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Olga Skabejewa

Zweimal täglich erklärt die Moderatorin im Staatsfernsehen die Welt aus Moskauer Sicht. An manchen Tagen ist sie bis zu fünf Stunden mit Desinformation und Kriegshetze nach Vorgaben des Kreml auf Sendung. Skabejewas Spezialgebiet ist der Vollkontakt: Je nach Bedarf werden Gegner provoziert oder niedergebrüllt. 

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Margarita Simonjan

Ihre steile Karriere begann mit einer Lüge im staatlichen Auftrag. Heute kokettiert die Chefin des Propaganda-Senders RT und der staatlichen Medienholding Rossija Sewodnja offen mit ihrer Rolle als Gesicht der russischen Desinformation. Der Kreml belohnt sie großzügig dafür. 

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Grüne Männchen

Als kleine grüne Männchen, manchmal auch höfliche Menschen, werden euphemistisch die militärischen Spezialkräfte in grünen Uniformen ohne Hoheitsabzeichen bezeichnet, die Ende Februar 2014 strategisch wichtige Standorte auf der Krim besetzt haben. Bestritt Moskau zunächst jegliche direkte Beteiligung und verwies auf „lokale Selbstverteidigungskräfte“, so gab Präsident Putin später zu, dass es sich dabei um russische Soldaten gehandelt habe. Die grünen Männchen sind inzwischen zu einem kulturellen Symbol geworden.

Nachdem sich im Zuge des Euromaidan der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch am 21. Februar abgesetzt hatte und vom ukrainischen Parlament seines Amtes enthoben worden war, tauchten ab dem 27. Februar innerhalb weniger Tage auf der Krim plötzlich militärische, hochgerüstete Spezialkräfte ohne erkennbare Hoheitsabzeichen auf und besetzten strategisch wichtige Objekte. Da sie zunächst nicht zweifelsfrei zugeordnet werden konnten, etablierte sich im russischsprachigen Raum schnell der Begriff der grünen Männchen in Anlehnung an ihre grünen Uniformen. Da sie zur Besetzung von administrativen Gebäuden - darunter dem Parlament der Autonomen Republik Krim - wichtigen Straßen, Plätzen, Flughäfen und ukrainischen Militärbasen keine Gewalt anwendeten und weder mit Einheimischen, noch mit Journalisten sprachen, bürgerte sich ebenfalls der synonym benutzte Begriff der höflichen Menschen ein.1

Trotz zahlreicher Indizien dafür, dass es sich um offizielle russische Einheiten handelte – auf der Krim ist die für Russland strategisch wichtige Schwarzmeerflotte mit mehr als 16.000 Soldaten stationiert – stritt Russland zunächst jede Beteiligung ab und sprach davon, dass es sich um lokale Selbstverteidigungsmilizen handelte. Erst im Laufe des sich anbahnenden internationalen Konflikts gab Präsident Putin im April bei seiner alljährlichen Fernsehsendung Der direkte Draht zu, dass die grünen Männchen russische Militäreinheiten sind, die nach dem Sturz Janukowitschs die Krim vor Chaos und einer angeblichen faschistischen ukrainischen Bedrohung schützen und das völkerrechtlich umstrittene Referendum über den Status der Halbinsel sicherstellen sollten. Der Tag des Einmarsches der grünen Männchen (27. Februar), wurde von Präsident Putin zum Tag der Spezialeinsatzkräfte erklärt.

Spezialkräfte ohne Hoheitsabzeichen in Simferopol am 2. März 2014. Foto © Gemeinfrei

Werden die grünen Männchen in der Ukraine äußerst kritisch gesehen, da es vor allem ihrem Eingreifen geschuldet war, dass die Krim de facto von der Ukraine losgelöst wurde, so gelten sie in Russland im Zuge der Krim nasch-Euphorie als Helden und haben Kultstatus erlangt. Es gibt für sie eine eigene Hymne, ihr Konterfei findet sich auf beliebten Merchandise-Artikeln wie Tassen und T-Shirts, auf denen häufig auch Präsident Putin als “höflichster” der höflichen Menschen bezeichnet wird, und sie werden sogar als Actionfiguren produziert. Im russischprachigen Internet kursieren zudem zahlreiche Memes, die die grünen Männchen als Helden glorifizieren.2 Die weite Verbreitung des einstigen Internet-Memes in der breiten Gesellschaft von einfachen Menschen bis hin zur politischen Elite und dem Präsidenten selbst führte laut der russischen Nachrichtenagentur Ria Nowosti dazu, dass die Begriffe höfliche Menschen und grüne Männchen inzwischen fast zum synonymen Begriff für die regulären russischen Streifkräfte geworden ist.3


1.Anthropoliteia: Little green men: Russia, Ukraine and post-Soviet sovereignty
2.Suslov, Michail D. (2014): „Crimea Is Ours!“ Russian popular geopolitics in the new media age, in: Eurasian Geography and Economics 2014 (6), Washington, D.C., S. 588-609
3.Ria Novosti: "Vežlivye ljudi" kak novyj obraz Rossijskoj armii
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Zu den offiziellen Forderungen der Demonstranten zählten u. a. ein Ende des Konflikts mit der Ukraine, freie und faire Wahlen, Bekämpfung der Korruption und die Aufhebung der staatlichen Zensur.

Wenige Tage vor der Protestaktion wurde mit Boris Nemzow einer der Hauptinitiatoren ermordet. Anstatt des geplanten Anti-Krisen-Marschs fand in Moskau ein Trauermarsch statt, an dem etwa 50.000 Menschen teilnahmen.

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Konstantin Sonin

Sonin ist einer der renommiertesten russischen Wirtschaftswissenschaftler und genießt auch international ein hohes Ansehen. In seinen publizistischen Beiträgen kritisiert er regelmäßig den vom Kreml praktizierten wirtschaftspolitischen Staatskapitalismus. Er warnte bereits 2014 vor einer schweren ökonomischen Krise in Russland und zog 2015, unter anderem aufgrund der sich verschärfenden politischen Situation im Land, in die USA.

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Ein kurzer Augenblick von Normalität und kindlicher Leichtigkeit im Alltag eines ukrainischen Soldaten nahe der Front im Gebiet , © Mykhaylo Palinchak (All rights reserved)