicht zugelassen. Die offizielle Begründung lautete, die zur Parteigründung benötigte Liste mit Unterschriften sei gefälscht gewesen, was laut PARNAS aber nicht der Fall war. Die Partei warf im Gegenzug den Behörden vor, die nichtsystemische, außerparlamentarisch organisierte Opposition vorsätzlich nicht zur Wahl zuzulassen, um der unabhängigen Opposition keine politischen Einflussmöglichkeiten zu gewähren.  

Im Juni 2012 fusionierte PARNAS in einem neuen Anlauf mit der nach einem zwischenzeitlichen Verbot, das vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte kassiert wurde, wieder zugelassenen Republikanischen Partei Russlands (RPR – Respublikanskaja Partija Rossii) zur RPR-PARNAS. Die Partei konnte seither bei einigen Regionalwahlen, wie zum Beispiel in Barnaul (ein Sitz) und der Oblast Saratow (zwei Sitze) erstmals in regionale Parlamente einziehen. Allerdings wird RPR-PARNAS,  die seit dem Mord an deren Ko-Vorsitzenden Boris Nemzow allein von Michail Kassjanow geleitet wird, regelmäßig durch die Anwendung der sogenannten Administrativen Ressource in ihrer politischen Tätigkeit behindert.

So wurde dem Wahlbündnis aus Alexej Nawalnys Fortschrittspartei, der Partei Demokratische Wahl und RPR-PARNAS die Teilnahme an den Regionalwahlen im September 2015 in zwei der vier Regionen, in denen die Partei antreten wollte, verweigert. Sie trat schließlich nur in der Region Kostroma an, wo der Wahlkampf durch Administrative Ressource behindert wurde3 und RPR-PARNAS nicht zuletzt deshalb mit unter drei Prozent klar an der Fünfprozentklausel scheiterte.

Anfang Juli 2016 präsentierte die Parteiführung eine Wahlliste für die Dumawahl 2016. Mit dem Slogan „das System neu starten“ bekam PARNAS bei den Wahlen am 19.09. nur 0,7 Prozent der Stimmen und ist in der Duma der 7. Legislaturperiode nicht vertreten.


1.Mommsen, Margareta (2007): Putins „gelenkte Demokratie“: „Vertikale der Macht“ statt Gewaltenteilung, in: Buhbe, Matthes/Gorzka, Gabriele (Hrsg.): Russland heute: Rezentralisierung des Staates unter Putin, Heidelberg, S. 235-252
2.Kynew, Alexander (2011): Die Besonderheiten des russischen Parteiensystems und die Grenzen des gelenkten Parteienwesens, in: Russland-Analysen 2011 (227), S. 3-7
3.Golos: Final 'Golos' Statement on Citizen Observation of Elections held on Single Voting Day, September 13, 2015
dekoder unterstützen
Weitere Themen
Gnose

Boris Nemzow

Er war einer der bekanntesten Politiker Russlands und galt als scharfer Kritiker Wladimir Putins. In zahlreichen Publikationen machte er auf Misswirtschaft und Korruption in Russland aufmerksam, was ihm viele einflussreiche Gegner einbrachte. Eduard Klein über den Oppositionspolitiker, der am 27. Februar vor acht Jahren ermordet wurde.

Gnose

Alexej Nawalny

Alexej Nawalny ist in Haft gestorben. Er wurde in mehreren politisch-motivierten Prozessen zu langjähriger Strafe verurteilt. Aus der Strafkolonie hat er mehrmals über unmenschliche Haftbedingungen berichtet.  

Gnose

Bolotnaja-Platz

Der Bolotnaja-Platz befindet sich zwischen dem Kreml und dem alten Kaufmannsviertel Samoskworetschje im Zentrum Moskaus. Er hat im Mittelalter zunächst als Handelsplatz gedient, später kam ihm immer wieder eine wichtige politische Bedeutung zu, zuletzt während der Proteste gegen die Regierung in den Jahren 2011/12.

Gnose

Meeting am 10. Dezember auf dem Bolotnaja-Platz

Nachdem erste Meldungen über Manipulationen bei den Parlamentswahlen vom 4. Dezember 2011 publik wurden, gab es zunächst kleinere Protestaktionen in Moskau. Eine Woche später fand am 10. Dezember 2011 auf dem Bolotnaja-Platz in Moskau eine der größten Demonstrationen der jüngeren Geschichte Russlands statt, als Zehntausende saubere Neuwahlen forderten. Es entstand eine neue Protestbewegung, die vom Staat über die folgenden Monate jedoch wieder unterdrückt wurde.

Gnose

Meeting am 5. Dezember auf dem Tschistoprudny bulwar

Nach den Wahlfälschungen bei den Parlamentswahlen am 4. Dezember 2011 fanden am nächsten Tag mehrere Protestaktionen in Moskau statt, von denen das Meeting auf dem Tschistoprudny bulwar die größte war. Mehrere tausend Menschen forderten saubere Neuwahlen. Hieraus entwickelte sich eine Protestbewegung, die bis zu den Präsidentschaftswahlen im März 2012 anhielt und erst danach langsam abebbte.

Gnose

Marietta Tschudakowa

Marietta Tschudakowa (1937–2021) war Professorin für Literaturwissenschaften und in Russland darüberhinaus auch als Historikerin und Publizistin bekannt. Sie war in der politischen Opposition aktiv, in der sie zu den liberalen Kräften gezählt wurde.

weitere Gnosen
Ein kurzer Augenblick von Normalität und kindlicher Leichtigkeit im Alltag eines ukrainischen Soldaten nahe der Front im Gebiet , © Mykhaylo Palinchak (All rights reserved)