Die Donezker Volksrepublik (DNR, Donezkaja Narodnaja Respublika) ist eine der zwei separatistischen Regionen im Osten der Ukraine, die im Zuge des Machtwechsels in Kiew nach dem Euromaidan entstanden. Die DNR wurde am 7. April 2014 ausgerufen und umfasst einen großen Teil des Donezker Gebietes im Osten der Ukraine. Die Führung der selbsternannten Republik besteht auf ihren Anspruch auf Unabhängigkeit, der durch ein international nicht anerkanntes Referendum am 11. Mai 2014 nachträglich legitimiert werden sollte.1 Glaubt man den Umfragen, die in einer solchen Situation nur schwer methodisch sauber durchzuführen sind, wird dies von etwa 38 Prozent der Bevölkerung der Separatistengebiete unterstützt.2
Die selbsternannte Regierung der DNR, die der Republik eine eigene Flagge und Hymne gegeben hat, erkennt den gewählten ukrainischen Präsidenten Poroschenko und die Regierung in Kiew nicht an. Am 02.11.2014 hat sich die Regierung der DNR mit Parlaments- und Präsidentschaftswahlen um Legitimation bemüht. Die Wahlen wurden allerdings von der internationalen Gemeinschaft und ihren Institutionen wie der OSZE, der UNO oder der EU ebenso wenig anerkannt, wie die Souveränität der DNR. Diese wird selbst von Russland nicht anerkannt.
Mit der Verkündung der Republik brach ein Krieg zwischen ukrainischen und separatistischen Truppen in der Ostukraine aus, der trotz zahlreicher Friedensbemühungen, wie den Minsker Gesprächen, andauert. Die Ukraine bezeichnet die DNR als eine terroristische Organisation, und die EU hat mehrere separatistische Anführer und Minister auf ihre Sanktionsliste gesetzt.
Die DNR rechtfertigt ihre Unabhängigkeitserklärung und die darauffolgende militärische Auseinandersetzung damit, dass die lokale Bevölkerung sich von der neuen Regierung in Kiew bedroht fühlte. Laut dieser Begründung sind in Kiew Faschisten an die Macht gelangt, die die kulturellen und politischen Rechte der russischsprachigen Bevölkerung im Osten des Landes einschränken wollen. Die ukrainische Seite hingegen bezichtigt wiederum Russland, die DNR unterstützt und gegründet zu haben. Diese Sicht wird teilweise dadurch bestätigt, dass erstens die DNR von vielen russischen Politikern als Teil der Russischen Welt (russki mir) gesehen wird, die Russland zu verteidigen habe und zweitens viele zentrale Akteure der DNR-Administration selbst aus Russland stammen. Igor Strelkow, der ehemalige Verteidigungsminister der Republik, sagte im Interview mit einer russischen Zeitschrift:
„Den Krieg habe doch ich ausgelöst. Wenn unser Trupp nicht über die Grenze gegangen wäre, hätte das alles so geendet, wie in Odessa oder Charkiw. Es hätte ein paar Tote, Verbrannte, Verhaftete gegeben. Und das wäre es gewesen. Die jetzige Größenordnung hat der Krieg dank uns erreicht.“3
Aufgrund der andauernden Kampfhandlungen verschieben sich die Frontlinien ständig, und es ist schwer, das Gebiet der DNR genau zu bestimmen. Schätzungen zufolge leben in der Republik etwa zwei Millionen Menschen, hunderttausende sind jedoch aus der Region geflohen. In einem Bericht des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte werden auf dem Gebiet der DNR grundlegende politische und soziale Rechte zum Teil drastisch eingeschränkt. Es gibt einige Berichte von Folter und Erschießungen von Gefangenen, die Gefängnisse können von Menschenrechtsschützern jedoch nicht eingesehen werden. Presse- und Versammlungsfreiheit sind erheblich eingeschränkt, politisch aktive Organisationen wurden ausgewiesen.4 Gleichzeitig ist die Versorgungslage der Menschen besser als zu Beginn des Konflikts: Die Ukraine zahlt Renten und Sozialleistungen aus, der Unternehmer Rinat Achmetow hat mit seiner Stiftung Wir helfen ein große humanitäre Hilfsaktion gestartet, und auch Russland liefert weiterhin Lebensmittel und Treibstoff in die Region.
Im Mai 2014 unterzeichneten die Vertreter der Donezker und Luhansker Volksrepubliken ein Memorandum über die Vereinigung beider Republiken zu Neurussland (Noworossija).5 Das Projekt wurde jedoch nicht weitergeführt, und so erheben beide Regionen weiterhin jede für sich Anspruch auf Unabhängigkeit.
Zu Beginn der Auseinandersetzungen vermuteten einige Experten, dass sich die Auseinandersetzung um die DNR zu einem Frozen Conflict, wie etwa in Abchasien, Südossetien oder Transnistrien entwickeln würde, falls der ukrainischen Regierung weder eine politische Lösung noch eine militärische Übernahme der Region gelingen sollte.6 In der Tat hat ein weitgehender Waffenstillstand die Lage seit dem 1. September 2015 beruhigt – wenngleich immer wieder Gefechte mit Todesopfern gemeldet werden. Der politische Prozess, den die Minsker Vereinbarungen anstoßen sollten, ist zudem bisher kaum vom Fleck gekommen. Die vorgesehenen Lokalwahlen sind bisher nicht durchgeführt worden – auch weil die Ukraine noch kein adäquates Wahlgesetz verabschiedet hat –, die Ukraine hat weiterhin keine Kontrolle über die Grenze zwischen DNR und Russland und es halten sich noch immer zahlreiche ausländische (sprich: russische) Kämpfer auf dem Gebiet der DNR auf.
Mitte Februar 2022 verabschiedete die Staatsduma eine Initiative der KPRF, die beiden abtrünnigen Regionen DNR sowie die LNR als unabhängig anzuerkennen. Die Entscheidung darüber liegt nun bei Präsident Wladimir Putin. Der ukrainische Außenminister Kuleba erklärte, dass Russland mit einer Anerkennung „de facto und de jure aus den Minsker Vereinbarungen mit allen Begleiterscheinungen“ austrete. Diese sehen eine Wiedereingliederung der Gebiete in die Ukraine mit weitgehenden Autonomierechten vor. Auch kremlnahe Experten wie Fjodor Lukjanow sehen keinen Vorteil für Russland, gegen die Minsker Vereinbarungen zu verstoßen. So wird der Vorstoß mitunter als Nebelkerze oder Druckmittel gegenüber der Ukraine und dem Westen interpretiert: „Ein Hinweis darauf, dass, wenn die Minsker Vereinbarungen nicht erfüllt werden und der ganze Prozess wieder ins Stocken gerät, es diese Option als letzten Ausweg gibt“, so Lukjanow im Gespräch mit Meduza.