Als Krym-Annexion wird die einseitige Eingliederung der sich über die gleichnamige Halbinsel erstreckenden ukrainischen Gebietskörperschaft der Autonomen Republik Krym in die Russische Föderation bezeichnet. Seit der im Frühjahr 2014 erfolgten Annexion der Krym ist die Halbinsel de facto Teil Russlands, de jure jedoch ukrainisches Staatsgebiet und somit Gegenstand eines ungelösten Konfliktes zwischen der Ukraine und Russland.
Nur wenige Tage nach dem Sturz des ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowytsch als Resultat der Proteste auf dem Maidan setzten auf der Krym mehrere richtungsweisende Ereignisse ein: Am 27. Februar besetzten bewaffnete Personen, die sich als „Selbstverteidigungskräfte der russischsprachigen Bevölkerung der Krym“ bezeichneten, das Parlament sowie das Regierungsgebäude der Autonomen Republik Krym in Simferopol. Parallel okkupierten russische Spezialeinheiten, die aufgrund ihrer fehlenden Hoheitszeichen in der Ukraine sarkastisch als grüne Männchen bezeichnet wurden, ukrainische Verwaltungs- und Militärstandorte sowie sämtliche Verkehrswege der Halbinsel. Moskau leugnete dies zunächst vehement, später brüstete sich Putin jedoch damit, dass reguläre russische Soldaten im Einsatz gewesen sind.1
In einer höchst umstrittenen Sondersitzung des Parlaments der Autonomen Republik, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand, wurde Sergej Axjonow, Vorsitzender der Splitterpartei Russische Einheit, zum Ministerpräsidenten der Krym ernannt. Zeitgleich stimmte das Parlament der Abhaltung eines Referendums über die Unabhängigkeit der Krym zu. Igor Girkin, ein russischer FSB-Offizier, der später unter dem Kampfnamen Strelkow (dt. „Schütze“) als Separatistenführer im Donbas in Erscheinung trat und nicht nur maßgeblich an den ersten bewaffneten Kampfhandlungen des dortigen Krieges beteiligt war, sondern auch an der Okkupation der Krym, räumte Monate später ein, dass die Abgeordneten von der Volksmiliz zur Abstimmung getrieben wurden.2
Das Referendum wurde nach mehrfacher Vorverlegung am 16. März 2014 abgehalten. Knapp 97 Prozent der Abstimmenden sollen sich bei einer angeblichen Wahlbeteiligung von rund 83 Prozent für den auf den Stimmzetteln als „Wiedervereinigung“ bezeichneten Beitritt der Krym zur Russischen Föderation ausgesprochen haben. Das Krym-Parlament hatte zuvor bereits für eine Unabhängigkeitserklärung der Krym gestimmt. Die offizielle Aufnahme der Krym in die Russische Föderation erfolgte wenige Tage später. Das Referendum sowie sämtliche von Parlament und Regierung der Krym beschlossene Maßnahmen zur Herauslösung der Krym stehen im eindeutigen Widerspruch zum Staats- und Verfassungsrecht der Ukraine und wurden von Kyjiw nicht anerkannt.3
Auch die internationale Staatengemeinschaft erkennt die Eingliederung der Krym in die Russische Föderation nicht an und sieht in ihr eine Verletzung der territorialen Unversehrtheit der Ukraine sowie mehrerer internationaler Verpflichtungen durch Russland.4 Die EU, die USA sowie weitere Staaten reagierten mit Sanktionen gegen Russland. Moskau betrachtet indes unter Verweis auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker die Eingliederung der Krym als rechtmäßig. Abgesehen von der Illegalität des Referendums nach ukrainischer Gesetzgebung und unabhängig von der völkerrechtlich umstrittenen Frage, ob das Selbstbestimmungsrecht der Völker ein Recht auf Sezession umfasst, ist das Referendum jedoch auch deshalb als nichtig zu werten, weil erst die völkerrechtswidrige militärische Intervention, das heißt die Anwendung von Gewalt, das Referendum ermöglichte.
Umstritten ist, welche Zustimmung eine Sezession in der Bevölkerung der Krym tatsächlich genossen hat. Politische Kräfte, die eine Loslösung der Krym von der Ukraine anstrebten, waren in den letzten Jahren marginalisiert. Der Historiker Jan Zofka verweist allerdings auch darauf, dass das russische Militär in einer politisch feindlichen Umgebung nicht derart ungestört hätte agieren können. Die Russland-Orientierung breiter Teile der Krym-Bevölkerung, Institutionen der Autonomie und Überreste der Unabhängigkeitsbewegung der 1990er Jahre sieht er als begünstigende Faktoren der Annexion als Folge der militärischen Intervention.5 Die massive russische Propaganda im Zuge der Ereignisse auf dem Maidan hat zudem Ängste und Unsicherheit bei Teilen der Bevölkerung der Krym geschürt. In Opposition zur Angliederung an Russland stehen indes große Teile der etwa 300.000 Krymtataren, die das Referendum boykottierten.6