Alexander Lukaschenko behauptet seit Beginn des russischen Angriffskrieges immer wieder, dass die Ukraine und auch die NATO einen Angriff auf Belarus planen würden. Genau dies hat der belarussische Machthaber nun auch vordergründig angeführt, um die Aufstellung einer gemeinsamen regionalen Truppe mit Russland auf den Weg zu bringen. Mittlerweile sollen bereits rund 9000 russische Soldaten in Belarus angekommen sein. Die neu geschaffene Einheit soll an der Grenze zur Ukraine stationiert werden. Zudem laufen Vorbereitungen, den Zivilschutz zu bewaffnen und Bunkeranlagen im ganzen Land auszurüsten. Auch gibt es immer wieder Hinweise, dass Lukaschenko doch planen könnte, seine Armee aufzustocken. In den vergangenen Wochen hat die Staatsführung auch immer wieder Treffen mit seinen Sicherheitsbehörden abgehalten. Trotz dieser Drohgebärden hat Lukaschenko immer wieder dementiert, in den Krieg gegen die Ukraine mit eigenen Truppen aktiv eingreifen zu wollen. Könnten diese Entwicklungen jedoch ein Hinweis darauf sein, dass Putin und seine Armee den Druck auf den widerwilligen Nachbarn erhöht haben, um ihn doch zum Eingreifen zu zwingen? In jedem Fall sind dies alles auch Zeichen dafür, dass Lukaschenkos Macht durch den Kreml offensichtlich untergraben und damit ausgehöhlt wird.
Wie souverän kann der belarussische Machthaber überhaupt noch agieren? Ist er mittlerweile ein Getriebener der Umstände, in die er sich vor allem seit 2020 selbst manövriert hat? Was bedeutet dies für die Unabhängigkeit von Belarus? Mit diesen und anderen Fragen beschäftigt sich der belarussische Politanalyst Waleri Karbalewitsch in seinem Beitrag für das Online-MediumSN Plus. Dies tut er vor dem Hintergrund der Bekanntgabe des Friedensnobelpreises, der unter anderem an den belarussischen Menschenrechtler Ales Bjaljazki geht – dem als Häftling Lukaschenkos eine besondere Rolle im Spiel um die Macht zufallen könnte.
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Beinahe unbemerkt ging das in diesem Jahr achte Treffen von Lukaschenko und Putin über die Bühne. Diesmal in Sankt Petersburg, am Rande eines informellen GUS-Gipfeltreffens, das zeitlich mit Putins 70. Geburtstag abgestimmt worden war. Die eher ephemere GUS hat als Organisation ihre Bedeutung längst eingebüßt. Und um die Oberhäupter der postsowjetischen Staaten zu versammeln, muss Moskau erfinderisch werden. So werden die Präsidenten der GUS-Länder zu Feierlichkeiten eingeladen, etwa zum Tag des Sieges. Und die werden dann zu informellen Gipfeltreffen erklärt. Jetzt haben sie sich also ausgedacht, Putins runden Geburtstag als Anlass zu nehmen. Womit eine Absage wie eine demonstrative Respektlosigkeit gegenüber dem russischen Präsidenten aussieht. (Diesmal sind übrigens die Präsidenten von Kirgistan und Moldau nicht angereist.)
Die Gespräche zwischen Lukaschenko und Putin dauerten rund eine Stunde. Vermutlich war es eine Fortsetzung ihrer kürzlich nicht zu Ende gebrachten Diskussion in Sotschi. Inzwischen ist etwas für die belarussisch-russischen Beziehungen sehr Wichtiges passiert: Moskau hat Belarus für seine Verluste durch das russische Steuermanöver eine Kompensation in Form einer „Rückerstattungsakzise“ für belarussische Raffinerien zugesagt.
Im Gegenzug stimmte Minsk einer Vereinheitlichung der Steuergesetze mit Russland zu, wogegen sich die belarussische Führung jahrelang gewehrt hatte. Aus einer Reihe von Gründen: Erstens bedeuten jegliche Veränderungen im Steuersystem eine Erschütterung wirtschaftlicher Subjekte und der Wirtschaft insgesamt. Zweitens ist anzunehmen, dass die Steuergesetze nach russischem Vorbild vereinheitlicht werden. Dass Russland seine Steuern an die belarussischen Bestimmungen anpasst, ist schwer vorstellbar. All das bedeutet, dass Belarus der Möglichkeit beraubt wird, selbständig seine eigenen Steuern für die steigenden Preise und Akzisen zu erheben. Steuerpolitik ist ein wichtiger Bestandteil der wirtschaftlichen Souveränität eines jeden Staates. Zugunsten Russlands gibt Belarus diese jetzt auf. Außerdem wird ein supranationaler Ausschuss für Steuerangelegenheiten eingerichtet, der diesen ganzen Prozess beobachten und kontrollieren soll. Wodurch Russland auf die gesamte Steuerdatenbank von Belarus, auf alle belarussischen Steuerzahler, Zugriff erhält. Der Preis dafür sind 500 Millionen US-Dollar pro Jahr, die Belarus von Russland als Kompensation für das Steuermanöver erhält. Für den Verzicht auf einen bedeutenden Teil der wirtschaftlichen Souveränität ist das nicht viel.
Vor einem Jahr, als von den Bündnispartnern 28 Programme der wirtschaftlichen Integration beschlossen wurden, wurde ihr Inhalt von Experten diskutiert. Viele waren der Meinung, sie seien nichts als leere Deklarationen. Möglicherweise wäre es dabei auch geblieben, wäre es nicht zum Krieg und einer verschärften internationalen Isolierung von Belarus gekommen. Jetzt aber, angesichts dieser Verflechtungen, opfert Lukaschenkos Regime im Kampf ums Überleben Stück für Stück immer mehr Teile seiner staatlichen Souveränität.
Der Kampf um die Preise
Am 6. Oktober hielt Lukaschenko eine Sitzung zum Thema Preispolitik und Inflation ab. Am selben Tag unterschrieb er die Direktive Nr. 10 „Über die Unzulässigkeit von Preiserhöhungen“, in der festgelegt ist, dass Personen, die die Forderungen dieses Dokuments missachten, zur Verantwortung zu ziehen sind bis hin zur strafrechtlichen Verfolgung.
Das Thema Preise ist in Belarus seit Lukaschenkos Amtsantritt aktuell. Seine gesamte Regierungszeit hindurch kämpft er gegen die Preissteigerungen. Doch mit sehr kümmerlichen Ergebnissen. Die Inflationsrate in Belarus war in den letzten 30 Jahren eine der weltweit höchsten. Dass diese Direktive in wirtschaftlicher Hinsicht sinnlos ist, ist klar. Längst ist bewiesen, dass der Kampf gegen die Preiserhöhungen mit administrativen Methoden nicht effektiv ist. Weil er mehr Schaden als Nutzen bringt und zur Warenverknappung und Zerstörung der Unternehmensstrukturen führen kann. Zudem ist die Inflation heute ein globales Problem – eine Folge der Covid-Pandemie und der wachsenden Preise für Energie und Lebensmittel aufgrund des russischen Kriegs gegen die Ukraine.
Zweifellos ist der Erlass dieser Direktive ein politischer Akt. Den Lukaschenko schon oft unternommen hat: Es ist ein Versuch, zum Wirtschaftspopulismus zurückzukehren. Doch in den letzten Jahren ist im Land zu viel passiert, als dass er mit so primitiven Tricks sein Image aufbessern könnte. Man sollte hier aber auch beachten, wie konsequent Lukaschenko auf eine Mobilmachungsökonomie setzt. Es herrscht ein Kampf gegen das Unternehmertum, die Arbeitsbedingungen für Gewerbetreibende und für Anbieter im Agrotourismus werden immer schlechter. Lukaschenko ordnete die Mobilisierung von Studenten und Schülern für die landwirtschaftliche Arbeit an, verlangte ein Verbot der freien Wohnsitzwahl innerhalb des Landes für Verwaltungsbeamte und Fachkräfte. Denn das Jahr 2020 hat gezeigt, dass die Marktwirtschaft eine sozialpolitische Schicht hervorbringt, die für den Fortbestand der Diktatur eine echte Bedrohung darstellt.
Der zweite belarussische Nobelpreis
Vor zehn Jahren noch hätten die Belarussen nicht einmal davon träumen können. Aber heute haben sie den zweiten Nobelpreisträger innerhalb von sieben Jahren. Der prominente Menschenrechtler Ales Bjaljazki wurde mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Gewissermaßen erfährt die Welt dank des Nobelpreises von Belarus.
Der Sprecher des belarussischen Außenministeriums, Anatoli Glas, ließ sogleich verlauten, dass der Friedensnobelpreis politisiert worden sei. Ein seltsamer Vorwurf. Denn von allen Nobelpreisen ist er der einzige, mit deutlich politischem Subtext. Wie soll man schließlich außerhalb des politischen Raums für Frieden kämpfen? Krieg und Frieden sind die zentralen politischen Herausforderungen der Gegenwart. Daher kann ein Friedenspreis per se nicht unpolitisch sein.
Der Krieg in der Ukraine spielte in diesem Jahr eine wichtige Rolle bei der Nominierung, wie auch die Vorsitzende des Nobelkomitees, Berit Reiss-Andersen, bestätigte. Den Friedenspreis zu vergeben und dabei diesen großen Krieg in Europa seit 1945 zu ignorieren, der die ganze Welt erschüttert, wäre unlogisch. Die Preisträger mussten irgendwie damit zu tun haben. Andererseits: Während dieses erbarmungslosen Krieges Kandidaten für einen Friedensnobelpreis zu finden, ist nicht gerade einfach.
Das Nobelkomitee entschied sich gegen eine Auszeichnung von Politikern, obwohl unter den Nominierten auch Wolodymyr Selensky, Alexej Nawalny und Swetlana Tichanowskaja waren. Die Lösung war, den Preis an Menschenrechtler bzw. Menschenrechtsorganisationen der drei am Krieg beteiligten Länder zu vergeben – was in der Ukraine für Unmut sorgte: Warum werden Vertreter der angreifenden Länder genauso ausgezeichnet wie jene, die die Opfer der Aggressionen repräsentieren?
Während in Russland und der Ukraine Organisationen geehrt wurden (Memorial und Center for Civil Liberties), fiel die Wahl in Belarus auf eine konkrete Person: Ales Bjaljazki. Obwohl man auch da das Menschenrechtszentrum Wjasna hätte auswählen können, dessen Leiter der belarussische Preisträger ist. Vermutlich wurde diese Entscheidung von mehreren Faktoren beeinflusst: Vor allem ist daran zu erinnern, dass Ales Bjaljazki schon fünf Mal für den Friedensnobelpreis nominiert war. Das heißt, er hatte diesbezüglich eine lange Geschichte. Der zweite wichtige Faktor war, dass Bjaljazki derzeit zusammen mit seinen Wjasna-Anhängern hinter Gittern sitzt. Noch dazu bereits zum zweiten Mal. Jetzt „winkt“ ihm eine saftige Lagerhaft (die Verhandlung liegt noch vor ihm). Er ist als politischer Häftling und Gewissensgefangener anerkannt.
Zudem sei darauf verwiesen, dass dieser Nobelpreis für Belarus ein Nachhall des Kataklysmus von 2020 ist. Die damaligen Proteste waren eine Zeitlang das größte Medienereignis weltweit. Daher kann man es auch so sehen, dass diese Auszeichnung jene Zehn- und Hunderttausende Belarussen erkämpft haben, die vor zwei Jahren monatelang auf die Straße gingen. Der Preis für Bjaljazki, der hinter Gittern sitzt, sollte die internationale Aufmerksamkeit auf die über tausend politischen Häftlinge in Belarus lenken.
Was die Reaktion der Regierungen betrifft: Viele meinten, das Nobelkomitee bringe mit dieser Auswahl das belarussische Regime in eine schwierige Situation. Nach dem Motto: Es sei ihm unangenehm, dass sich ein Nobelpreisträger in Haft befindet. Aber auch eine Entlassung wäre peinlich, denn das würde ja aussehen, als ließe Lukaschenko sich von der internationalen Gemeinschaft moralisch unter Druck setzen. Vielleicht stimmt das ja. Vielleicht ist aber auch alles viel einfacher.
Denn Lukaschenko hat plötzlich einen sehr wichtigen politischen Gefangenen. Den kann er als teure Ware einsetzen und vom Westen ein stattliches Lösegeld verlangen.
Nasha Niva stellt den belarussischen Friedensnobelpreisträger vor. Der Gründer der Menschenrechtsorganisation Wjasna hat sich schon früh für Freiheit und Menschenrechte eingesetzt. Im März 2023 wurde er zu zehn Jahren Haft verurteilt. (Archiv-Text)
Der Friedensnobelpreis 2022 geht an den Menschenrechtler Ales Bjaljazki aus Belarus, das ukrainische Center for Civil Liberties und an Memorial. Manuela Putz über die russische Menschenrechtsorganisation, die sich seit der Perestroika für die historische Aufarbeitung politischer Repressionen einsetzt.
Im Krieg gegen die Ukraine steht der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko an der Seite des russischen Präsidenten Putin. Doch bislang sind keine seiner Truppen beteiligt. Warum hilft er Putin? Was hat er zu gewinnen, was zu verlieren? Und was bedeutet das für seinen eigenen Machterhalt?
Seit dem 24. Februar 2022 führt Russland einen offenen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Wie rechtfertigt Putin diesen Krieg? Wie leistet die Ukraine Widerstand? Und wo liegen die Chancen der Diplomatie? Dazu schreiben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in unserem FAQ.
Alexander Baunow ist Ex-Diplomat und Ex-Chefredakteur von Carnegie.ru. Er lebt seit dem Angriffskrieg auf die Ukraine im Exil. Im Interview mit Juri Dud spricht er darüber, warum Putin auch außerhalb Russlands teilweise Zuspruch findet. Und beantwortet eine Schlüsselfrage des postsowjetischen Russlands: W tschom sila? Worin liegt die Kraft?
Ein im Jahr 2015 in Russland beschlossenes Gesetz über das sogenannte Steuermanöver trat 2019 in Kraft und wird schrittweise bis 2024 umgesetzt. Damit fallen die Ausfuhrzölle auf Rohöl von 30 auf 0 Prozent. Gleichzeitig steigt in Russland die Steuer auf Erdölförderung, die auch an Abnehmer weitergegeben wird. Da Belarus von dem Ausfuhrzoll befreit ist, die Preissteigerung jedoch in vollem Maße tragen muss, rechnen Experten damit, dass das Steuermanöver große Löcher im belarussischen Haushalt hinterlassen wird. Heute gehören Erdölerzeugnisse zu den wichtigsten Exportprodukten des Landes. Deren Großteil führt Belarus in die Ukraine und in die Baltischen Länder aus.
Im Jahr 2024 feiert Alexander Lukaschenko zwei runde Jubiläen: Seinen 70. Geburtstag und 30 Jahre im Amt. Er wurde 1954 geboren. Über seinen Vater ist nichts bekannt, seine Mutter, Melkerin in einer Kolchose, hat ihn allein aufgezogen. Sie lebten in Armut. Auf die Frage eines Journalisten: „Wie lebten Sie als Kind?“ sagte Lukaschenko, damals bereits Präsident: „Bettelarm war ich!“1 Allem Anschein nach wurde die alleinstehende Mutter von den Dorfleuten gepiesackt. Uneheliche Kinder waren damals gesellschaftlich nicht akzeptiert. Der Publizist Alexander Feduta, nunmehr aus politischen Gründen inhaftiert, beschreibt Lukaschenko folgendermaßen: „Wir haben es mit einem typischen komplexbehafteten Dorfjungen zu tun, vaterlos oder, wie es auf dem belarussischen Land heißt, ein bajstruk.“2
Wie schaffte es dieser Dorfjunge aus dem Osten von Belarus an die Spitze der Macht in seinem Land, die er als Diktator schließlich an sich riss? Wie gelang es Lukaschenko, ein System zu errichten, das die belarussische Gesellschaft bis heute unter Kontrolle hat? Waleri Karbalewitsch, Autor einer Lukaschenko-Biographie, über das autoritäre Machtgefüge in Belarus.
Der Weg zur Macht
Anhand der Bruchstücke, die Lukaschenko über seine ersten Lebensjahre preisgibt, gewinnt man keineswegs den Eindruck einer glücklichen Kindheit, ganz im Gegenteil. Wir sehen Neid auf andere Kinder, die mit mehr Wohlstand gesegnet waren, den Komplex eines zu kurz gekommenen Menschen. „Die 1950er Jahre waren eine schwere Zeit, eine furchtbare Not. Ich weiß noch, was für ein Kampf bei uns im Dorf herrschte. Wer stärker war, überlebte, Familien mit kräftigen Männern und Vätern hatten es leichter. Ich hab meinen Teil wegbekommen …“, sagte Lukaschenko.3
Nach der Wahl zum Präsidenten im Jahr 1994 nahm Lukaschenko seine Frau bekanntlich nicht mit nach Minsk. Nach ein paar Monaten machte ein Witz die Runde, von dem böse Zungen behaupten, er sei die reine Wahrheit: Frau Lukaschenko habe auf die Frage von Nachbarn, warum sie ihm nicht hinterherfahre, geantwortet: „Ach, mein Saschka bleibt doch nie irgendwo länger als zwei Jahre.“
Tatsächlich beeindruckt sein Lebenslauf, bevor er Präsident wurde, durch häufige Arbeitsplatzwechsel. Paradoxerweise ist der einzige Posten, den er jemals länger innehatte, das Präsidentenamt.
Die häufigen Jobwechsel zeugen von Lukaschenkos Unverträglichkeit. Fast überall war seine Tätigkeit von Konflikten begleitet. Seine Frau erinnerte sich: „Wo auch immer er war, immer und überall schlug er sich mit seiner Sturheit und Direktheit die Nase an. Natürlich war das störend. Misserfolge und Kränkungen vertrug er ganz schlecht.“4 Der psychologische Begriff hierfür ist Fehlanpassung, also, die Unfähigkeit, sich an soziale Normen anzupassen, die es in jeder Gesellschaft gibt. Das hinderte ihn daran, Karriere zu machen und im sowjetischen System ein hohes Amt zu ergattern. Er wirkte eher wie ein Außenseiter, ein Loser.
Doch mit Beginn der Perestroika, mit Glasnost und Demokratisierung, waren diese Charakterzüge, die ihm früher so im Weg gestanden hatten (weil sie zu Konflikten mit der Obrigkeit führten), plötzlich von Vorteil. In dieser Zeit des Kampfes gegen die Parteinomenklatur, die sich mit Händen und Füßen gegen Reformen sträubte, erfreuten sich mutige Akteure, die sich entschlossen zeigten, immer größerer Beliebtheit. Und Lukaschenko passte reibungslos ins Bild eines Kämpfers für Gerechtigkeit, eines Siegers über das System. Außerdem entdeckte er sein Talent zum Politiker, der in der Öffentlichkeit steht, vor Publikum spricht, dessen Aufmerksamkeit er bannt. Also stürzte er sich Hals über Kopf in die Politik, eine für ihn ganz neue Sphäre, in der er sich bald zu Hause fühlte. 1990 machte er den Schritt vom Direktor einer Provinz-Sowchose zum Abgeordneten des Obersten Sowjets der BSSR. Die Sitzungen dieses Machtorgans wurden damals live im Fernsehen übertragen. Lukaschenko trat häufig auf, hatte zu allen Themen etwas zu sagen. Bald kannte ihn das ganze Volk.
Wie so oft in der Geschichte ging es auch hier nicht ohne Zufall. Um einen politischen Höhenflug zu schaffen, muss einer auch zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Nach dem Zerfall der Sowjetunion wurde der Oberste Sowjet zum Parlament des unabhängigen Belarus, und Lukaschenko wurde zum Vorsitzenden einer parlamentarischen Kommission zur Bekämpfung der Korruption gewählt. Diesen Posten wusste er höchst effektiv für sich zu nutzen, nannte sich gar den obersten Korruptionsbekämpfer des Landes. Unter anderem deswegen konnte er bei den Präsidentschaftswahlen 1994 einen triumphalen Sieg einfahren. Lukaschenko war der Inbegriff des „Volkskandidaten“. Seine ganze Erscheinung, seine Kultur, seine Sprache und seine Art zu sprechen, das war dem Volk alles sehr nah und vertraut. Viele Menschen konnten sich mit ihm identifizieren.
Natürlich war er nicht sofort ein Diktator. Anfangs waren seine Reden von Enthusiasmus und dem aufrichtigen Wunsch geprägt, dem Volk zu dienen und das Land so schnell wie möglich aus der Krise zu führen. Er sagte: „Schweißausbrüche bereitet mir nur der Gedanke, die Versprechen nicht einlösen zu können, die ich den Menschen bei den Wahlen gegeben habe.“5 Für den Fall seines Scheiterns zog er sogar einen freiwilligen Rücktritt in Betracht.
Lukaschenko bei seiner Inauguration am 20. Juli 1994 im Obersten Sowjet, noch neben der weiß-rot-weißen Fahne, der damaligen Staatsflagge, die heute verboten ist.
Machthunger und Gewaltenteilung
Bald nach seinem Amtsantritt stieß Lukaschenko auf das, was man Gewaltenteilung nennt. Völlig überraschend für ihn: Es gab ein Parlament und ein Verfassungsgericht, die ebenfalls einen Teil der Macht für sich beanspruchten. Für Lukaschenko war das inakzeptabel. In seiner Vorstellung ist wahre Macht nur absolute Macht. Der neue Präsident wies also ein allgemein anerkanntes Element der Demokratie wie die Gewaltenteilung, die Checks and Balances einer Regierung, entschieden von sich. 1996 verkündete er, das Prinzip der Gewaltenteilung sei „eine Bedrohung für unseren Staat“6 geworden. „Werft dieses Gleichgewicht, diese Balance und Kontrolle aus euren Köpfen!“; „Ich will, dass der Staat ein Monolith ist“7, sagte Lukaschenko.
Ganze zwei Jahre war er damit beschäftigt, andere Zentren der Macht zu beseitigen und zu zerstören. Das geschah unter anderem mithilfe eines gefälschten Referendums über eine neue Verfassung, das Politiker und Juristen einen Staatsstreich nannten. Ende 1996 hatte er ein personalistisches autoritäres Regime installiert, in dem nur eine einzige staatliche Institution tatsächlich Einfluss hat: Alexander Lukaschenko. Wahlen wurden zur Fiktion, die Opposition wurde aus allen staatlichen Einrichtungen geworfen, und der Staat erhielt das Monopol auf alle TV- und Rundfunksender.
Lukaschenkos dominanter Charakterzug, die Kernidee seiner Weltanschauung ist ein grenzenloser Machthunger, der vor nichts haltmacht. Allem Anschein nach ist dieses Streben nach Allmacht der Grund dafür, dass Lukaschenko sich strikt weigert, die Todesstrafe abzuschaffen oder ein Moratorium darüber zu verhängen. Denn das Recht, einen Menschen bis hin zur Tötung zu bestrafen oder auch zu begnadigen, galt schon in alten Zeiten als einer der wichtigsten Faktoren der Macht. Deswegen ist Belarus das einzige Land Europas, in dem die Todesstrafe zur Anwendung kommt.
An Lukaschenkos Äußerungen sieht man, dass für ihn die Frage nach der Macht eine Frage von Leben und Tod ist. Wenn er seinen Opponenten vorwirft, ihn seines Amtes entheben zu wollen, so ist das für ihn dasselbe wie ein Mordanschlag. Der Führer hat keinen Zweifel: Verliert er die Macht, rechnet er mit einem schrecklichen Gericht für sich. Ein Leben ohne Macht kann Lukaschenko sich nicht vorstellen: Es verliert seinen Sinn. Als er 2020 dem ukrainischen Talkmaster Dmytro Gordon ein Interview gab, sagte Lukaschenko auf die Frage, ob er nicht zurücktreten wolle: „Ich kenne ja nur diese Lebensart … Ich kann mir das gar nicht vorstellen. Gut, also schön, ich bin nicht mehr Präsident – und was mach ich dann morgens nach dem Aufstehen?“8 An den kritischen Tagen der Massenproteste 2020 wiederholte Lukaschenko immer wieder, er werde an der Macht bleiben, solange er lebe. Bei einem Auftritt in der Radschlepperfabrik am 17. August 2020 verkündete er: „Solang ihr mich nicht umbringt, wird es keine anderen Wahlen geben.“9
Das Lukaschenko-Regime ist auf dem Gebiet der ehemaligen UdSSR das prosowjetischste. Lukaschenko betont immer wieder, dass seine Vorlage für den Aufbau eines Staats die sowjetische Gesellschaftsordnung sei, und Lenin und Stalin nennt er „Symbole unseres Volkes“10. Als Wappen und Fahne der Republik Belarus bestimmte er die Symbolik der zur Sowjetunion gehörigen BSSR in leicht abgeänderter Form. Die Namen von Straßen und Plätzen sowie die Denkmäler sind seit der Sowjetzeit unverändert geblieben. Belarus ist das einzige postkommunistische Land, in dem der KGB noch immer KGB heißt.
Lukaschenko lehnte von Anfang an die Ideologie des belarussischen ethnokulturellen Nationalismus ab. Mit Hilfe eines Referendums drängte er die belarussische Sprache an den Rand und tauschte die weiß-rot-weiße Flagge und das Wappen in Folge eines weiteren umstrittenen Referendums aus. Die staatliche Propaganda setzt belarussischen Nationalismus mit Nazismus gleich. Und das nicht nur, weil Lukaschenko Moskau nicht reizen will, dem jeglicher Nationalismus in seinen Nachbarländern ein Dorn im Auge ist. Lukaschenkos traditionelle Wählerschaft ist russischsprachig, für sie existiert ohnehin keine belarussische Identität. Sein wichtigster politischer Gegner war lange die Partei BNF mit ihren nationalistischen Losungen.
Der Hauptgrund für Lukaschenkos Aversion gegen Nationalismus ist aber, dass man damit eine Gesellschaft mobilisieren kann. Er formt eine Zivilgesellschaft, fördert horizontale Verbindungen, stimuliert die Solidarität. Lukaschenko aber braucht eine atomisierte Bevölkerung, die nur durch staatliche Institutionen zusammengehalten wird. Er braucht keine Gesellschaft als selbständiges Subjekt, das Verantwortung für das Schicksal ihres Landes übernimmt.
Insgesamt kann man wohl sagen, dass dieses System keine greifbare Ideologie zu bieten hat. Die Narrative der Propaganda sind eklektisch, da mischen sich Elemente der sowjetischen Vergangenheit mit Ideologemen von Russki Mir, mit der Ablehnung von Liberalismus und westlichen Werten und so weiter. In gewissem Sinne ist dieser Mangel an Ideologie dem Regime sogar zuträglich, denn so kann es seine politische Linie je nach Konjunktur verändern. In Belarus gibt es keine Regierungspartei, die eine faktische Macht ausübt. Denn Lukaschenko hatte immer die Sorge, sie könnte eine von ihm unabhängige Elite konsolidieren.
Gründe für die lange Herrschaft
Wie ist es Lukaschenko gelungen, so lange an der Macht zu bleiben? Hier sind mehrere Faktoren zu bedenken. Erstens entsprach das belarussische Gesellschaftsmodell lange Zeit den Bedürfnissen und Vorstellungen, die die Mehrheit der Bevölkerung in Bezug auf Politik hatte. Es basierte auf staatlicher Dominanz in Wirtschaft und Sozialwesen – ein wirksames Instrument zur Kontrolle über die Gesellschaft, zur Umgehung der Gewaltenteilung und zur Herrschaft eines Einzelnen –, auf einer Partnerschaft mit Russland und einem Konflikt mit dem Westen. Der Großteil der Bevölkerung (Staatsbedienstete, Angestellte staatlicher Betriebe, Rentner) war finanziell vom Staat abhängig. Die Hemmung marktwirtschaftlicher Reformen führte zur Konservierung sozialer Strukturen.
Zweitens spielte Lukaschenkos ausgeprägte politische Intuition eine Rolle, sein angeborenes Gespür, mit dem er das richtige Vorgehen oder eine Bedrohung erkennt, sein Charisma und auch sein Populismus, sein Talent, zum Volk in einer für sie verständlichen Sprache zu sprechen. Dem politischen Triumph des Diktators liegt in hohem Maße seine erstaunliche Fähigkeit, ja geradezu Kunstfertigkeit zugrunde, die Menschen zu manipulieren. Er ist ein begabter Schauspieler mit vielen Rollen im Repertoire, ein faszinierender Verwandlungskünstler. Je nachdem, wem er gerade gefallen will, kann er äußerst liebenswürdig sein. Seinen hauseigenen Stil macht aus, dass er bei ein und derselben Gelegenheit, oft sogar im selben Satz, widersprüchliche, manchmal sogar einander ausschließende Thesen formuliert. Und jeder Zuhörende hört das heraus, was ihm lieber ist, was ihm besser gefällt.
Drittens hat Lukaschenko alle Mechanismen zum Machtwechsel komplett ausgeschaltet. Die Wahlen sind zum reinen Dekor geworden, sie beeinflussen nichts, und ihr Ergebnis ist im Voraus bekannt. Auf legalem Weg kann es in Belarus keinen Machtwechsel mehr geben. Und zu einer Revolution war die belarussische Gesellschaft vor 2020 nicht bereit. Außerdem hat Lukaschenko jede politische Konkurrenz in den Machtorganen verunmöglicht. Sobald irgendein Beamter an politischer Bedeutung gewann, wurde er seines Amtes enthoben.
Lukaschenkos politische Stütze ist der Staatsapparat. Während der akuten politischen Krise im Jahr 2020 kam es nicht zu einer Spaltung der Eliten, was eine wichtige Bedingung für den Sieg der Revolution gewesen wäre. Und zwar deswegen, weil es in Belarus keine einzige staatliche Institution gibt, die vom Volk gewählt wird, dem Volk Rechenschaft schuldet, vom Volk kontrolliert wird.
Und natürlich verlässt sich Lukaschenko auf seine Silowiki. Daraus macht er auch keinen Hehl: „Die Vertikale ist stabil. Sie stützt sich auf den KGB und das MWD“11. „Der KGB ist die Basis für eine starke Präsidialmacht.“12
Viertens kann das wirtschaftlich ineffiziente belarussische Gesellschaftsmodell nur dank der Unterstützung aus Russland überleben. In manchen Jahren betrug die russische Wirtschaftshilfe rund 15 bis 20 Prozent des belarussischen BIP.
Der Ego-Kult
Lukaschenko hat ein Selbstbild, als verfügte er über übernatürliche Fähigkeiten. Er suhlt sich in Größenwahn und Überlegenheitsgefühl. Immer wieder erzählt er bei öffentlichen Auftritten Geschichten davon, wie jahrelang bettlägerige Kranke dank ihm, dem Führer, wieder gesund wurden. So erzählt er über Boris Jelzin, den ehemaligen Präsidenten Russlands: „In Jelzins Umfeld hieß es immer: Boris Nikolajewitsch fehlt irgendwie der Elan, wir sollten wieder mal den belarussischen Präsidenten einladen. Der verleiht dem russischen Präsidenten dann wieder für drei, vier Monate Flügel. Es hieß, Jelzin würde von mir eine ordentliche Ladung Energie bekommen.“13 Lukaschenko begann von sich zu sprechen wie von einem Heiligen: „Ich bin makellos“14; „Ich bin der (seelen)reinste Präsident der Welt!“15
Die bizarrsten Formen nimmt Lukaschenkos Drang zum Größenwahn an, wenn er an Sportwettkämpfen und Eishockeyspielen teilnimmt und immer den Sieg davonträgt. Sein Kindheitstraum, Sportstar zu werden, ein Idol für Tausende Fans, die ihn von den Tribünen herunter bejubeln, wird nun auf groteske Weise wahr. Dank der staatlichen Behörden sind diese Wettkämpfe Ereignisse von nationaler Bedeutung. Es werden Unsummen ausgegeben, um berühmte Sportler einzuladen. Und um den Präsidenten mit vollbesetzten Tribünen zu erfreuen, werden Schüler und Studenten vom Unterricht befreit und reihenweise unter Aufsicht ihrer Lehrer ins Stadion oder in die Eishalle gekarrt. Die ganze Führungsriege des Landes wohnt solchen Events bei. Und die staatlichen Medien berichten darüber mit einer Ernsthaftigkeit, als ginge es um wichtige politische Nachrichten.
Lukaschenkos Hang zum Populismus und der Wunsch, seiner anspruchslosen Wählerschaft zu gefallen, führen dazu, dass er nie ein Blatt vor den Mund nimmt und Sachen sagt, die so gar nicht zu einem Staatsoberhaupt passen. Sein politischer Stil lässt sich nicht ins Konzept von Political Correctness zwängen.
Zu Beginn seiner Präsidentschaft wurde Lukaschenko tatsächlich von der Mehrheit der Bevölkerung unterstützt. Doch während seiner 30-jährigen Amtszeit ist eine neue Generation herangewachsen. Die Massenproteste 2020 zeigten, dass das archaische sozioökonomische und politische System sowie die autoritären Regierungsmethoden bei den meisten Leuten Abscheu erregen. In Belarus haben wir heute auf der einen Seite eine immer moderner werdende Gesellschaft, die auf Veränderungen abzielt und sich vom staatlichen Paternalismus befreien will, und auf der anderen Seite die Staatsmacht, die am Status quo festhält. Die Gesellschaft wächst über den Staat hinaus, in dessen Rahmen es ihr zu eng geworden ist. Doch Lukaschenko merkt nicht einmal, dass er und sein Land in unterschiedlichen historischen Epochen leben.
Und auch hier ist passiert, was praktisch allen Diktatoren passiert, die zu lange an der Macht sind: Die Staatsmacht hat den Draht zur Gesellschaft verloren. Im Laufe dieser 30 Jahre hat Lukaschenko es nicht geschafft, mit seinem Volk und dessen Problemen wirklich in Berührung zu kommen. Begegnungen mit der Bevölkerung werden gründlich vorbereitet und durchinszeniert, die Teilnehmer sorgfältig ausgewählt. So verliert selbst ein talentierter Politiker das Gefühl für das Volk. Seine Wahrnehmung der Welt wird inadäquat. Und dann sind ihm in Krisenzeiten, sei es aufgrund der Covid-Pandemie oder im Wahlkampf für die Präsidentschaftswahlen, ein Fehler nach dem anderen unterlaufen. In jenem denkwürdigen Jahr 2020 traf er die schlechtesten aller möglichen Entscheidungen. Zum Beispiel ließ er alle Präsidentschaftsanwärter, die ihm gefährlich werden konnten, verhaften, die vermeintlich „schwache“ Swetlana Tichanowskaja jedoch kandidieren, in der festen Überzeugung, es würde sowieso keiner eine Frau wählen, schon gar nicht eine Hausfrau. Der Protest wurde mit roher Gewalt niedergeschlagen. Lukaschenko erlitt selbst wohl ein psychisches Trauma: Zerstört war sein Image als „Volkspräsident“, das er jahrzehntelang so gepflegt hatte. Dabei hatte er ernsthaft an seine Mission geglaubt, das Volk zu vertreten. „Ich glaube, dass nichts und niemand in der Lage ist, einen Keil zwischen den Präsidenten und das Volk zu treiben, das ihn gewählt hat“16, sagte er mal zu Beginn einer neuen Amtszeit.
Wahrscheinlich dachte er, sein Volk hätte sich von ihm abgewandt. Hatte er doch in den letzten Jahrzehnten immer wieder seine enge Beziehung zum belarussischen Volk betont. Als die Proteste gegen ihn begannen, hatte Lukaschenko ein paar Wochen lang Angst, im Auto durchs Land zu fahren, und flog mit dem Hubschrauber. Als sich seiner Residenz eine Menschenmenge näherte, zog er sich eine kugelsichere Weste an, nahm ein Maschinengewehr, stieg mit Sohn Kolja in einen Hubschrauber und flog von dannen. Die Bilder des flüchtenden Präsidenten sah ganz Belarus.
Die erlittene seelische Verletzung drängte auf Revanche. Diese entlud sich in politischem Terror. In Belarus gibt es heute rund eineinhalb tausend politische Gefangene. Es gibt Folter. Im ganzen Land gibt es weiterhin Razzien, Verhaftungen und Strafverfahren. Die Menschen werden nicht wegen oppositioneller Tätigkeiten festgenommen, sondern weil sie eine andere Meinung haben und entsprechende Kommentare oder auch nur Likes in sozialen Netzwerken hinterlassen. Viele Oppositionelle werden zu Haftstrafen von über zehn Jahren verurteilt, wie es unter Stalin üblich war. Lukaschenko gibt offen zu, dass auf seinen Befehl hin Verwandte von Oppositionellen oder politischen Häftlingen verfolgt werden. Die Evolution eines autoritären hin zu einem totalitären System läuft. Um an der Macht zu bleiben, unterstützt Lukaschenko in vollem Umfang Russland im Krieg gegen die Ukraine und macht Belarus damit zum Beteiligten der Aggression. Für die Präsidentschaftswahlen 2025 hat Lukaschenko seine abermalige Kandidatur bereits angekündigt.
Im Sommer 2020 protestierten die Belarussen für Neuwahlen und für ihre Grundrechte – friedlich, kreativ und äußerst wandlungsfähig. Wir lassen die Vielfalt und Höhepunkte der Protestkultur in diesem visuellen Rückblick Revue passieren.
Die belarussischen Machthaber haben mittlerweile alle Oppositionsparteien verboten. Darunter auch die Belarussische Volksfront (BNF), eine der ältesten Parteien des Landes, die für die Geschichte des Landes eine wichtige Rolle gespielt hat. Das belarussische Medium Zerkalo hat die Geschichte der Bewegung und Partei aufgeschrieben.
Verleiht Alexander Lukaschenko seinem autoritären System immer mehr ein sowjetisches und totalitäres Antlitz? Darauf deutet vor allem die Radikalisierung des Machtapparats seit 2020 hin. Igor Lenkewitsch analysiert die machtstrukturelle Verpuppung.
Die Repressionen in Belarus werden immer wieder mit denen unter Putin in Russland verglichen. Artyom Shraibman erklärt detailliert, mit welchen Mitteln das System Lukaschenko gegen Opposition, Medien und Zivilgesellschaft vorgeht und was der russischen Gesellschaft noch bevorstehen könnte.
Ist der belarussische Protest tot? Hat Alexander Lukaschenko immer noch Angst vor Protesten? Welchen Einfluss hat die neue Diaspora? Waleri Karbalewitsch beleuchtete im August die aktuelle Lage zwei Jahre nach dem Beginn der historischen Proteste in Belarus – seine Analyse ist 2022 einer der meistgelesenen Texte im Belarus-dekoder (Platz 3).
Im Krieg gegen die Ukraine steht der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko an der Seite des russischen Präsidenten Putin. Doch bislang sind keine seiner Truppen beteiligt. Warum hilft er Putin? Was hat er zu gewinnen, was zu verlieren? Und was bedeutet das für seinen eigenen Machterhalt?
Nach 600 Tagen gab es das erste Lebenszeichen von Maria Kolesnikowa. Ihr Vater durfte sie besuchen. Sie war eines der Gesichter der Proteste in Belarus im Jahr 2020, sie wurde verschleppt, festgenommen und schließlich zu elf Jahren Haft verurteilt. Wer ist diese scheinbar unerschrockene Frau, und wie wurde sie zur Oppositionspolitikerin? Zerkalo zeichnet ihren Lebensweg nach.
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