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Ist Russland totalitär?

Als der Begriff „Putler“ in den 2000er Jahren im russischsprachigen Internet aufkam, klang es vielen wie ein Kalauer. Mit der Zeit häuften sich die Hitlervergleiche, auch mit Stalin wurde Putin immer wieder verglichen. Heute ist es gewissermaßen normal, das System Putin als faschistisch und/oder stalinistisch zu bezeichnen. Was sind die Gemeinsamkeiten dieser drei Diktaturen? dekoder hat mit dem Historiker Matthäus Wehowski gesprochen, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung. 

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Das System Putin wird heute häufig als faschistisch oder stalinistisch bezeichnet / Foto © Mikhail Metzel/ZUMA Wire/imago-images

dekoder: Was ist Totalitarismus und worin unterscheidet er sich vom Autoritarismus?

Matthäus Wehowski: Es gibt verschiedene Definitionen von Totalitarismus. Ganz grob gesagt, sind das Staatswesen, die auf Massenmobilisierung setzen und dazu alles anhand einer bestimmten Ideologie ausrichten. Die Ideologie durchdringt hier alles, jedes einzelne Leben. Manche Forscher beschreiben Ideologien als politische Religionen: Sie haben einen Ausschließlichkeitsanspruch, die Deutung ist quasi monopolisiert. Eine Ideologie ist weitgehend widerspruchsfrei, ihre einzelnen Komponenten können aufeinander bezogen werden. In der Theorie hat sie also ein Mindestmaß an Konsistenz und Kohärenz. 

Als „Klassiker“ des totalitären Staates gelten das sogenannte Dritte Reich und die Sowjetunion unter Stalin. Im „Dritten Reich“ war die Ideologie des Nationalsozialismus auf ausnahmslos alle Sphären von Politik und Gesellschaft ausgerichtet. Ob etwa eine Person „Wert“ hatte oder nicht – im Dritten Reich hat man das anhand der Abstammung, von „Blut und Volk“ und dieser ganzen sozialdarwinistischen Ideen definiert. Im Stalinismus gab es eine besondere Färbung des Marxismus-Leninismus und der sogenannten Diktatur des Proletariats. Der „Wert“ einer Person wurde daran gemessen, inwieweit er im Sinne der Staatspartei in diese Ideologie hineinpasst oder nicht. Ob das eine kohärente Ideologie gewesen ist, ist in der Wissenschaft in vielen Punkten umstritten. Wichtig ist aber unter anderem, dass sie allgegenwärtig war: Die Gesellschaft war mobilisiert, es gab ständig Paraden und Indoktrination, die Ideologie war überall, alles wurde durch das Prisma der Ideologie gesehen, ohne Ausnahmen und Nischen. Dies ist wohl auch der Unterschied zum Autoritarismus: Beides sind diktatorische Herrschaftsformen, im Autoritarismus gibt es aber noch ein Mindestmaß an Pluralismus – dieser ist zwar eingeschränkt, aber es gibt ihn eben. Totalitäre Systeme kennzeichnen sich dagegen durch ein Deutungsmonopol. 

Sie haben das Stichwort politische Religion genannt. Hat eine Ideologie auch ein Heilsversprechen oder eine Zukunftsvision? Will sie unbedingt einen neuen Menschen? 

Wenn wir uns diese klassischen historischen Beispiele anschauen, dann gehört das wohl dazu. Der Stalinismus hatte einen Anspruch auf die Bildung einer neuen Gesellschaft, auf die Schaffung des sogenannten Sowjetmenschen. Der neue Mensch ist natürlich ein utopisches Element, und wenn man will, auch eine Art Heilsversprechen. Im Nationalsozialismus ist es etwas anders: Hier gab es die Idee einer glorreichen idealen Vergangenheit, die wiederhergestellt werden sollte. Das sogenannte Urvolk sei demnach eine „reine Rasse“ gewesen, ohne Einflüsse von außen – und da, so die NS-Vision, müsse man wieder hin. Gleichzeitig gab es natürlich das Versprechen von moderner Technik. Wir haben diese Ideen von utopischen Umgestaltungen – zum Beispiel Berlin, das zur „Reichshauptstadt Germania“ umgebaut werden sollte. Es war also ein Mix aus romantisierter Vergangenheit und einer utopischen Zukunft. Im Stalinismus haben wir dagegen diesen extremen Blick nach vorn: Dem Anspruch nach wollte der Stalinismus komplett mit der Vergangenheit brechen und aus dieser Tabula Rasa eine neue Gesellschaft, einen vollständig neuen Menschen schaffen. 

Wenn man diese Prinzipien zugrunde legt, dann ist Russland also nicht totalitär. Richtig? 

Ja. Aus vielen Gründen. Es gab früher diesen sogenannten „Gesellschaftsvertrag“: Ihr könnt alles machen und reden, was ihr wollt, dafür mischt ihr euch aber nicht in die Politik ein – und wir sorgen für euren Wohlstand. 2014 kam noch der sogenannte „Krim-Konsens“ dazu: Wer für die „Angliederung“ ist, ist auch für Putin – fertig, aus. Das Regime hat also jahrzehntelang dezidiert darauf gesetzt, die Gesellschaft eben nicht zu mobilisieren, sondern sie zu depolitisieren und apolitisch zu halten. Es gibt daher auch keine klare Ideologie, mit der man mobilisieren könnte. 

Seit 2014 sinkt das Realeinkommen in Russland, der Kreml kann sein Wohlstandsversprechen also nicht halten. Auch der „Krim-Konsens“ scheint zu bröckeln. Das Regime ideologisiert sich zwar scheinbar – man nehme etwa die Diskussion um die Einheitlichkeit der Geschichtsbücher an den Schulen – insgesamt ist der Prozess aber sehr versatzstückartig, Schaffung einer Ideologie aus einem Guss scheint mir da eher unwahrscheinlich. Und eigentlich braucht der Kreml auch keine Ideologie, um sich zu legitimieren: Es ist zynisch, aber der Machterhalt kann auch durch Repressionen gesichert werden. 

Aber es gibt doch die sogenannte Russische Welt – ist das denn keine Ideologie? 

Wie man’s nimmt, kohärent ist diese Anschauung jedenfalls nicht: Hier etwas Mystizismus, da ein bisschen Orthodoxie, eine Prise Stalinismus, noch etwas Sowjetnostalgie etc. Für eine kohärente Ideologie reicht das nicht, eigentlich gibt es im aktuellen Russland überhaupt keine Ideologie im klassischen Sinne. Das ist eine ganz wichtige Sache, die wir uns immer wieder vor Augen halten müssen. Mark Galeotti, der britische Russland-Historiker, spricht von Adhocracy. Ich finde, dieser Begriff passt sehr gut: Zuerst konstruiert man eine gefällige russische Geschichte, und dann bedient man sich daraus nach Belieben – man nimmt aus dieser Mottenkiste einfach das, was einem gerade ad hoc in den Kram passt, mal Peter den Großen, mal Katharina, mal Gumiljow, mal Dsershinski. Das ist keine kohärente Ideologie mit einem festen Fundament. Wenn es so etwas heute überhaupt noch gibt, dann wohl nur in Nordkorea.

Der Journalist Andrej Archangelski hat kürzlich von einem Totalitarismus 2.0 gesprochen: Die Ideologie des Putinismus speise sich aus der Ablehnung von progressiven Werten. 

Das machen doch auch andere Regierungen, in Ungarn oder Polen zum Beispiel. Feindschemata können zwar auch Solidaritätseffekte stiften und damit eine Eigengruppe formen, das macht das Ganze aber noch lange nicht zu einer Ideologie. Eine Ideologie ist vom Anspruch her konstruktiv, sie ist für etwas – und nicht nur gegen. Der Kreml legitimiert sich aber zunehmend nur noch durch ein schlichtes Feindschema: Russland, so heißt es, sei eine belagerte Festung, der Westen wolle es unterwerfen und plündern. Auch die Aggression gegen die Ukraine verkauft die Propaganda doch als einen Verteidigungskrieg. So ein Feindschema kann zwar einen Rally 'round the flag-Effekt stiften und auch die Repressionen im Inneren legitimieren, eine Zukunftsvision bietet es aber nicht. Außerdem legitimiert sich das System im Grunde ex negativo: Es braucht einen konstituierenden Anderen.

Damit macht es sich doch letztendlich auch abhängig von diesem Anderen. Ist es nicht eine recht unzuverlässige Methode des Machterhalts? 

Es gibt diesen wunderbaren Spruch von Alexei Yurchak: „Everything was forever until it was no more“. Der Zusammenbruch einer Diktatur kann ganz plötzlich passieren oder auch gar nicht. Das klingt jetzt trivial, aber im Sommer 1989 hätte eine Mehrheit aller Beobachter wohl gesagt, dass die Mauer natürlich die nächsten 100 Jahre noch stehen bleiben wird, so wie Honecker das erklärt hat. Hätte man vor dem Arabischen Frühling Experten um ihre Einschätzung zur Dauerhaftigkeit der libyschen Diktatur gefragt, hätten sie die wohl auch als stabil eingestuft. Natürlich kann Putin ein Gaddafi-Schicksal ereilen. Denkbar ist aber auch, dass er bis zu seinem natürlichen Tod an der Macht bleibt. Oder gar darüber hinaus, es gibt da wirklich ganz absurde Fälle: Der algerische Präsident Bouteflika war jahrelang aus der Öffentlichkeit verschwunden und hat trotzdem noch geherrscht. Die Bevölkerung wusste nicht mal, ob der Mann überhaupt noch lebt, er blieb trotzdem an der Macht. Und Mugabe war zuletzt völlig senil und hat nur noch Unsinn geredet. Aber regiert hat er bis zu seinem Exitus. Wir hatten das in der Sowjetunion mit Tschernenko, der schon todkrank war, als er überhaupt zum Generalsekretär der KPdSU wurde. 

Es gibt so viele Faktoren, die völlig unkalkulierbar sind. Putin hat zwar funktionierende Instrumente des Machterhalts: Propaganda, Feindschema, Repressionsapparat, Geheimdienste etc. – dann kommt aber so ein Prigoshin, und das Regime gerät ins Wanken. So etwas kann in autoritären Regimen mit ihrem typischen Mangel an echten politischen Institutionen eben schneller passieren. Kann passieren, muss aber nicht. 

Experte: Matthäus Wehowski
Interview: Anton Himmelspach
Veröffentlicht am 24.10.2023

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Der Sowjetmensch

„… die hohen Berge versetzt er, / der einfache sowjetische Mensch“ – so ehrt ein berühmtes Lied aus dem Jahr 1937 den Sowjetmenschen. Dieser war in der utopischen Vorstellungswelt der sowjetischen Ideologie ein Idealtyp und fast ein Übermensch. In diesem Sinne wurde der Ausdruck lange verwendet und war fest in der offiziellen Kultur der UdSSR verankert. Doch im Zuge der Perestroika hat die Wissenschaft eine andere Begriffsbedeutung konstatiert, die der ersten genau entgegenläuft: Der einst heldenhafte Sowjetmensch wurde zur Karikatur seiner selbst, dem opportunistischem und untertänigen homo sovieticus.

Das soziologische Phänomen des Sowjetmenschen jedoch machen Wissenschaftler auch im Russland von heute noch aus.

Das bolschewistische Konstrukt des Sowjetmenschen geht auf die vielfältigen Ideen-Strömungen in der christlichen Tradition wie auch in der Moderne zurück, die sich mit dem Thema des Neuen Menschen befassten.1 In der frühen Sowjetunion war dieses Konzept in den Reihen der künstlerischen Avantgarde allgegenwärtig und genoss zeitweise den Status einer offiziösen Doktrin der herrschenden Kulturpolitik: Der Sowjetmensch als Prototyp war ganz vom Verstand geleitet, der Sache des Kommunismus ergeben. Er lebte und arbeitete mit höchster Disziplin und Kultur, war fest mit dem Kollektiv verbunden und besaß einen heroischen Willen, fähig, gänzlich die Natur zu beherrschen und alle dem Kommunismus entgegenstehenden Schwierigkeiten und Klassenfeinde zu überwinden.

Die weitere Entwicklung der Idee fiel in die Zeit der Industrialisierung und der gewaltsamen Kollektivierung der Landwirtschaft seit Ende der 1920er Jahre: Das Stalinsche Programm enthielt sowohl den Aufbau einer neuen Gesellschaft des Sozialismus als auch die Transformation des Menschen zum Sowjetmenschen. Die gesamte Kultur hatte diesem Ziel zu dienen. Eine zentrale Rolle erhielten dabei die Schriftsteller als „Ingenieure der menschlichen Seele“, unter der ideellen Führung von Maxim Gorki. Alle Medien der sowjetischen Massenkultur wurden in den Dienst der psychologischen Umgestaltung des Einzelnen genommen.2

Dieser hehre Mythos rund um den Sowjetmenschen faszinierte nicht wenige der – vor allem jungen – Leute, die oft aus einfachsten bäuerlichen Verhältnissen in diese „neue Gesellschaft“ geworfen wurden und dort soziale Aufstiegschancen fanden.

In der Realität stießen die idealen Züge des Sowjetmenschen mit den Widersprüchen des sowjetischen Alltagslebens der 1920er und 1930er Jahre zusammen. Dies waren beispielsweise die anhaltende materielle Not der sozialen Versorgung und der Wohnverhältnisse, der Zwang zu autoritärer Anpassung an Partei-Instanzen, sowie der Forderung, im „Dienst an der Sache“ allenthalben „Feinde des Sozialismus“ zu suchen und zu denunzieren.3 Faktisch lebte der Sowjetmensch also in zwei Welten, die er durch Double Thinking zusammenhielt: der Fähigkeit, in seiner Lebenswelt zwei entgegengesetzte Erfahrungen und Überzeugungen – Mythos und Realität – miteinander zu vereinbaren.4

Sowjetmensch vs. homo sovieticus (Alexander Sinowjew)

1981 veröffentlichte der Satiriker und Soziologe Alexander Sinowjew in München den Roman Homo Sovieticus, in dem er Aspekte des politischen und alltäglichen Lebens in der Sowjetunion satirisch beleuchtete: Der Sowjetmensch bei Sinowjew ist im Wesentlichen ein willenloser Opportunist. Mit seinem Sarkasmus legte Sinowjew einen Grundstein für den oft anzutreffenden Spott über die Idee des Sowjetmenschen. 

Der Sowjetmensch als Prototyp war ganz der Sache des Kommunismus ergeben – Foto © Kommersant

Diese Deutung drang im Zuge der Perestroika auch in die Sowjetunion. Nahezu gleichzeitig begann die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Phänomen. Vor allem Juri Lewada (1930–2006), damaliger Leiter des Umfrageinstituts WZIOM, trieb die Forschungen über den „anthropologischen Idealtypus“ zwischen 1989 und 1991 maßgeblich voran.5

Soziologische Einordnung

Lewada zählte zu den Persönlichkeitsmerkmalen des Sowjetmenschen unter anderem die Vorstellung von eigener Überlegenheit und Einzigartigkeit,6 gesellschaftlicher Gleichheit, Völkerfreundschaft und vom Staat als fürsorglichen Vater. Angesichts des gemeinsamen hehren Ziels – Aufbau des Kommunismus – garantierte der starke Staat die Richtigkeit der Auserwähltheit, er sorgte sich um seine Bürger und vereinte sie zu einer imperialen Ganzheit, die die Grenzen des Ethnischen wegzuwischen suchte.

In diesem idealen Modell waren alle Menschen gleich, alle Ethnien waren Bruder-Völker. Das Propaganda-Bild des kapitalistischen Feindes und die schroffe Ablehnung dieses Feindes hielten das Sowjetvolk nach innen zusammen – und halfen so auch, interethnische Spannungen zu unterbinden.

Um dieses Bild aufrecht zu erhalten, musste der Staat allerdings alle Impulse von außen unterbinden, das Sowjetvolk musste sich selbst isolieren und konnte erst in dieser „erzwungenen Selbstisolation“7 als einzigartig und überlegen aufgehen.

Abgesehen von dieser abstrakten, feindlichen Außenwelt gab es nur den Staat, außerhalb dessen sich der Sowjetmensch nichts vorstellen konnte.

Werteverfall und Identitätskrise

Da die kollektive Identität also aufs Engste mit dem Staat verbunden war, sollte der Zerfall der Sowjetunion auch das Ende des Sowjetmenschen bedeuten. Die Öffnung nach außen mündete in den Verlust des gemeinsamen Feindes, das Innen bröckelte so, dass Wissenschaft und Politik alsbald nahezu einstimmig ein „ideologisches Vakuum“, eine „Identitätskrise“ oder einen „Werteverfall“ konstatierten.

All das, was zuvor Alles bedeutet hatte, wurde ins Gegenteil verkehrt: Aus dem Glauben an den Vater Staat wurde ein Gefühl der sozialen Schutzlosigkeit, aus der Überlegenheit – ein Gefühl des Abgehängtseins, aus der Fiktion der Gleichheit – eine tiefgreifende Fragmentierung der Gesellschaft. Das Brudervolk zerfiel in Ethnien, und mit dem überall erwachenden Nationalismus bezeichneten sich Ende 1989 nur noch knapp ein Viertel der in einer WZIOM-Studie Befragten mit Stolz als Sowjetmensch.8

Der Sowjetmensch der post-sowjetischen Zeit

Folgestudien, die von 1994 bis 2012 durchgeführt wurden, zeigten allerdings, dass das gesellschaftliche Phänomen Sowjetmensch lebendiger ist, als der Staat, der es ins Leben gerufen hatte:9 Sie führten zu dem Ergebnis, dass im neuen Jahrhundert eine neue Generation diesen anthropologischen Idealtypus reproduziert habe. Vor allem solche staatlichen Institutionen wie Armee, Polizei und Geheimdienste, die keiner öffentlichen Kontrolle unterliegen, können sich demnach in großen Teilen der Bevölkerung auf Stereotype und Überzeugungen stützen, die auch schon dem Sowjetmenschen inne waren: autoritärer Staats-Paternalismus, Militarismus und Identifizierung mit dem Großmacht-Status.

So sei der Sowjetmensch auch heute noch höchst lebendig und präge nach wie vor die politische Kultur Russlands,10 meint Lew Gudkow, der als Direktor des 2003 gegründeten Lewada-Zentrums Juri Lewada nachgefolgt ist.


1.Küenzlen, Gottfried (1997): Der Neue Mensch: Eine Untersuchung zur säkularen Religionsgeschichte der Moderne, Frankfurt am Main
2.Günter, Hans (1993): Der sozialistische Übermensch: Maksim Gor’kij und der sowjetische Heldenmythos, Stuttgart/Weimar
3.Fitzpatrick, Sheila (1999): Everyday Stalinism: Ordinary Life in Extraordinary Times: Soviet Russia in the 1930s, New York/Oxford
4.Fitzpatrick, Sheila (2005): Tear off the Masks: Identity and Imposture in Twentieth-Century Russia, Princeton
5.Juri Lewada (1993): Die Sowjetmenschen: 1989 - 1991: Soziogramm eines Zerfalls, München
6.Gudkov, L. D. (2007): „Sovetskij Čelovek“ v sociologii Jurija Levady, in: Obščestvennye nauki i sovremennost' № 6/2007, S. 16-30
7.ebd.
8.Gestwa, Klaus (2013): Der Homo Sovieticus und der Zerfall des Sowjetimperium: Jurij Levadas unliebsame Sozialdiagnosen, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 10/2013, S. 331-341
9.Gudkov, Lev (2010): Conditions Necessary for the Reproduction of "Soviet Man", in: Sociological Research, Nov-Dez., Bd. 49, 6/2010, S. 50-99
10.Forbes.ru: Lev Gudkov: nadeždy na to, čto s molodym pokoleniem vse izmenitsja, okazalis' našimi illjuzijami

 

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Im engeren Sinne bezeichnet Perestroika die politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Umgestaltung, die auf Initiative von Michail Gorbatschow ab 1987 in der Sowjetunion durchgeführt wurde. Politische Öffnung und größere Medienfreiheit führten bald dazu, dass sich die Forderungen nach Veränderung verselbständigten – obwohl die Reformen neben viel Hoffnung auch viel Enttäuschung brachten. Die Perestroika läutete einen unaufhaltsamen Prozess des Wandels ein und mündete im Ende der Sowjetunion.

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In den 1980ern verschlechterte sich die Lage der sowjetischen Planwirtschaft Jahr für Jahr. Als Gorbatschow die Krise ab 1985 durch punktuelle marktwirtschaftliche Reformen überwinden wollte, kam die sozialistische Ökonomie erst recht ins Straucheln.

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