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Am Ende der Fahnenstange?

Am 21. Juni 2021 haben die EU-Außenminister neue Sanktionen beschlossen – und damit das vierte Sanktionspaket seit der Wahlfälschung und dem Beginn der Proteste gegen die belarussische Staatsführung am 9. August 2020. Grund für die neuen Maßnahmen war die erzwungene Landung des Ryanair-Fluges 4978 in Minsk, bei der der Journalist und Blogger Roman Protassewitsch und seine Freundin Sofia Sapega festgenommen wurden.

Der Sanktionsliste, auf der sich bereits 88 Vertreter der belarussischen Machthaber befanden, wurden 78 weitere Personen hinzugefügt. Darunter auch hochrangige Silowiki wie der stellvertretende Innenminister Nikolaj Karpenkow, Verteidigungsminister Viktor Chrenin, der Befehlshaber der Luftwaffe Igor Golub und der Verkehrs- und Kommunikationsminister Alexej Awramenko, aber auch Manager von Staatsunternehmen, Polizisten, Richter, Parlamentsabgeordnete und andere Vertreter des Systems Lukaschenko, die mit einem Einreiseverbot in die EU belegt wurden. Zudem sollen erstmals auch bedeutende Staatsunternehmen und Wirtschaftszweige sanktioniert werden, wie beispielsweise Unternehmen für Finanzdienstleistungen, aus dem Energiebereich oder auch das Unternehmen Belaruskali, einer der weltweit wichtigsten Hersteller von Kalidünger. Parallel verhängten auch die USA neue Sanktionen. 

Scharfe Reaktionen aus Belarus folgten prompt. Alexander Lukaschenko wähnt sich bereits in einem neuen, heißen Krieg. An die Adresse des deutschen Außenministers Heiko Maas sagte er: „Wer sind Sie? Ein reuiger Deutscher oder der Erbe der Nazis?“ Der belarussische Staatschef drohte mit einer harten Reaktion auf die Sanktionen, ohne diese aber konkret auszuführen.

Wie könnte solch eine Reaktion aussehen? Und was bedeuten die Sanktionen für die belarussischen Machthaber? Der Journalist Alexander Klaskowski geht diesen Fragen in einem Analysestück für das Medium Naviny.by nach.

Quelle BelaPAN/Naviny.by

Der Westen betont, dass er mit den aktuellen Maßnahmen das Regime von Alexander Lukaschenko dazu bringen will, die Repressionen zu stoppen, die politischen Gefangenen freizulassen und faire Wahlen abzuhalten. Die Vertreter des Regimes geben jedoch deutlich zu verstehen, dass genau das Gegenteil der Fall sein wird.

Die Erklärung von Außenminister Wladimir Makei im April ist mittlerweile ein Klassiker ihres Genres geworden: 

„Jede weitere Verschärfung der Sanktionen wird zum Ende der Zivilgesellschaft führen.“

Die Regierung untermauert diese rhetorische Drohgebärde durch ihr Vorgehen, indem sie die Zahl der politischen Gefangenen erhöht und die roten Absperrbänder um die protestierenden Teile der Gesellschaft enger zieht – die Oppositionsparteien, die Nichtregierungsorganisationen und die nichtstaatlichen Medien (in diesem Bereich war die Zerschlagung des äußerst populären Internetportals Tut.by ein schockierender Vorgang, 15 Mitarbeiter wurden verhaftet).

Kann man zweimal in denselben Fluss steigen?

In den letzten Wochen begannen über Verwandte der politischen Gefangenen Informationen durchzusickern, dass einigen in den Strafkolonien hartnäckig nahegelegt wird, Gnadengesuche zu stellen. Auch wurden in den Medien Überlegungen laut, dass es eine Amnestie für politische Häftlinge geben könnte. Auch von anderen regierungsfreundlichen Figuren wird diese Frage immer wieder durchgekaut.

Man fühlt sich an das Jahr 2011 erinnert. Seinerzeit hatten sich die Beziehungen zwischen Minsk und dem Westen drastisch verschlechtert, nachdem eine Demonstration auf dem Unabhängigkeitsplatz auseinandergetrieben worden war und dutzende Regimegegner verhaftet wurden; damals wurden ebenfalls Sanktionen verhängt.

Die belarussische Regierung hatte sich in der Defensive gefühlt, die politischen Gefangenen bedrängt, Gnadengesuche zu schreiben, und diejenigen freigelassen, die ein solches Papier unterschrieben. Später wurden sogar auch diejenigen freigelassen, die sich hartnäckig geweigert hatten, um Gnade zu bitten. In der Folge steuerten Minsk und der Westen allmählich auf eine Normalisierung der Beziehungen zu (wozu übrigens auch in erheblichem Maße die russische Aggression gegen die Ukraine 2014 beigetragen hat).

Aber kann man zweimal in denselben Fluss steigen? Heute ist der Konflikt sehr viel schärfer. Die EU und die USA weigern sich, Lukaschenkos Legitimität anzuerkennen. Der wiederum befürchtet, dass ein Ende der Repressionen den protestbereiten Teil der Gesellschaft ermutigen könnte, nach dem Motto: Der Würgegriff des Regimes wird schwächer, der Führer gibt klein bei.

Der Skandal wegen der erzwungenen Landung der Ryanair-Maschine in Minsk und der Festsetzung des Regimegegners Roman Protassewitsch, der sich an Bord befunden hatte, sprühte zusätzlich eine gehörige Menge Kerosin in den lodernden Konflikt. Jetzt neigt man in Brüssel und Washington dazu, das Regime in Belarus auch als Gefahr für die internationale Sicherheit zu betrachten. Wie soll es da einen Dialog geben? Zumal in der Minsker Rhetorik keinerlei Kompromissbereitschaft zu erkennen ist. Der Ton ist weiterhin angriffslustig und drohend. 

Die Regierung ist nicht bereit, einen Rückzieher zu machen

Doch selbst wenn man westliche Politiker als Halunken bezeichnet, ist die belarussische Führung prinzipiell nicht gegen eine Befriedung, weil dieser höllische Zwist, so sehr man auch den Dicken markiert, die wirtschaftlichen Interessen bedroht. Unter die neue Sanktionen fallen jetzt auch Michail Guzerijew, Alexander Saizew, Alexej Olexin, Sergej Teterin und Alexander Schatrow, die als „Lukaschenkos Brieftasche“ gelten.

Minsk möchte sich allerdings lediglich zu den eigenen Bedingungen versöhnen und nichts von demokratischen Ultimaten hören.
„Zum jetzigen Zeitpunkt ist die belarussische Regierung nicht zu einem Rückzieher bereit“, meint Andrej Fjodorow, Experte für internationale Politik.

Er vermutet in einem Kommentar für das Nachrichtenportal Naviny.by, dass die Regierung einen Teil der politischen Häftlinge freilassen könnte, um ein Signal an den Westen zu senden. Der Druck auf die Zivilgesellschaft dürfte aber aufrechterhalten werden. Man werde wohl einige Organisationen schließen, werde aber, „anders als bei Tut.by, ohne Verhaftungen vorgehen“.

Waleri Karbalewitsch, ein Experte des Minsker Thinktanks Strategija, befürchtet, dass nach der Verhängung wirklich harter Sanktionen „von einer Amnestie nicht mehr die Rede sein wird“. Seine Prognose lautet, dass das Regime auf diese Schritte des Westens mit einer Verschärfung der Repressionen antworten wird, insbesondere gegen Medien.

Bezeichnend sei hier die Absicht des Innenministeriums, durchzusetzen, dass sämtliche Inhalte des zerschlagenen Portals Tut.by per Gericht als extremistisch eingestuft werden, erklärt der Experte in einem Kommentar für Naviny.by. Einen derartigen Ansatz könnte die Regierung dann auch auf andere unabhängige Medien ausweiten, meint Karbalewitsch.

Dadurch bliebe den Journalisten nur, „entweder das Land zu verlassen oder ins Gefängnis zu wandern oder den Beruf zu wechseln“.

Mit der Verschärfung der Sanktionen gerät der Westen in ein moralisches Dilemma, da das Regime in Belarus sich kaltblütig und systematisch an jenen rächt, die es für eine Fünfte Kolonne seiner Feinde im Ausland hält.

Wobei laut einiger Experten das Regime aufgrund zu großer Anspannung müde ist und unweigerlich versuchen wird, wenigstens für den Anfang die Spannungen an der Westfront zu reduzieren.

Minsk erhöht den Einsatz 

In nächster Zeit werde ein „Prozess in zwei Richtungen“ zu beobachten sein, meint Igor Tyschkewitsch, Experte am Ukrainski institut buduschtschego (dt. Ukrainisches Zukunftsinstitut) in einem Kommentar für Naviny.by. Einerseits werde der Druck auf die Zivilgesellschaft weitergehen, andererseits sei eine Amnestie für politische Häftlinge zu erwarten – wenn nicht zum Unabhängigkeitstag am 3. Juli, dann vielleicht zum 17. September (an diesem Datum wurde ein neuer Feiertag eingeführt, der „Tag der Einheit des Volkes“).

Nach der Vorstellung des Entwurfs für eine neue Verfassung, die „irgendwann zum September hin“ erfolgen werde, werde die Regierung mit dem Westen „herumhandeln“, lautet Tyschkewitschs Prognose. Er glaubt, dass über diplomatische Kanäle „bereits die ersten Beratungen [in dieser Richtung] laufen“.

Was die Repressionen betrifft, so hat die Regierung „ihre Arbeit im Wesentlichen getan“, jetzt „werden die Reste erledigt“. Heute sorgt einfach jeder Fall von Repression für besonderes Aufsehen, doch habe es im Februar beispielsweise mehr solcher Fälle gegeben, meint der Experte.

Die Fortführung der Repressionen lasse sich unter anderem dadurch erklären, dass Minsk „den russischen diplomatischen Traditionen folgt: Vor dem Beginn wichtiger Verhandlungen wird der Einsatz maximal erhöht“.

Die Opposition soll aus einem Dialog mit dem Westen herausgehalten werden

Tyschkewitsch ist der Ansicht, Minsk werde die westlichen Akteure mit der Aussicht auf Veränderungen im politischen System und auf die Einführung gewisser demokratischer Elemente locken. „Der Westen wird sich auf die eine oder andere Weise auf einen Dialog einlassen. Vielleicht nicht sofort, aber er wird reagieren müssen“, meint er gegenüber Naviny.by. Dem Westen sei klar, dass er „in der heutigen Konfiguration [des politischen Systems] Lukaschenko durch Sanktionen nicht wird stürzen können“.

„Die Blockade“ im Dialog mit der EU und den USA könnte Anfang des kommenden Jahres „gelöst werden“. Dabei werde Minsk „auf seinem eigenen Algorithmus beharren“ – eine etwas demokratischere Verfassung, ein neues Wahlgesetzbuch und dann Wahlen, lautet seine Prognose.

Werden sich die ausländischen Teams von Lukaschenkos Widersachern  in diesen Prozess einschalten können? Tyschkewitsch meint, sie müssten ihren Politikstil und den Kommunikationsansatz ändern, wenn ihre Anführer nicht das gleiche Schicksal ereilen soll, wie Juan Guaidó (der venezolanische Oppositionsführer, der nach einer Reihe politischer Misserfolge von der EU nicht mehr als rechtmäßiges Staatsoberhaupt anerkannt wurde).

Für die ausländischen Teams der Opponenten des Regimes in Belarus sei es wichtig „zu versuchen, auf die Schlüsselfrage zu antworten: Was werdet ihr mit Belarus machen?“

Stand heute gebe es „eine Reihe von Parolen und Erklärungen, dass der Westen uns Geld geben wird. Doch wo sind die Vorschläge für die Vertreter der Agrarwirtschaft, des Maschinenbaus, der Sicherheitsbehörden, der Mitarbeiter im Bildungswesen? Da geht es darum, was man öffentliche Politik nennt. Bislang allerdings arbeiten die Widersacher Lukaschenkos im Modus „revolutionäre Propaganda“. Und hierbei sind sie in starkem Maße ein Spiegel von Alexander Lukaschenko“, meint Tyschkewitsch.

Brisante Mischung mit möglicherweise heftiger Wirkung

Wenn wir von Versuchen sprechen, auf das Regime einzuwirken, müssen wir auch den Faktor Russland berücksichtigen. Die belarussische Führung erklärt, sie werde den Schaden durch die westlichen Sanktionen über eine verstärkte Zusammenarbeit mit Russland und der Eurasischen Wirtschaftsunion ausgleichen.

Moskau hat es offensichtlich nicht eilig, einfach so Geld zu geben und verbilligte Energieträger zu liefern. Es wäre aus Sicht des Kreml dumm, die beklagenswerte Lage des Verbündeten nicht für seine Interessen und eine stärkere Anbindung von Belarus auszunutzen.

Sollte der Kreml – und auch der Westen – starken Druck ausüben und das Regime in Belarus in die Zange nehmen, dann dürfte es den „Weg nach Osten“ wählen. Es würde seine Abhängigkeit von Russland verstärken und Teile seiner Souveränität aufgeben, erläutert der internationale Politikexperte Andrej Fjodorow.

Auch diese wahrscheinliche Wirkung der verschärften Sanktionen stellt für die EU und die USA ein Problem dar. Derzeit sieht es so aus, als würden sie nach dem Prinzip vorgehen: „Tue, was du tun musst, komme, was wolle“.

Die Verfechter von Sanktionen bauen darauf, dass die Sanktionen das Regime niederringen werden, bevor das Land seine Souveränität an Moskau opfert. 

Und wenn man die Variante bedenkt, dass die Volksrevolution in irgendeiner Form das geschwächte Regime besiegt, so bedeutet das ebenfalls ein Risiko: Wenn Moskau plötzlich mit Panzern vorfährt, um – im eigenen Verständnis – rettend die Lage zu klären.

Heute lässt sich nur eines prognostizieren, nämlich dass die Sanktionen einen kumulativen Effekt haben werden. An einem bestimmten Punkt wird sich Quantität in Qualität verwandeln. Die Stabilitätsreserven der belarussischen Wirtschaft sind nicht allzu groß, die Schwachstellen nehmen zu, und der Teufel weiß, wann die Wirtschaft des Landes zusammenbricht.

Gleichzeitig wächst in der Gesellschaft der Grad der Unzufriedenheit, wobei sich zur politischen Unzufriedenheit jetzt auch die wirtschaftliche gesellt – und dies in zunehmendem Maße. Und an einem bestimmten Punkt könnte diese brisante Mischung hochgehen.

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Alexander Lukaschenko

Im Jahr 2024 feiert Alexander Lukaschenko zwei runde Jubiläen: Seinen 70. Geburtstag und 30 Jahre im Amt. Er wurde 1954 geboren. Über seinen Vater ist nichts bekannt, seine Mutter, Melkerin in einer Kolchose, hat ihn allein aufgezogen. Sie lebten in Armut. Auf die Frage eines Journalisten: „Wie lebten Sie als Kind?“ sagte Lukaschenko, damals bereits Präsident: „Bettelarm war ich!“1 Allem Anschein nach wurde die alleinstehende Mutter von den Dorfleuten gepiesackt. Uneheliche Kinder waren damals gesellschaftlich nicht akzeptiert. Der Publizist Alexander Feduta, nunmehr aus politischen Gründen inhaftiert, beschreibt Lukaschenko folgendermaßen: „Wir haben es mit einem typischen komplexbehafteten Dorfjungen zu tun, vaterlos oder, wie es auf dem belarussischen Land heißt, ein bajstruk.“2  

Wie schaffte es dieser Dorfjunge aus dem Osten von Belarus an die Spitze der Macht in seinem Land, die er als Diktator schließlich an sich riss? Wie gelang es Lukaschenko, ein System zu errichten, das die belarussische Gesellschaft bis heute unter Kontrolle hat? Waleri Karbalewitsch, Autor einer Lukaschenko-Biographie, über das autoritäre Machtgefüge in Belarus. 

Der Weg zur Macht 

Anhand der Bruchstücke, die Lukaschenko über seine ersten Lebensjahre preisgibt, gewinnt man keineswegs den Eindruck einer glücklichen Kindheit, ganz im Gegenteil. Wir sehen Neid auf andere Kinder, die mit mehr Wohlstand gesegnet waren, den Komplex eines zu kurz gekommenen Menschen. „Die 1950er Jahre waren eine schwere Zeit, eine furchtbare Not. Ich weiß noch, was für ein Kampf bei uns im Dorf herrschte. Wer stärker war, überlebte, Familien mit kräftigen Männern und Vätern hatten es leichter. Ich hab meinen Teil wegbekommen …“, sagte Lukaschenko.3 
 

„Die junge Generation wählt Alexander Lukaschenko.“ Wahlwerbung zu den Präsidentschaftswahlen im Jahr 1994 / Foto © Archiv/Tut.by 

Nach der Wahl zum Präsidenten im Jahr 1994 nahm Lukaschenko seine Frau bekanntlich nicht mit nach Minsk. Nach ein paar Monaten machte ein Witz die Runde, von dem böse Zungen behaupten, er sei die reine Wahrheit: Frau Lukaschenko habe auf die Frage von Nachbarn, warum sie ihm nicht hinterherfahre, geantwortet: „Ach, mein Saschka bleibt doch nie irgendwo länger als zwei Jahre.“ 

Tatsächlich beeindruckt sein Lebenslauf, bevor er Präsident wurde, durch häufige Arbeitsplatzwechsel. Paradoxerweise ist der einzige Posten, den er jemals länger innehatte, das Präsidentenamt.  

Die häufigen Jobwechsel zeugen von Lukaschenkos Unverträglichkeit. Fast überall war seine Tätigkeit von Konflikten begleitet. Seine Frau erinnerte sich: „Wo auch immer er war, immer und überall schlug er sich mit seiner Sturheit und Direktheit die Nase an. Natürlich war das störend. Misserfolge und Kränkungen vertrug er ganz schlecht.“4 Der psychologische Begriff hierfür ist Fehlanpassung, also, die Unfähigkeit, sich an soziale Normen anzupassen, die es in jeder Gesellschaft gibt. Das hinderte ihn daran, Karriere zu machen und im sowjetischen System ein hohes Amt zu ergattern. Er wirkte eher wie ein Außenseiter, ein Loser.  

Doch mit Beginn der Perestroika, mit Glasnost und Demokratisierung, waren diese Charakterzüge, die ihm früher so im Weg gestanden hatten (weil sie zu Konflikten mit der Obrigkeit führten), plötzlich von Vorteil. In dieser Zeit des Kampfes gegen die Parteinomenklatur, die sich mit Händen und Füßen gegen Reformen sträubte, erfreuten sich mutige Akteure, die sich entschlossen zeigten, immer größerer Beliebtheit. Und Lukaschenko passte reibungslos ins Bild eines Kämpfers für Gerechtigkeit, eines Siegers über das System. Außerdem entdeckte er sein Talent zum Politiker, der in der Öffentlichkeit steht, vor Publikum spricht, dessen Aufmerksamkeit er bannt. Also stürzte er sich Hals über Kopf in die Politik, eine für ihn ganz neue Sphäre, in der er sich bald zu Hause fühlte. 1990 machte er den Schritt vom Direktor einer Provinz-Sowchose zum Abgeordneten des Obersten Sowjets der BSSR. Die Sitzungen dieses Machtorgans wurden damals live im Fernsehen übertragen. Lukaschenko trat häufig auf, hatte zu allen Themen etwas zu sagen. Bald kannte ihn das ganze Volk.  

Wie so oft in der Geschichte ging es auch hier nicht ohne Zufall. Um einen politischen Höhenflug zu schaffen, muss einer auch zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Nach dem Zerfall der Sowjetunion wurde der Oberste Sowjet zum Parlament des unabhängigen Belarus, und Lukaschenko wurde zum Vorsitzenden einer parlamentarischen Kommission zur Bekämpfung der Korruption gewählt. Diesen Posten wusste er höchst effektiv für sich zu nutzen, nannte sich gar den obersten Korruptionsbekämpfer des Landes. Unter anderem deswegen konnte er bei den Präsidentschaftswahlen 1994 einen triumphalen Sieg einfahren. Lukaschenko war der Inbegriff des „Volkskandidaten“. Seine ganze Erscheinung, seine Kultur, seine Sprache und seine Art zu sprechen, das war dem Volk alles sehr nah und vertraut. Viele Menschen konnten sich mit ihm identifizieren. 

Natürlich war er nicht sofort ein Diktator. Anfangs waren seine Reden von Enthusiasmus und dem aufrichtigen Wunsch geprägt, dem Volk zu dienen und das Land so schnell wie möglich aus der Krise zu führen. Er sagte: „Schweißausbrüche bereitet mir nur der Gedanke, die Versprechen nicht einlösen zu können, die ich den Menschen bei den Wahlen gegeben habe.“5 Für den Fall seines Scheiterns zog er sogar einen freiwilligen Rücktritt in Betracht. 

 

Lukaschenko bei seiner Inauguration am 20. Juli 1994 im Obersten Sowjet, noch neben der weiß-rot-weißen Fahne, der damaligen Staatsflagge, die heute verboten ist.

Machthunger und Gewaltenteilung 

Bald nach seinem Amtsantritt stieß Lukaschenko auf das, was man Gewaltenteilung nennt. Völlig überraschend für ihn: Es gab ein Parlament und ein Verfassungsgericht, die ebenfalls einen Teil der Macht für sich beanspruchten. Für Lukaschenko war das inakzeptabel. In seiner Vorstellung ist wahre Macht nur absolute Macht. Der neue Präsident wies also ein allgemein anerkanntes Element der Demokratie wie die Gewaltenteilung, die Checks and Balances einer Regierung, entschieden von sich. 1996 verkündete er, das Prinzip der Gewaltenteilung sei „eine Bedrohung für unseren Staat“6 geworden. „Werft dieses Gleichgewicht, diese Balance und Kontrolle aus euren Köpfen!“; „Ich will, dass der Staat ein Monolith ist“7, sagte Lukaschenko. 

Ganze zwei Jahre war er damit beschäftigt, andere Zentren der Macht zu beseitigen und zu zerstören. Das geschah unter anderem mithilfe eines gefälschten Referendums über eine neue Verfassung, das Politiker und Juristen einen Staatsstreich nannten. Ende 1996 hatte er ein personalistisches autoritäres Regime installiert, in dem nur eine einzige staatliche Institution tatsächlich Einfluss hat: Alexander Lukaschenko. Wahlen wurden zur Fiktion, die Opposition wurde aus allen staatlichen Einrichtungen geworfen, und der Staat erhielt das Monopol auf alle TV- und Rundfunksender.        

Lukaschenkos dominanter Charakterzug, die Kernidee seiner Weltanschauung ist ein grenzenloser Machthunger, der vor nichts haltmacht. Allem Anschein nach ist dieses Streben nach Allmacht der Grund dafür, dass Lukaschenko sich strikt weigert, die Todesstrafe abzuschaffen oder ein Moratorium darüber zu verhängen. Denn das Recht, einen Menschen bis hin zur Tötung zu bestrafen oder auch zu begnadigen, galt schon in alten Zeiten als einer der wichtigsten Faktoren der Macht. Deswegen ist Belarus das einzige Land Europas, in dem die Todesstrafe zur Anwendung kommt. 

An Lukaschenkos Äußerungen sieht man, dass für ihn die Frage nach der Macht eine Frage von Leben und Tod ist. Wenn er seinen Opponenten vorwirft, ihn seines Amtes entheben zu wollen, so ist das für ihn dasselbe wie ein Mordanschlag. Der Führer hat keinen Zweifel: Verliert er die Macht, rechnet er mit einem schrecklichen Gericht für sich. Ein Leben ohne Macht kann Lukaschenko sich nicht vorstellen: Es verliert seinen Sinn. Als er 2020 dem ukrainischen Talkmaster Dmytro Gordon ein Interview gab, sagte Lukaschenko auf die Frage, ob er nicht zurücktreten wolle: „Ich kenne ja nur diese Lebensart … Ich kann mir das gar nicht vorstellen. Gut, also schön, ich bin nicht mehr Präsident – und was mach ich dann morgens nach dem Aufstehen?“8 An den kritischen Tagen der Massenproteste 2020 wiederholte Lukaschenko immer wieder, er werde an der Macht bleiben, solange er lebe. Bei einem Auftritt in der Radschlepperfabrik am 17. August 2020 verkündete er: „Solang ihr mich nicht umbringt, wird es keine anderen Wahlen geben.“9     

Die Abgeordneten der BNF während des Hungerstreiks aus Protest gegen Lukaschenkos umstrittenes Referendum im Jahr 1996 / Foto © Archiv/Tut.by 

Die Ideologie des Systems 

Das Lukaschenko-Regime ist auf dem Gebiet der ehemaligen UdSSR das prosowjetischste. Lukaschenko betont immer wieder, dass seine Vorlage für den Aufbau eines Staats die sowjetische Gesellschaftsordnung sei, und Lenin und Stalin nennt er „Symbole unseres Volkes“10. Als Wappen und Fahne der Republik Belarus bestimmte er die Symbolik der zur Sowjetunion gehörigen BSSR in leicht abgeänderter Form. Die Namen von Straßen und Plätzen sowie die Denkmäler sind seit der Sowjetzeit unverändert geblieben. Belarus ist das einzige postkommunistische Land, in dem der KGB noch immer KGB heißt.  

Lukaschenko lehnte von Anfang an die Ideologie des belarussischen ethnokulturellen Nationalismus ab. Mit Hilfe eines Referendums drängte er die belarussische Sprache an den Rand und tauschte die weiß-rot-weiße Flagge und das Wappen in Folge eines weiteren umstrittenen Referendums aus. Die staatliche Propaganda setzt belarussischen Nationalismus mit Nazismus gleich. Und das nicht nur, weil Lukaschenko Moskau nicht reizen will, dem jeglicher Nationalismus in seinen Nachbarländern ein Dorn im Auge ist. Lukaschenkos traditionelle Wählerschaft ist russischsprachig, für sie existiert ohnehin keine belarussische Identität. Sein wichtigster politischer Gegner war lange die Partei BNF mit ihren nationalistischen Losungen.  

Der Hauptgrund für Lukaschenkos Aversion gegen Nationalismus ist aber, dass man damit eine Gesellschaft mobilisieren kann. Er formt eine Zivilgesellschaft, fördert horizontale Verbindungen, stimuliert die Solidarität. Lukaschenko aber braucht eine atomisierte Bevölkerung, die nur durch staatliche Institutionen zusammengehalten wird. Er braucht keine Gesellschaft als selbständiges Subjekt, das Verantwortung für das Schicksal ihres Landes übernimmt. 

Insgesamt kann man wohl sagen, dass dieses System keine greifbare Ideologie zu bieten hat. Die Narrative der Propaganda sind eklektisch, da mischen sich Elemente der sowjetischen Vergangenheit mit Ideologemen von Russki Mir, mit der Ablehnung von Liberalismus und westlichen Werten und so weiter. In gewissem Sinne ist dieser Mangel an Ideologie dem Regime sogar zuträglich, denn so kann es seine politische Linie je nach Konjunktur verändern. In Belarus gibt es keine Regierungspartei, die eine faktische Macht ausübt. Denn Lukaschenko hatte immer die Sorge, sie könnte eine von ihm unabhängige Elite konsolidieren. 

Gründe für die lange Herrschaft 

Wie ist es Lukaschenko gelungen, so lange an der Macht zu bleiben? Hier sind mehrere Faktoren zu bedenken. Erstens entsprach das belarussische Gesellschaftsmodell lange Zeit den Bedürfnissen und Vorstellungen, die die Mehrheit der Bevölkerung in Bezug auf Politik hatte. Es basierte auf staatlicher Dominanz in Wirtschaft und Sozialwesen – ein wirksames Instrument zur Kontrolle über die Gesellschaft, zur Umgehung der Gewaltenteilung und zur Herrschaft eines Einzelnen –, auf einer Partnerschaft mit Russland und einem Konflikt mit dem Westen. Der Großteil der Bevölkerung (Staatsbedienstete, Angestellte staatlicher Betriebe, Rentner) war finanziell vom Staat abhängig. Die Hemmung marktwirtschaftlicher Reformen führte zur Konservierung sozialer Strukturen.  

Zweitens spielte Lukaschenkos ausgeprägte politische Intuition eine Rolle, sein angeborenes Gespür, mit dem er das richtige Vorgehen oder eine Bedrohung erkennt, sein Charisma und auch sein Populismus, sein Talent, zum Volk in einer für sie verständlichen Sprache zu sprechen. Dem politischen Triumph des Diktators liegt in hohem Maße seine erstaunliche Fähigkeit, ja geradezu Kunstfertigkeit zugrunde, die Menschen zu manipulieren. Er ist ein begabter Schauspieler mit vielen Rollen im Repertoire, ein faszinierender Verwandlungskünstler. Je nachdem, wem er gerade gefallen will, kann er äußerst liebenswürdig sein. Seinen hauseigenen Stil macht aus, dass er bei ein und derselben Gelegenheit, oft sogar im selben Satz, widersprüchliche, manchmal sogar einander ausschließende Thesen formuliert. Und jeder Zuhörende hört das heraus, was ihm lieber ist, was ihm besser gefällt. 

Drittens hat Lukaschenko alle Mechanismen zum Machtwechsel komplett ausgeschaltet. Die Wahlen sind zum reinen Dekor geworden, sie beeinflussen nichts, und ihr Ergebnis ist im Voraus bekannt. Auf legalem Weg kann es in Belarus keinen Machtwechsel mehr geben. Und zu einer Revolution war die belarussische Gesellschaft vor 2020 nicht bereit. Außerdem hat Lukaschenko jede politische Konkurrenz in den Machtorganen verunmöglicht. Sobald irgendein Beamter an politischer Bedeutung gewann, wurde er seines Amtes enthoben.    

Lukaschenko hat alle Mechanismen zum Machtwechsel komplett ausgeschaltet. Die Wahlen sind zum reinen Dekor geworden /Foto © Natalya Talanova/Tass Publication/Imago

Lukaschenkos politische Stütze ist der Staatsapparat. Während der akuten politischen Krise im Jahr 2020 kam es nicht zu einer Spaltung der Eliten, was eine wichtige Bedingung für den Sieg der Revolution gewesen wäre. Und zwar deswegen, weil es in Belarus keine einzige staatliche Institution gibt, die vom Volk gewählt wird, dem Volk Rechenschaft schuldet, vom Volk kontrolliert wird.  

Und natürlich verlässt sich Lukaschenko auf seine Silowiki. Daraus macht er auch keinen Hehl: „Die Vertikale ist stabil. Sie stützt sich auf den KGB und das MWD11. „Der KGB ist die Basis für eine starke Präsidialmacht.“12 

Viertens kann das wirtschaftlich ineffiziente belarussische Gesellschaftsmodell nur dank der Unterstützung aus Russland überleben. In manchen Jahren betrug die russische Wirtschaftshilfe rund 15 bis 20 Prozent des belarussischen BIP.  

Der Ego-Kult 

Lukaschenko hat ein Selbstbild, als verfügte er über übernatürliche Fähigkeiten. Er suhlt sich in Größenwahn und Überlegenheitsgefühl. Immer wieder erzählt er bei öffentlichen Auftritten Geschichten davon, wie jahrelang bettlägerige Kranke dank ihm, dem Führer, wieder gesund wurden. So erzählt er über Boris Jelzin, den ehemaligen Präsidenten Russlands: „In Jelzins Umfeld hieß es immer: Boris Nikolajewitsch fehlt irgendwie der Elan, wir sollten wieder mal den belarussischen Präsidenten einladen. Der verleiht dem russischen Präsidenten dann wieder für drei, vier Monate Flügel. Es hieß, Jelzin würde von mir eine ordentliche Ladung Energie bekommen.“13 Lukaschenko begann von sich zu sprechen wie von einem Heiligen: „Ich bin makellos“14; „Ich bin der (seelen)reinste Präsident der Welt!“15 

Die bizarrsten Formen nimmt Lukaschenkos Drang zum Größenwahn an, wenn er an Sportwettkämpfen und Eishockeyspielen teilnimmt und immer den Sieg davonträgt. Sein Kindheitstraum, Sportstar zu werden, ein Idol für Tausende Fans, die ihn von den Tribünen herunter bejubeln, wird nun auf groteske Weise wahr. Dank der staatlichen Behörden sind diese Wettkämpfe Ereignisse von nationaler Bedeutung. Es werden Unsummen ausgegeben, um berühmte Sportler einzuladen. Und um den Präsidenten mit vollbesetzten Tribünen zu erfreuen, werden Schüler und Studenten vom Unterricht befreit und reihenweise unter Aufsicht ihrer Lehrer ins Stadion oder in die Eishalle gekarrt. Die ganze Führungsriege des Landes wohnt solchen Events bei. Und die staatlichen Medien berichten darüber mit einer Ernsthaftigkeit, als ginge es um wichtige politische Nachrichten.  

Lukaschenkos Hang zum Populismus und der Wunsch, seiner anspruchslosen Wählerschaft zu gefallen, führen dazu, dass er nie ein Blatt vor den Mund nimmt und Sachen sagt, die so gar nicht zu einem Staatsoberhaupt passen. Sein politischer Stil lässt sich nicht ins Konzept von Political Correctness zwängen.     

Ein Protestmarsch im August 2020 in der belarussischen Hauptstadt Minsk / Foto © Homoatrox/Wikimedia unter CC BY-SA 3.0

Das Jahr des Umbruchs  

Zu Beginn seiner Präsidentschaft wurde Lukaschenko tatsächlich von der Mehrheit der Bevölkerung unterstützt. Doch während seiner 30-jährigen Amtszeit ist eine neue Generation herangewachsen. Die Massenproteste 2020 zeigten, dass das archaische sozioökonomische und politische System sowie die autoritären Regierungsmethoden bei den meisten Leuten Abscheu erregen. In Belarus haben wir heute auf der einen Seite eine immer moderner werdende Gesellschaft, die auf Veränderungen abzielt und sich vom staatlichen Paternalismus befreien will, und auf der anderen Seite die Staatsmacht, die am Status quo festhält. Die Gesellschaft wächst über den Staat hinaus, in dessen Rahmen es ihr zu eng geworden ist. Doch Lukaschenko merkt nicht einmal, dass er und sein Land in unterschiedlichen historischen Epochen leben.

Und auch hier ist passiert, was praktisch allen Diktatoren passiert, die zu lange an der Macht sind: Die Staatsmacht hat den Draht zur Gesellschaft verloren. Im Laufe dieser 30 Jahre hat Lukaschenko es nicht geschafft, mit seinem Volk und dessen Problemen wirklich in Berührung zu kommen. Begegnungen mit der Bevölkerung werden gründlich vorbereitet und durchinszeniert, die Teilnehmer sorgfältig ausgewählt. So verliert selbst ein talentierter Politiker das Gefühl für das Volk. Seine Wahrnehmung der Welt wird inadäquat. Und dann sind ihm in Krisenzeiten, sei es aufgrund der Covid-Pandemie oder im Wahlkampf für die Präsidentschaftswahlen, ein Fehler nach dem anderen unterlaufen. In jenem denkwürdigen Jahr 2020 traf er die schlechtesten aller möglichen Entscheidungen. Zum Beispiel ließ er alle Präsidentschaftsanwärter, die ihm gefährlich werden konnten, verhaften, die vermeintlich „schwache“ Swetlana Tichanowskaja jedoch kandidieren, in der festen Überzeugung, es würde sowieso keiner eine Frau wählen, schon gar nicht eine Hausfrau. Der Protest wurde mit roher Gewalt niedergeschlagen. Lukaschenko erlitt selbst wohl ein psychisches Trauma: Zerstört war sein Image als „Volkspräsident“, das er jahrzehntelang so gepflegt hatte. Dabei hatte er ernsthaft an seine Mission geglaubt, das Volk zu vertreten. „Ich glaube, dass nichts und niemand in der Lage ist, einen Keil zwischen den Präsidenten und das Volk zu treiben, das ihn gewählt hat“16, sagte er mal zu Beginn einer neuen Amtszeit.   

Wahrscheinlich dachte er, sein Volk hätte sich von ihm abgewandt. Hatte er doch in den letzten Jahrzehnten immer wieder seine enge Beziehung zum belarussischen Volk betont. Als die Proteste gegen ihn begannen, hatte Lukaschenko ein paar Wochen lang Angst, im Auto durchs Land zu fahren, und flog mit dem Hubschrauber. Als sich seiner Residenz eine Menschenmenge näherte, zog er sich eine kugelsichere Weste an, nahm ein Maschinengewehr, stieg mit Sohn Kolja in einen Hubschrauber und flog von dannen. Die Bilder des flüchtenden Präsidenten sah ganz Belarus. 
 

Lukaschenkos Rache: Oppositionelle wie Maxim Snak und Maria Kolesnikowa wurden zu drakonischen Haftstrafen verurteilt / Foto © Imago/Itar-Tass

Die erlittene seelische Verletzung drängte auf Revanche. Diese entlud sich in politischem Terror. In Belarus gibt es heute rund eineinhalb tausend politische Gefangene. Es gibt Folter. Im ganzen Land gibt es weiterhin Razzien, Verhaftungen und Strafverfahren. Die Menschen werden nicht wegen oppositioneller Tätigkeiten festgenommen, sondern weil sie eine andere Meinung haben und entsprechende Kommentare oder auch nur Likes in sozialen Netzwerken hinterlassen. Viele Oppositionelle werden zu Haftstrafen von über zehn Jahren verurteilt, wie es unter Stalin üblich war. Lukaschenko gibt offen zu, dass auf seinen Befehl hin Verwandte von Oppositionellen oder politischen Häftlingen verfolgt werden. Die Evolution eines autoritären hin zu einem totalitären System läuft. Um an der Macht zu bleiben, unterstützt Lukaschenko in vollem Umfang Russland im Krieg gegen die Ukraine und macht Belarus damit zum Beteiligten der Aggression. Für die Präsidentschaftswahlen 2025 hat Lukaschenko seine abermalige Kandidatur bereits angekündigt.


1.Imja, 6. November 1997 
2.Belorussija i Rossija: obschtschestwa i gossudardstwa, Moskau 1998, S. 260 
3.Sowerschenno sekretno, 1997, Nr 9 
4.Nemiga, 2000, Nr. 2, S. 35 
5.Sowetskaja Belorussija, 1. September 1994 
6.Femida, 22. Januar 1996 
7.Swaboda, 12. November 1996 
8.https://news.tut.by/economics/695690.htm 
9.Nasha Niva: Abstrukcyja, zroblenaja Lukašėnku rabotnikami MZKC, stala najmacnejšym psichalagičnym udaram 
10.Komsomolskaja prawda w Belorussiji, 20. Juni 2006 
11.Femida, 1995, Nr. 3 
12.Belorusskaja delowaja gaseta, 23. Dezember 1996 
13.Sowerschenno sekretno, 1997, Nr. 9 
14.Belorusskaja delowaja gaseta, 6. März 2002 
15.Fernsehauftritt am 17. September 2002 
16.Sowetskaja Belorussija, 20. Oktober 1996 
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