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Olga Skabejewa

Zweimal täglich erklärt die Moderatorin im Staatsfernsehen die Welt aus Moskauer Sicht. An manchen Tagen ist sie bis zu fünf Stunden mit Desinformation und Kriegshetze nach Vorgaben des Kreml auf Sendung. Skabejewas Spezialgebiet ist der Vollkontakt: Je nach Bedarf werden Gegner provoziert oder niedergebrüllt. 

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Margarita Simonjan

Ihre steile Karriere begann mit einer Lüge im staatlichen Auftrag. Heute kokettiert die Chefin des Propaganda-Senders RT und der staatlichen Medienholding Rossija Sewodnja offen mit ihrer Rolle als Gesicht der russischen Desinformation. Der Kreml belohnt sie großzügig dafür. 

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Dekabristen

Als „adelige Revolutionäre“ beschrieb Wladimir Lenin die russischen Offiziere, die sich im Dezember 1825 zum Aufstand gegen den Zaren entschlossen. Tatsächlich prägte der Aufstand der sogenannten Dekabristen die Entwicklung des Russischen Reichs im 19. Jahrhundert maßgeblich.

Am 14. Dezember 1825 (julianischer Zeitrechnung) versammelten sich im Verlauf des Tages etwa 3000 russische Offiziere auf dem Petersburger Senatsplatz (russ. Senatskaja Ploschtschad). In einem bis dahin beispiellosen Vorgang in der russischen Geschichte verweigerten sie dem neuen Zaren Nikolaus I. die Gefolgschaft. Dieser Erhebung war eine sich über etwa zwei Wochen erstreckende Unklarheit über die Thronfolge vorangegangen: Schon am 19. November war Zar Alexander I. gestorben, und die Petersburger Elite war zunächst davon ausgegangen, dass sein Bruder Konstantin ihm folgen würde. Dieser allerdings lebte in einer nicht standesgemäßen Ehe in Warschau und weigerte sich, den Thron zu besteigen. Aus Sicht der später als Dekabristen bekannten Offiziere war dies ein willkommener, wenn auch unerwarteter, Anlass sich gegen das zaristische Regime zu stellen.

Ursprünge des Dekabristen-Aufstandes

„Wir waren Kinder von 1812“ schrieb der Dekabrist Matwej Murawjew-Apostol in seinen Memoiren, und in der Tat reichten die Ursprünge des Dekabristen-Aufstands mindestens so weit zurück. In diesem Jahr kämpften einige der späteren Aufständischen als junge Offiziere im Vaterländischen Krieg gegen Napoleon. Der Krieg und die folgenden ausländischen Feldzüge endeten nicht nur mit einem russischen Sieg, sondern brachten die adeligen militärischen Eliten mit den politischen Ideen im westlichen Europa nach 1789 in direkten Kontakt. Hier galt die Macht des Monarchen nicht mehr als unantastbar, und in vielen Staaten war die Leibeigenschaft der Bauern bereits aufgehoben worden. Noch wichtiger war aber die gemeinsame Kriegserfahrung von russischen Bauern und Adeligen. Sie änderte das Bild, das sich die Offiziere von den russischen Bauern machten. Sie galten den späteren Aufständischen nun als die Verkörperung des russischen Vaterlands, deren fortwährende Unterdrückung inakzeptabel war.

Diese Erfahrungen und Ideen prägten die Offiziere nach ihrer Rückkehr nach Russland.

Sie organisierten sich in geheimen Gesellschaften, in denen sie politische Zukunftsvisionen für ihre Heimat entwarfen. Ihnen schlossen sich auch eine Reihe von gebildeten Offizieren an, die selbst nicht im westlichen Europa gekämpft hatten. Politische Einigkeit bestand zwischen den unterschiedlichen Bündnissen allerdings nicht: während Pawel Pastel im Südbund eine Verfassung für ein künftiges, republikanisches Russland entwarf, befürwortete der sogenannte Nordbund unter Führung von Nikita Murawjew lediglich die Einschränkung der Macht des Zaren und die Abschaffung der Leibeigenschaft der russischen Bauern.

Scheitern des Aufstandes

Nur mit dieser Vorgeschichte lässt sich die Erhebung von 1825 erklären. Erfolgreich waren die Aufständischen allerdings nicht. Die Abwesenheit eindeutiger Führungsfiguren und die eigene Planlosigkeit erleichterten die gewaltsame Niederschlagung des Aufstands noch am selben Tag. Fünf der Revolutionäre wurden später erhängt, eine ungleich größere Zahl ins Exil nach Sibirien geschickt. Viele von ihnen widmeten sich dort der Bildungs-, Sozial- und Kulturarbeit und hatten so in den folgenden Jahrzehnten einen erheblichen Einfluss auf die sibirische Gesellschaft. Aber auch für das autokratische Gefüge waren die Folgen des Dekabristen-Aufstands immens. Zar Nikolaus I. war von der offenen Infragestellung der Autokratie traumatisiert, was sich auch auf seine Herrschaft (1825–1855) auswirkte.

Der Aufstand aus Sicht der Forschung

Lange Zeit hat die historische Forschung seine Politik als eine reaktionäre Ära gedeutet, die vor allem darauf bedacht gewesen sei, die Herrschaft des Zaren zu zementieren und Russland vor den Ideen der Französischen Revolution zu schützen. In der Tat war Nikolaus I. ein zutiefst konservativer Staatsmann, für den die Einschränkung monarchischer Herrschaft undenkbar war. Allerdings hat die jüngere Forschung inzwischen darauf verwiesen, dass die Erfahrung des Dekabristen-Aufstands auch ein Katalysator für vorsichtige Reformen von oben war, etwa in der Verwaltung und im Militär. Diese wiederum hätten die Grundlagen für zumindest einige der Großen Reformen von Zar Alexander II. in den 60–70er Jahren des 19. Jahrhunderts gelegt.1


1.So zum Beispiel A.I. Polunov (2005): Russia in the nineteenth century. Autocracy, reform and social change, New York 
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