Osero (dt. See) wird eine Datschenkooperative genannt, die Mitte der 1990er Jahre an einem See in Solowjowka nördlich von St. Petersburg gegründet wurde. Eines der Gründungsmitglieder war Wladimir Putin. Nachdem sein Wohnhaus an der gleichen Stelle, in das er sich nach dem Ausscheiden aus der Petersburger Stadtverwaltung zurückzogezogen hatte, 1996 abgebrannt war, ließ er an der selben Stelle ein neues errichten.1
Dieses Mal schloss er sich jedoch mit sieben weiteren Personen zusammen, um eine gemeinsame Datschensiedlung aufzubauen. Diese wurde später unter dem Namen Osero bekannt. Die sieben Personen – Wladimir Smirnow, Wladimir Jakunin, Andrej und Sergej Fursenko, Juri Kowaltschuk, Viktor Mjatschin und Nikolai Schamalow – sind seither nicht nur eng mit Wladimir Putin verbunden2, sondern zu zentralen Akteuren in Russlands Wirtschaft und Politik aufgestiegen.
Außer ihrem Wohnort hatten die Kooperativenmitglieder viele Gemeinsamkeiten: Sie waren (bis auf den Juristen Putin) alle Physiker oder Ingenieure, waren damals in der freien Wirtschaft tätig (außer dem Beamten Putin), kamen fast alle in den 1990er Jahren aus dem Ausland zurück nach St. Petersburg und waren daher weitgehend Außenseiter in der (postsowjetischen) Nomenklatura. Die wichtigste Gemeinsamkeit bestand jedoch in einem Bankkonto bei Kowaltschuks Bank Rossija. Jedes Mitglied konnte über das Konto, auf dem der wachsende Wohlstand der Kooperativenmitglieder verwaltet wurde, frei verfügen.3 Zu einer Zeit, als kaum jemand in Russland Zugriff auf größere Finanzen besaß, verfügte die Osero-Kooperative somit über eine wichtige Geldquelle. Die Politologin Karen Dawisha sieht in dem Zusammenschluss zudem folgenden Vorteil für Putin: „In Russland sind Kooperativen für Putin eine weitere Möglichkeit, Geld nicht direkt annehmen zu müssen und doch den Wohlstand mit den Miteigentümern zu teilen.”4
Kowaltschuk und Schamalow, aber auch Mjatschin, stiegen durch ihre Anteile an der Bank Rossija, die stark von Staatsaufträgen profitierte,5 zu Multimillionären und Milliardären auf.6 Jakunin ist während seiner Zeit bei der Russischen Eisenbahngesellschaft RZD, die er ein Jahrzehnt geleitet hat und die als eines der ineffektivsten und korruptesten Staatsunternehmen gilt,7 ebenfalls vermögend geworden.
Der Begriff Osero steht in Russland nicht nur für die Datschenkooperative. Er ist geradezu zu einem Synonym für das loyalitätsbasierte System Putins geworden, in dem seine engen Vertrauten zu politischer Macht und finanziellem Reichtum aufstiegen.
Nach der Krim-Annexion setzten die USA gleich drei Osero-Mitglieder (Kowaltschuk, Fursenko, Jakunin) auf die Sanktionsliste, um Druck auf den Präsidenten auszuüben; zudem wurden die Aktiva der Bank Rossija in den USA beschlagnahmt.8