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Rosneft

Als staatliche Energiegesellschaft Anfang der 1990er Jahre gegründet, stieg das Unternehmen in den 2000er Jahren zu einem zentralen Akteur des russischen Energiesektors auf. Rosneft war Hauptprofiteur der Zerschlagung des YUKOS-Konzerns und wurde durch weitere Zukäufe zu einem der mächtigsten Unternehmen Russlands. Der niedrige Ölpreis und die westlichen Sanktionen machen dem Giganten jedoch zu schaffen. Ende September 2017 wurde Altkanzler Gerhard Schröder zum Vorsitzenden des Direktorenrats von Rosneft berufen.

Einer der führenden Energieproduzenten der Welt – der russische Staatskonzern Rosneft / Foto © Anatoli Shdanow/Kommersant

Rosneft ist ein Energieunternehmen, das sich zu großen Teilen in Staatsbesitz befindet. Sein Ursprung liegt im 1991 aufgelösten Ministerium für Öl- und Gasindustrie der UdSSR. Im September 1995 wurde die Ölgesellschaft Rosneft dann in eine offene Aktiengesellschaft umgewandelt, die verschiedene ölfördernde und -verarbeitende Unternehmen zusammenfasste.

Unternehmensstruktur

Seit 1996 geplant, wurde die Teilprivatisierung jedoch erst Ende 2016 umgesetzt. Bis 2006 befanden sich 100 Prozent der Aktien von Rosneft im Besitz der Regierung. Nach und nach wurden jedoch einige Anteile veräußert. Heute besitzt der Staat durch das Unternehmen Rosneftegas einen Anteil von 50 Prozent und einer Aktie an Rosneft und ist damit der Hauptaktionär des Unternehmens. 19,75 Prozent der Aktien gehören dem britischen BP, im Dezember 2016 kauften der Schweizer Rohstoffkonzern Glencore und das Emirat Katar zusammen 19,5 Prozent der Unternehmensanteile. Der restliche Teil wird auf den Londoner und Moskauer Börsen gehandelt. 

Ein Wendepunkt in der Entwicklung des Unternehmens war die Ernennung Igor Setschins, eines engen Vertrauten des russischen Präsidenten Wladimir Putin, zum Rosneft-Vorstandsvorsitzenden im Jahr 2004. Unter seiner Führung kam es in den Jahren danach zu erheblichen Konsoliderungsprozessen in der russischen Ölindustrie, bei denen Rosneft zum zentralen Akteur und wichtigsten Profiteur wurde.

Aufstieg zum mächtigsten Unternehmen Russlands

Rosneft spielte eine führende Rolle bei der Zerschlagung des Ölkonzerns YUKOS im Dezember 2004. Der Konzern kaufte die Baikalfinanzgruppe, eine Briefkastenfirma, die einige Tage zuvor in einer gerichtlich forcierten Auktion drei Viertel des Kerngeschäfts von YUKOS übernommen hatte. Im Oktober 2012 gab Rosneft außerdem die einhundertprozentige Übernahme des drittgrößten russischen Ölkonzerns TNK-BP bekannt. Die Übernahme von weiteren führenden russischen Öl- und Gaskonzernen (darunter Russlands drittgrößtes Gasunternehmen Itera und das sechstgrößte Mineralölunternehmen Russlands Baschneft) spiegelt sich in der Steigerung der Ölproduktion von Rosneft wider. Hatte die jährliche Produktion im Jahr 2001 unter 16 Millionen Tonnen gelegen, so erreichte das Unternehmen 2016 eine Erdölproduktion von 210 Millionen Tonnen. Damit stieg Rosneft zu einem der größten Energieproduzenten der Welt und zu einem der mächtigsten Unternehmen Russlands auf. Die Erlöse des Konzerns finanzieren rund ein Viertel des russischen Haushalts. Über Rosneft hat der Staat außerdem die Kontrolle über zahlreiche privatisierte Rohstoffaktiva wiedererlangt und seinen Einfluss in der Energiebranche wesentlich gestärkt.  

Ob der staatliche Ölkonzern seine führende Position auch in Zukunft verteidigen kann, ist allerdings fraglich. Im Zuge des Ukraine-Konflikts belegten die Europäische Union und die USA die größten staatlich kontrollierten Energiekonzerne Russlands, darunter auch Rosneft, mit Sanktionen. Die Strafmaßnahmen umfassen unter anderem ein langfristiges Verbot von Darlehen an den westlichen Finanzmärkten, ein Handelsverbot von Anleihen des Unternehmens in der EU, sowie Einschränkungen westlicher Technologieexporte und Dienstleistungen für die Förderung schwer zugänglicher Ölreserven. Auch die im Juli 2017 beschlossenen US-Sanktionen können sich geschäftsschädigend auswirken. 

Infolge der Sanktionen versinkt Rosneft in Schulden. Als der Konzern 2015 Kredite in Höhe von 19,5 Milliarden Dollar tilgen musste, sprang der staatliche Wohlfahrtsfonds ein. Darüberhinaus musste Rosneft die Realisierung seiner internationalen Gemeinschaftsprojekte, unter anderem mit dem amerikanischen ExxonMobil und dem norwegischen Statoil in der Arktis verschieben. Auch ein Milliardendeal zur Förderung von Schieferöl in der Wolga-Ural-Region in Kooperation mit dem britischen BP liegt wegen Sanktionen auf Eis. Ohne die Erschließung schwer zugänglicher Ölfelder, unter anderem in der Arktis, kann der Staat jedoch künftig die Ölproduktion und damit seine Exporteinnahmen nicht mehr steigern.

Die fallenden Ölpreise auf dem Weltmarkt haben Russlands Exporteinnahmen zusätzlich geschwächt. Um die drohende Lücke in Milliardenhöhe im staatlichen Haushalt zu decken, hat die Regierung Anfang Januar 2016 beschlossen, 19,5 Prozent von Rosneft an einen strategischen Investor zu verkaufen. Durch den Verkauf an Glencore und an Katar flossen wegen des niedrigen Aktienkurses aber lediglich 10,5 Milliarden Euro in die Staatskasse.1 Auch deshalb steht außer Frage, dass der Staat weiterhin die Kontrolle über das Unternehmen behalten wird.

Die Rolle des Altkanzlers Gerhard Schröder auf dem Posten des Direktorenrats-Vorsitzenden ist dabei unklar. Kritiker argumentieren, dass der Wunschkandidat des Kreml neben der Lobby-Arbeit im Zweifelsfall aber wohl die Interessen des Mehrheitseigners vertreten dürfte.2


1.Meduza: Privatizacija «Rosnefti»: Čto do sich por neponjatno?
2.Süddeutsche: Großer Posten, wenig Einfluss
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