Debattenschau № 72: Rücktritt Nasarbajews – Blaupause für Putin?
Written on 21.03.2019
Am Mittwoch hat der kasachische Präsident Nursultan Nasarbajew seinen Rücktritt angekündigt. Er war schon 1989 Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Kasachischen Sozialistischen Sowjetrepublik, 1990 übernahm er nahtlos die Präsidentschaft des flächengrößten Landes Zentralasiens.
Mit Kasachstan verbindet Russland nicht nur die längste Landgrenze (rund 7600 Kilometer), sondern auch eine Nachbarschaft in den Ranglisten der Pressefreiheit oder Bürger- und Freiheitsrechte. Beide Länder gelten in der Politikwissenschaft als autoritäre, personalisierte Regime.
Doch der Präsident Kasachstans tritt nur der Form halber ab, sind Beobachter sicher: als sogenannter Nationaler Leader (kas. Elbassy), Chef des Sicherheitsrats und Vorsitzender der Regierungspartei bleibe er tatsächlich an der Macht. Sein Interimsnachfolger Kassym-Jomart Tokajew soll ihm treu ergeben sein, in einer seiner ersten Amtshandlungen hat er vorgeschlagen, die Hauptstadt Kasachstans Astana in Nursultan umzubenennen. Beide Parlamentskammern votierten einen Tag später einstimmig für den Vorschlag.
In russischen Medien wird vor allem eine Frage debattiert: Kann das kasachische Modell des Machttransfers Blaupause für Russland sein? dekoder bringt Ausschnitte aus der Debatte.
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Facebook/Maxim Trudoljubow: Das schwere Los eines Diktators
Der Wissenschaftler und Journalist Maxim Trudoljubow zieht auf Facebook eine Parallele zwischen dem kasachischen und dem russischen Herrschaftssystem:
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Lebendig, aus eigenen Stücken und mit Würde abzutreten, wenn auch nicht allzu weit weg – ist wahrscheinlich die größte Kunst des Leaders eines Landes wie Kasachstan. Und eines Landes wie Russland. Richtig umfassend abzutreten ist wahrscheinlich gar nicht möglich. Es ist schwierig, ein Diktator zu sein – entweder kehrst du siegreich oder tot zurück: Zwei Drittel der Leader personalisierter Regime sind Opfer von Umstürzen.
Уйти живым, самостоятельно и с достоинством, пусть и недалеко - наверное самое большое искусство лидера страны похожей на Казахстан. И на Россию. Уйди далеко вообще наверное нельзя. Трудно быть диктатором - ты или со щитом или на щите: две третьих лидеров персоналистских режимов жертвы переворотов.
Auch Konstantin Sonin, Wirtschaftsprofessor an der Moskauer HSE und an der University of Chicago, sieht Parallelen. Auf Facebook macht er aber auch auf wesentliche Unterschiede aufmerksam.
Deutsch
Original
Klar, die „Erfolgsgeschichte“ Kasachstans ist die Geschichte eines Landes mit kleiner Bevölkerung und großen Ölvorkommen. Doch das Bruttoinlandsprodukt Kasachstans pro Kopf zeigt eine weit geringere Abhängigkeit von Weltmarktpreisen als das der diversifizierteren russischen Wirtschaft. Also wurden in Kasachstan bessere politische Entscheidungen getroffen. Ungeachtet wirtschaftlicher Erfolge, treten autoritäre Leader – und Nasarbajew war ein typischer autoritärer Leader – fast nie freiwillig zurück. Sie lassen ihr Volk hungern, nur um sich an der Macht zu halten (wie Ceaușescu und Maduro), sie zetteln Bürgerkriege an (wie Pol Pot oder Milošević) oder warten zumindest, bis die Massen zum Palast kommen und in ihrem Arbeitszimmer das Licht ausschalten. Im besten Fall sterben sie im Amt nach einigen Jahren der Stagnation. Nasarbajew ist erstaunlicherweise als Sieger gegangen. Und zwar, weil er aus freien Stücken gegangen ist.
Конечно, "история успеха" Казахстана - это история страны с маленьким населением и большими запасами нефти. Но ВВП Казахстана на душу населения показывает куда меньшую зависимость от мировых цен, чем у более, казалось бы, диверсифицированной российской экономики. Значит, решения принимались более качественно.
Независимо от экономических успехов, авторитарные лидеры - а Назарбаев был типичным авторитарным лидером - практически никогда не уходят с поста добровольно. Они морят население голодом, лишь бы удержаться у власти (как Чаушеску или Мадуро), они устраивают гражданские войны (как Пол Пот или Милошевич) или, как минимум, ждут пока толпа не подойдёт к дворцу и у них в кабинете не отключат свет. В лучшем случае умирают на посту после нескольких лет стагнации. Назарбаев, удивительно, ушёл победителем. Как раз потому что ушёл сам.
Auf Facebook nimmt der Journalist Arkadi Babtschenko der aufkeimenden Hoffnung auf demokratische Veränderungen in Kasachstan den Wind aus den Segeln.
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Bitte schreiben Sie bloß nicht vom „demokratischen Kasachstan“. Das überfordert mein hochkochendes Herzblut. Nasarbajew ist nirgendwohin abgetreten. Und wird nicht abtreten. Kann nicht abtreten. Dass er seinen Teddybär auf seinen Posten setzt und selber zum Vorsitzenden des Sicherheitsrates wird oder zum Chef des Kurultai oder zu was auch immer – bedeutet nur das, was es bedeutet: Dass Nasarbajew genauso wie er das Land regiert hat, auch weiter regieren wird. Auf Lebenszeit. Bis zum Tod. Und seine Amtsbezeichnung wird keine Rolle spielen. Und auf dem Thron wird Dimon um Dimon sitzen. Um all diesen Jubel über den „freiwilligen Rücktritt“ zu lesen, fehlt mir einfach die Kraft. Der reinste Kindergarten, bei Gott!
Вот только про "демократический Казахстан" не пишите, пожалуйста. Этого моя кровь из глаз уже не выдержит. Никуда Назарбаев не ушел. И не уйдет. И не может уйти. То, что он вместо себя посадит на трон своего Медвежонка, а сам будет главой Совбеза, или начальником Курултая, или чем угодно еще - означает только то, что означает. Что Назарбаев как правил страной, так и будет. Пожизненно. До смерти. И никакого значения название его должности иметь не будет. А на троне будет очередной айфончик. А то все эти восторги про "добровольную отставку" читать совершенно нет сил. Детский сад, ей богу.
Kommersantzitiert eine regierungsnahe Quelle, die behauptet, dass der Kreml den kasachischen Machttransfer genau im Auge habe.
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Ein der russischen Führung nahestehender Gesprächspartner von Kommersant sagte, dass Moskau die Errichtung der kasachischen Machtvertikale unter Nursultan Nasarbajew immer mit Interesse verfolgt habe, denn „es ist wichtig zu sehen, wie dort der Machttransfer vonstatten geht“. Nun kann der Kreml den Testlauf des kasachischen Modells beobachten, deren Wesenskern darin besteht, nicht das Amt, sondern die Macht zu erhalten. Um so mehr, als dass in der russischen Verfassung der Posten des Vorsitzenden des Sicherheitsrats festgeschrieben ist (der traditionell vom Präsidenten ausgefüllt wird).
Собеседник “Ъ”, близкий к российскому руководству, отметил, что Москва всегда с интересом следила за выстраиванием властной вертикали в Казахстане под Нурсултана Назарбаева, поскольку «важно увидеть, как там произойдет транзит власти». Теперь Кремль сможет наблюдать за тестированием казахской модели, суть которой состоит в сохранении не должности, а власти. Тем более что в российской Конституции прописан пост председателя Совета безопасности (его по традиции замещает президент).
Meduza: Kasachstan ahmt Russland nach, nicht umgekehrt
Wladimir Sharichin, stellvertretender Leiter des Instituts der GUS-Staaten, dagegen dreht im Exilmedium Meduzaden Spieß um:
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Eine derartige Machtübergabe ist kein Beispiel für Russland. Russland war für Kasachstan ein Beispiel. Haben sie den 31. Dezember 1999 [Machttransfer von Jelzin auf Putin – dek] vergessen? Noch ähneln die Geschehnisse dem Jelzinschen Szenario, abgesehen von der Verfassungsänderung. [...] Ein Spurwechsel ist dennoch möglich: Der Interimspräsident Kassym-Jomart Tokajew ist zwar ein herausragender, aber nur ein Diplomat, obgleich er rund drei Jahre auch Regierungschef war. Und ich schließe nicht aus, dass Nasarbajew für den Präsidentenposten einen Wirtschaftsfunktionär auswählen wird.
Такая передача власти — не пример для России, это для Казахстана Россия была примером. Вы забыли 31 декабря 1999 года? Пока происходящее похоже на ельцинский сценарий с поправкой на Конституцию. [...] хотя и возможна развилка: все-таки их исполняющий обязанности [Касым-Жомарт Токаев] — пусть и выдающийся, но дипломат, хотя он и был около трех лет председателем правительства. И я не исключаю, что он [Назарбаев] подберет на пост президента хозяйственника.
Das Wirtschaftsblatt Vedomostientwirft sogleich ein Zukunftsszenario für Putin:
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Präsident Putin kann durchaus sowohl die Leitung des Sicherheitsrats als auch einer wie auch immer gearteten Allrussischen Volksfront übernehmen. Er könnte den Staatsrat unter sich behalten; er könnte ein weiteres Amt gesetzlich verankern und besetzen – womöglich mit der Bezeichnung des Allrussischen Ältesten, mit umfassenden Kompetenzen und ohne ernste Pflichten. Das heißt einfach symbolisch die Zügel aus der Hand geben und damit das Ende der putinschen Macht andeuten, eigentlich aber der einflussreichste Mensch im Land bleiben [...] Und dann amüsiert beobachten, wie sich einerseits die Weggefährten – gleich Spinnen im Glas – um die nicht-existierenden Kompetenzen zanken, andererseits zusehen, wie sich das Volk in letzter Hoffnung auf Gerechtigkeit nach ihm sehnt. Und diese Gerechtigkeit zu verteilen, über dem Gezänk stehend und die gegenseitigen Bestrafungen der Weggefährten forcierend.
Президент Путин вполне может возглавить и Совет безопасности, и какой-нибудь Общероссийский народный фронт, оставить себе Госсовет; а еще ввести в законный оборот непоколебимую должность под названием, допустим, всероссийский староста с обширными возможностями и без серьезных обязанностей – и занять ее.
То есть символически передать бразды правления, обозначить будто бы конец путинского режима – а на самом деле остаться самым влиятельным человеком в стране,
[...] И потом с удовольствием наблюдать, как, с одной стороны, будто пауки в банке, соратники схватятся за несуществующие полномочия, которые, как им покажется, дают высокие должности, а с другой – как народ тянется к нему в последней надежде на справедливость. И раздавать эту справедливость, находясь над схваткой и заставляя соратников карать друг друга.
Sergej Medwedew, Politikwissenschaftler und Professor an der Moskauer Higher School of Economics, dagegen glaubt nicht, dass das kasachische Modell als Blaupause für anderen Staaten taugt:
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Elbassy geht wie Deng Xiaoping oder eher noch wie Lee Kuan Yew – als Vater der Nation und Garant der Verfassung – und behält dabei gleichzeitig die Hebel in der Hand. Dieser traumhafte Rücktritt wird bei den jüngeren Kollegen Neid hervorrufen. Die können sich so etwas nicht leisten und bleiben Geiseln der von ihnen geschaffenen Systeme.
Елбасы уходит, как Дэн Сяопин или еще скорее как Ли Куан Ю -- как отец нации и гарант конституции, оставив у себя при этом рычаги управления. Отставка мечты -- на зависть младшим коллегам. Они себе такого позволить не могут, оставаясь заложниками созданных ими систем
Venezuela gilt als Russlands wichtigster Verbündeter in Lateinamerika. Im Machtkampf zwischen Maduro und Guaidó steht Moskau hinter Maduro. Das wird in Russland derzeit vor allem in Sozialen Medien heftig diskutiert. dekoder bringt Ausschnitte aus der Debatte.
Donald Trump wird neuer US-Präsident. Eine neue Ära nicht nur für die USA, sondern auch für Russland. Dort verbanden viele zuletzt große Hoffnungen mit Trumps möglichem Wahlsieg. Bleibt die Zuversicht? Eine Presseschau.
Russland hat gewählt, der neue Präsident ist, wie erwartet, der alte: Wladimir Putin. Was sagen die hohen Prozentwerte aus – gerade auf der Krim? Zeigt die Wahl eine große Beliebtheit Putins – oder vor allem die immer autokratischeren Züge des Systems? dekoder bringt Ausschnitte aus russischen Medien-Debatten nach der Wahl.
Für Wladislaw Inosemzew kam das System Putin nicht aus heiterem Himmel. Der Ökonom und Publizist stellt die Schuldfrage und sucht in den 1990er Jahren nach Antworten.
Was kommt nach Putin? Ein neuer Putin? Damit sich in Russland wirklich etwas ändert, brauche es vor allem eine neue Verfassung, meint der Politologe Grigori Golossow.
Größtes Problem der neuen Amtszeit Putins, so meint die Politikwissenschaftlerin Ekaterina Schulmann, ist der Machttransfer. Das Dilemma: Das politische System muss die Macht stärker verteilen und weckt damit auch Begehrlichkeiten. In diesem Verteilungskrieg könnte auch das Volk den Kürzeren ziehen. Kann man einen Krieg aller gegen alle vermeiden? Drei mögliche Szenarien.
Im Jahr 2024 feiert Alexander Lukaschenko zwei runde Jubiläen: Seinen 70. Geburtstag und 30 Jahre im Amt. Er wurde 1954 geboren. Über seinen Vater ist nichts bekannt, seine Mutter, Melkerin in einer Kolchose, hat ihn allein aufgezogen. Sie lebten in Armut. Auf die Frage eines Journalisten: „Wie lebten Sie als Kind?“ sagte Lukaschenko, damals bereits Präsident: „Bettelarm war ich!“1 Allem Anschein nach wurde die alleinstehende Mutter von den Dorfleuten gepiesackt. Uneheliche Kinder waren damals gesellschaftlich nicht akzeptiert. Der Publizist Alexander Feduta, nunmehr aus politischen Gründen inhaftiert, beschreibt Lukaschenko folgendermaßen: „Wir haben es mit einem typischen komplexbehafteten Dorfjungen zu tun, vaterlos oder, wie es auf dem belarussischen Land heißt, ein bajstruk.“2
Wie schaffte es dieser Dorfjunge aus dem Osten von Belarus an die Spitze der Macht in seinem Land, die er als Diktator schließlich an sich riss? Wie gelang es Lukaschenko, ein System zu errichten, das die belarussische Gesellschaft bis heute unter Kontrolle hat? Waleri Karbalewitsch, Autor einer Lukaschenko-Biographie, über das autoritäre Machtgefüge in Belarus.
Der Weg zur Macht
Anhand der Bruchstücke, die Lukaschenko über seine ersten Lebensjahre preisgibt, gewinnt man keineswegs den Eindruck einer glücklichen Kindheit, ganz im Gegenteil. Wir sehen Neid auf andere Kinder, die mit mehr Wohlstand gesegnet waren, den Komplex eines zu kurz gekommenen Menschen. „Die 1950er Jahre waren eine schwere Zeit, eine furchtbare Not. Ich weiß noch, was für ein Kampf bei uns im Dorf herrschte. Wer stärker war, überlebte, Familien mit kräftigen Männern und Vätern hatten es leichter. Ich hab meinen Teil wegbekommen …“, sagte Lukaschenko.3
Nach der Wahl zum Präsidenten im Jahr 1994 nahm Lukaschenko seine Frau bekanntlich nicht mit nach Minsk. Nach ein paar Monaten machte ein Witz die Runde, von dem böse Zungen behaupten, er sei die reine Wahrheit: Frau Lukaschenko habe auf die Frage von Nachbarn, warum sie ihm nicht hinterherfahre, geantwortet: „Ach, mein Saschka bleibt doch nie irgendwo länger als zwei Jahre.“
Tatsächlich beeindruckt sein Lebenslauf, bevor er Präsident wurde, durch häufige Arbeitsplatzwechsel. Paradoxerweise ist der einzige Posten, den er jemals länger innehatte, das Präsidentenamt.
Die häufigen Jobwechsel zeugen von Lukaschenkos Unverträglichkeit. Fast überall war seine Tätigkeit von Konflikten begleitet. Seine Frau erinnerte sich: „Wo auch immer er war, immer und überall schlug er sich mit seiner Sturheit und Direktheit die Nase an. Natürlich war das störend. Misserfolge und Kränkungen vertrug er ganz schlecht.“4 Der psychologische Begriff hierfür ist Fehlanpassung, also, die Unfähigkeit, sich an soziale Normen anzupassen, die es in jeder Gesellschaft gibt. Das hinderte ihn daran, Karriere zu machen und im sowjetischen System ein hohes Amt zu ergattern. Er wirkte eher wie ein Außenseiter, ein Loser.
Doch mit Beginn der Perestroika, mit Glasnost und Demokratisierung, waren diese Charakterzüge, die ihm früher so im Weg gestanden hatten (weil sie zu Konflikten mit der Obrigkeit führten), plötzlich von Vorteil. In dieser Zeit des Kampfes gegen die Parteinomenklatur, die sich mit Händen und Füßen gegen Reformen sträubte, erfreuten sich mutige Akteure, die sich entschlossen zeigten, immer größerer Beliebtheit. Und Lukaschenko passte reibungslos ins Bild eines Kämpfers für Gerechtigkeit, eines Siegers über das System. Außerdem entdeckte er sein Talent zum Politiker, der in der Öffentlichkeit steht, vor Publikum spricht, dessen Aufmerksamkeit er bannt. Also stürzte er sich Hals über Kopf in die Politik, eine für ihn ganz neue Sphäre, in der er sich bald zu Hause fühlte. 1990 machte er den Schritt vom Direktor einer Provinz-Sowchose zum Abgeordneten des Obersten Sowjets der BSSR. Die Sitzungen dieses Machtorgans wurden damals live im Fernsehen übertragen. Lukaschenko trat häufig auf, hatte zu allen Themen etwas zu sagen. Bald kannte ihn das ganze Volk.
Wie so oft in der Geschichte ging es auch hier nicht ohne Zufall. Um einen politischen Höhenflug zu schaffen, muss einer auch zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Nach dem Zerfall der Sowjetunion wurde der Oberste Sowjet zum Parlament des unabhängigen Belarus, und Lukaschenko wurde zum Vorsitzenden einer parlamentarischen Kommission zur Bekämpfung der Korruption gewählt. Diesen Posten wusste er höchst effektiv für sich zu nutzen, nannte sich gar den obersten Korruptionsbekämpfer des Landes. Unter anderem deswegen konnte er bei den Präsidentschaftswahlen 1994 einen triumphalen Sieg einfahren. Lukaschenko war der Inbegriff des „Volkskandidaten“. Seine ganze Erscheinung, seine Kultur, seine Sprache und seine Art zu sprechen, das war dem Volk alles sehr nah und vertraut. Viele Menschen konnten sich mit ihm identifizieren.
Natürlich war er nicht sofort ein Diktator. Anfangs waren seine Reden von Enthusiasmus und dem aufrichtigen Wunsch geprägt, dem Volk zu dienen und das Land so schnell wie möglich aus der Krise zu führen. Er sagte: „Schweißausbrüche bereitet mir nur der Gedanke, die Versprechen nicht einlösen zu können, die ich den Menschen bei den Wahlen gegeben habe.“5 Für den Fall seines Scheiterns zog er sogar einen freiwilligen Rücktritt in Betracht.
Lukaschenko bei seiner Inauguration am 20. Juli 1994 im Obersten Sowjet, noch neben der weiß-rot-weißen Fahne, der damaligen Staatsflagge, die heute verboten ist.
Machthunger und Gewaltenteilung
Bald nach seinem Amtsantritt stieß Lukaschenko auf das, was man Gewaltenteilung nennt. Völlig überraschend für ihn: Es gab ein Parlament und ein Verfassungsgericht, die ebenfalls einen Teil der Macht für sich beanspruchten. Für Lukaschenko war das inakzeptabel. In seiner Vorstellung ist wahre Macht nur absolute Macht. Der neue Präsident wies also ein allgemein anerkanntes Element der Demokratie wie die Gewaltenteilung, die Checks and Balances einer Regierung, entschieden von sich. 1996 verkündete er, das Prinzip der Gewaltenteilung sei „eine Bedrohung für unseren Staat“6 geworden. „Werft dieses Gleichgewicht, diese Balance und Kontrolle aus euren Köpfen!“; „Ich will, dass der Staat ein Monolith ist“7, sagte Lukaschenko.
Ganze zwei Jahre war er damit beschäftigt, andere Zentren der Macht zu beseitigen und zu zerstören. Das geschah unter anderem mithilfe eines gefälschten Referendums über eine neue Verfassung, das Politiker und Juristen einen Staatsstreich nannten. Ende 1996 hatte er ein personalistisches autoritäres Regime installiert, in dem nur eine einzige staatliche Institution tatsächlich Einfluss hat: Alexander Lukaschenko. Wahlen wurden zur Fiktion, die Opposition wurde aus allen staatlichen Einrichtungen geworfen, und der Staat erhielt das Monopol auf alle TV- und Rundfunksender.
Lukaschenkos dominanter Charakterzug, die Kernidee seiner Weltanschauung ist ein grenzenloser Machthunger, der vor nichts haltmacht. Allem Anschein nach ist dieses Streben nach Allmacht der Grund dafür, dass Lukaschenko sich strikt weigert, die Todesstrafe abzuschaffen oder ein Moratorium darüber zu verhängen. Denn das Recht, einen Menschen bis hin zur Tötung zu bestrafen oder auch zu begnadigen, galt schon in alten Zeiten als einer der wichtigsten Faktoren der Macht. Deswegen ist Belarus das einzige Land Europas, in dem die Todesstrafe zur Anwendung kommt.
An Lukaschenkos Äußerungen sieht man, dass für ihn die Frage nach der Macht eine Frage von Leben und Tod ist. Wenn er seinen Opponenten vorwirft, ihn seines Amtes entheben zu wollen, so ist das für ihn dasselbe wie ein Mordanschlag. Der Führer hat keinen Zweifel: Verliert er die Macht, rechnet er mit einem schrecklichen Gericht für sich. Ein Leben ohne Macht kann Lukaschenko sich nicht vorstellen: Es verliert seinen Sinn. Als er 2020 dem ukrainischen Talkmaster Dmytro Gordon ein Interview gab, sagte Lukaschenko auf die Frage, ob er nicht zurücktreten wolle: „Ich kenne ja nur diese Lebensart … Ich kann mir das gar nicht vorstellen. Gut, also schön, ich bin nicht mehr Präsident – und was mach ich dann morgens nach dem Aufstehen?“8 An den kritischen Tagen der Massenproteste 2020 wiederholte Lukaschenko immer wieder, er werde an der Macht bleiben, solange er lebe. Bei einem Auftritt in der Radschlepperfabrik am 17. August 2020 verkündete er: „Solang ihr mich nicht umbringt, wird es keine anderen Wahlen geben.“9
Das Lukaschenko-Regime ist auf dem Gebiet der ehemaligen UdSSR das prosowjetischste. Lukaschenko betont immer wieder, dass seine Vorlage für den Aufbau eines Staats die sowjetische Gesellschaftsordnung sei, und Lenin und Stalin nennt er „Symbole unseres Volkes“10. Als Wappen und Fahne der Republik Belarus bestimmte er die Symbolik der zur Sowjetunion gehörigen BSSR in leicht abgeänderter Form. Die Namen von Straßen und Plätzen sowie die Denkmäler sind seit der Sowjetzeit unverändert geblieben. Belarus ist das einzige postkommunistische Land, in dem der KGB noch immer KGB heißt.
Lukaschenko lehnte von Anfang an die Ideologie des belarussischen ethnokulturellen Nationalismus ab. Mit Hilfe eines Referendums drängte er die belarussische Sprache an den Rand und tauschte die weiß-rot-weiße Flagge und das Wappen in Folge eines weiteren umstrittenen Referendums aus. Die staatliche Propaganda setzt belarussischen Nationalismus mit Nazismus gleich. Und das nicht nur, weil Lukaschenko Moskau nicht reizen will, dem jeglicher Nationalismus in seinen Nachbarländern ein Dorn im Auge ist. Lukaschenkos traditionelle Wählerschaft ist russischsprachig, für sie existiert ohnehin keine belarussische Identität. Sein wichtigster politischer Gegner war lange die Partei BNF mit ihren nationalistischen Losungen.
Der Hauptgrund für Lukaschenkos Aversion gegen Nationalismus ist aber, dass man damit eine Gesellschaft mobilisieren kann. Er formt eine Zivilgesellschaft, fördert horizontale Verbindungen, stimuliert die Solidarität. Lukaschenko aber braucht eine atomisierte Bevölkerung, die nur durch staatliche Institutionen zusammengehalten wird. Er braucht keine Gesellschaft als selbständiges Subjekt, das Verantwortung für das Schicksal ihres Landes übernimmt.
Insgesamt kann man wohl sagen, dass dieses System keine greifbare Ideologie zu bieten hat. Die Narrative der Propaganda sind eklektisch, da mischen sich Elemente der sowjetischen Vergangenheit mit Ideologemen von Russki Mir, mit der Ablehnung von Liberalismus und westlichen Werten und so weiter. In gewissem Sinne ist dieser Mangel an Ideologie dem Regime sogar zuträglich, denn so kann es seine politische Linie je nach Konjunktur verändern. In Belarus gibt es keine Regierungspartei, die eine faktische Macht ausübt. Denn Lukaschenko hatte immer die Sorge, sie könnte eine von ihm unabhängige Elite konsolidieren.
Gründe für die lange Herrschaft
Wie ist es Lukaschenko gelungen, so lange an der Macht zu bleiben? Hier sind mehrere Faktoren zu bedenken. Erstens entsprach das belarussische Gesellschaftsmodell lange Zeit den Bedürfnissen und Vorstellungen, die die Mehrheit der Bevölkerung in Bezug auf Politik hatte. Es basierte auf staatlicher Dominanz in Wirtschaft und Sozialwesen – ein wirksames Instrument zur Kontrolle über die Gesellschaft, zur Umgehung der Gewaltenteilung und zur Herrschaft eines Einzelnen –, auf einer Partnerschaft mit Russland und einem Konflikt mit dem Westen. Der Großteil der Bevölkerung (Staatsbedienstete, Angestellte staatlicher Betriebe, Rentner) war finanziell vom Staat abhängig. Die Hemmung marktwirtschaftlicher Reformen führte zur Konservierung sozialer Strukturen.
Zweitens spielte Lukaschenkos ausgeprägte politische Intuition eine Rolle, sein angeborenes Gespür, mit dem er das richtige Vorgehen oder eine Bedrohung erkennt, sein Charisma und auch sein Populismus, sein Talent, zum Volk in einer für sie verständlichen Sprache zu sprechen. Dem politischen Triumph des Diktators liegt in hohem Maße seine erstaunliche Fähigkeit, ja geradezu Kunstfertigkeit zugrunde, die Menschen zu manipulieren. Er ist ein begabter Schauspieler mit vielen Rollen im Repertoire, ein faszinierender Verwandlungskünstler. Je nachdem, wem er gerade gefallen will, kann er äußerst liebenswürdig sein. Seinen hauseigenen Stil macht aus, dass er bei ein und derselben Gelegenheit, oft sogar im selben Satz, widersprüchliche, manchmal sogar einander ausschließende Thesen formuliert. Und jeder Zuhörende hört das heraus, was ihm lieber ist, was ihm besser gefällt.
Drittens hat Lukaschenko alle Mechanismen zum Machtwechsel komplett ausgeschaltet. Die Wahlen sind zum reinen Dekor geworden, sie beeinflussen nichts, und ihr Ergebnis ist im Voraus bekannt. Auf legalem Weg kann es in Belarus keinen Machtwechsel mehr geben. Und zu einer Revolution war die belarussische Gesellschaft vor 2020 nicht bereit. Außerdem hat Lukaschenko jede politische Konkurrenz in den Machtorganen verunmöglicht. Sobald irgendein Beamter an politischer Bedeutung gewann, wurde er seines Amtes enthoben.
Lukaschenkos politische Stütze ist der Staatsapparat. Während der akuten politischen Krise im Jahr 2020 kam es nicht zu einer Spaltung der Eliten, was eine wichtige Bedingung für den Sieg der Revolution gewesen wäre. Und zwar deswegen, weil es in Belarus keine einzige staatliche Institution gibt, die vom Volk gewählt wird, dem Volk Rechenschaft schuldet, vom Volk kontrolliert wird.
Und natürlich verlässt sich Lukaschenko auf seine Silowiki. Daraus macht er auch keinen Hehl: „Die Vertikale ist stabil. Sie stützt sich auf den KGB und das MWD“11. „Der KGB ist die Basis für eine starke Präsidialmacht.“12
Viertens kann das wirtschaftlich ineffiziente belarussische Gesellschaftsmodell nur dank der Unterstützung aus Russland überleben. In manchen Jahren betrug die russische Wirtschaftshilfe rund 15 bis 20 Prozent des belarussischen BIP.
Der Ego-Kult
Lukaschenko hat ein Selbstbild, als verfügte er über übernatürliche Fähigkeiten. Er suhlt sich in Größenwahn und Überlegenheitsgefühl. Immer wieder erzählt er bei öffentlichen Auftritten Geschichten davon, wie jahrelang bettlägerige Kranke dank ihm, dem Führer, wieder gesund wurden. So erzählt er über Boris Jelzin, den ehemaligen Präsidenten Russlands: „In Jelzins Umfeld hieß es immer: Boris Nikolajewitsch fehlt irgendwie der Elan, wir sollten wieder mal den belarussischen Präsidenten einladen. Der verleiht dem russischen Präsidenten dann wieder für drei, vier Monate Flügel. Es hieß, Jelzin würde von mir eine ordentliche Ladung Energie bekommen.“13 Lukaschenko begann von sich zu sprechen wie von einem Heiligen: „Ich bin makellos“14; „Ich bin der (seelen)reinste Präsident der Welt!“15
Die bizarrsten Formen nimmt Lukaschenkos Drang zum Größenwahn an, wenn er an Sportwettkämpfen und Eishockeyspielen teilnimmt und immer den Sieg davonträgt. Sein Kindheitstraum, Sportstar zu werden, ein Idol für Tausende Fans, die ihn von den Tribünen herunter bejubeln, wird nun auf groteske Weise wahr. Dank der staatlichen Behörden sind diese Wettkämpfe Ereignisse von nationaler Bedeutung. Es werden Unsummen ausgegeben, um berühmte Sportler einzuladen. Und um den Präsidenten mit vollbesetzten Tribünen zu erfreuen, werden Schüler und Studenten vom Unterricht befreit und reihenweise unter Aufsicht ihrer Lehrer ins Stadion oder in die Eishalle gekarrt. Die ganze Führungsriege des Landes wohnt solchen Events bei. Und die staatlichen Medien berichten darüber mit einer Ernsthaftigkeit, als ginge es um wichtige politische Nachrichten.
Lukaschenkos Hang zum Populismus und der Wunsch, seiner anspruchslosen Wählerschaft zu gefallen, führen dazu, dass er nie ein Blatt vor den Mund nimmt und Sachen sagt, die so gar nicht zu einem Staatsoberhaupt passen. Sein politischer Stil lässt sich nicht ins Konzept von Political Correctness zwängen.
Zu Beginn seiner Präsidentschaft wurde Lukaschenko tatsächlich von der Mehrheit der Bevölkerung unterstützt. Doch während seiner 30-jährigen Amtszeit ist eine neue Generation herangewachsen. Die Massenproteste 2020 zeigten, dass das archaische sozioökonomische und politische System sowie die autoritären Regierungsmethoden bei den meisten Leuten Abscheu erregen. In Belarus haben wir heute auf der einen Seite eine immer moderner werdende Gesellschaft, die auf Veränderungen abzielt und sich vom staatlichen Paternalismus befreien will, und auf der anderen Seite die Staatsmacht, die am Status quo festhält. Die Gesellschaft wächst über den Staat hinaus, in dessen Rahmen es ihr zu eng geworden ist. Doch Lukaschenko merkt nicht einmal, dass er und sein Land in unterschiedlichen historischen Epochen leben.
Und auch hier ist passiert, was praktisch allen Diktatoren passiert, die zu lange an der Macht sind: Die Staatsmacht hat den Draht zur Gesellschaft verloren. Im Laufe dieser 30 Jahre hat Lukaschenko es nicht geschafft, mit seinem Volk und dessen Problemen wirklich in Berührung zu kommen. Begegnungen mit der Bevölkerung werden gründlich vorbereitet und durchinszeniert, die Teilnehmer sorgfältig ausgewählt. So verliert selbst ein talentierter Politiker das Gefühl für das Volk. Seine Wahrnehmung der Welt wird inadäquat. Und dann sind ihm in Krisenzeiten, sei es aufgrund der Covid-Pandemie oder im Wahlkampf für die Präsidentschaftswahlen, ein Fehler nach dem anderen unterlaufen. In jenem denkwürdigen Jahr 2020 traf er die schlechtesten aller möglichen Entscheidungen. Zum Beispiel ließ er alle Präsidentschaftsanwärter, die ihm gefährlich werden konnten, verhaften, die vermeintlich „schwache“ Swetlana Tichanowskaja jedoch kandidieren, in der festen Überzeugung, es würde sowieso keiner eine Frau wählen, schon gar nicht eine Hausfrau. Der Protest wurde mit roher Gewalt niedergeschlagen. Lukaschenko erlitt selbst wohl ein psychisches Trauma: Zerstört war sein Image als „Volkspräsident“, das er jahrzehntelang so gepflegt hatte. Dabei hatte er ernsthaft an seine Mission geglaubt, das Volk zu vertreten. „Ich glaube, dass nichts und niemand in der Lage ist, einen Keil zwischen den Präsidenten und das Volk zu treiben, das ihn gewählt hat“16, sagte er mal zu Beginn einer neuen Amtszeit.
Wahrscheinlich dachte er, sein Volk hätte sich von ihm abgewandt. Hatte er doch in den letzten Jahrzehnten immer wieder seine enge Beziehung zum belarussischen Volk betont. Als die Proteste gegen ihn begannen, hatte Lukaschenko ein paar Wochen lang Angst, im Auto durchs Land zu fahren, und flog mit dem Hubschrauber. Als sich seiner Residenz eine Menschenmenge näherte, zog er sich eine kugelsichere Weste an, nahm ein Maschinengewehr, stieg mit Sohn Kolja in einen Hubschrauber und flog von dannen. Die Bilder des flüchtenden Präsidenten sah ganz Belarus.
Die erlittene seelische Verletzung drängte auf Revanche. Diese entlud sich in politischem Terror. In Belarus gibt es heute rund eineinhalb tausend politische Gefangene. Es gibt Folter. Im ganzen Land gibt es weiterhin Razzien, Verhaftungen und Strafverfahren. Die Menschen werden nicht wegen oppositioneller Tätigkeiten festgenommen, sondern weil sie eine andere Meinung haben und entsprechende Kommentare oder auch nur Likes in sozialen Netzwerken hinterlassen. Viele Oppositionelle werden zu Haftstrafen von über zehn Jahren verurteilt, wie es unter Stalin üblich war. Lukaschenko gibt offen zu, dass auf seinen Befehl hin Verwandte von Oppositionellen oder politischen Häftlingen verfolgt werden. Die Evolution eines autoritären hin zu einem totalitären System läuft. Um an der Macht zu bleiben, unterstützt Lukaschenko in vollem Umfang Russland im Krieg gegen die Ukraine und macht Belarus damit zum Beteiligten der Aggression. Für die Präsidentschaftswahlen 2025 hat Lukaschenko seine abermalige Kandidatur bereits angekündigt.
Im Sommer 2020 protestierten die Belarussen für Neuwahlen und für ihre Grundrechte – friedlich, kreativ und äußerst wandlungsfähig. Wir lassen die Vielfalt und Höhepunkte der Protestkultur in diesem visuellen Rückblick Revue passieren.
Die belarussischen Machthaber haben mittlerweile alle Oppositionsparteien verboten. Darunter auch die Belarussische Volksfront (BNF), eine der ältesten Parteien des Landes, die für die Geschichte des Landes eine wichtige Rolle gespielt hat. Das belarussische Medium Zerkalo hat die Geschichte der Bewegung und Partei aufgeschrieben.
Verleiht Alexander Lukaschenko seinem autoritären System immer mehr ein sowjetisches und totalitäres Antlitz? Darauf deutet vor allem die Radikalisierung des Machtapparats seit 2020 hin. Igor Lenkewitsch analysiert die machtstrukturelle Verpuppung.
Die Repressionen in Belarus werden immer wieder mit denen unter Putin in Russland verglichen. Artyom Shraibman erklärt detailliert, mit welchen Mitteln das System Lukaschenko gegen Opposition, Medien und Zivilgesellschaft vorgeht und was der russischen Gesellschaft noch bevorstehen könnte.
Ist der belarussische Protest tot? Hat Alexander Lukaschenko immer noch Angst vor Protesten? Welchen Einfluss hat die neue Diaspora? Waleri Karbalewitsch beleuchtete im August die aktuelle Lage zwei Jahre nach dem Beginn der historischen Proteste in Belarus – seine Analyse ist 2022 einer der meistgelesenen Texte im Belarus-dekoder (Platz 3).
Im Krieg gegen die Ukraine steht der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko an der Seite des russischen Präsidenten Putin. Doch bislang sind keine seiner Truppen beteiligt. Warum hilft er Putin? Was hat er zu gewinnen, was zu verlieren? Und was bedeutet das für seinen eigenen Machterhalt?
Nach 600 Tagen gab es das erste Lebenszeichen von Maria Kolesnikowa. Ihr Vater durfte sie besuchen. Sie war eines der Gesichter der Proteste in Belarus im Jahr 2020, sie wurde verschleppt, festgenommen und schließlich zu elf Jahren Haft verurteilt. Wer ist diese scheinbar unerschrockene Frau, und wie wurde sie zur Oppositionspolitikerin? Zerkalo zeichnet ihren Lebensweg nach.
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