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„Je weiter weg von Russland, desto besser“

Der ukrainische Regisseur Oleg Senzow war fünf Jahre in russischer Haft. Im September 2019 kam er frei durch einen Gefangenenaustausch. In einem der wenigen Interviews bisher spricht der ukrainische Filmemacher mit Dimitri Bykow über die Krim, über Putins Perspektiven und darüber, was Russland und die Ukraine ganz grundlegend unterscheidet. 

Источник Sobesednik

Oleg Senzow kam im September im Rahmen eines Gefangenenaustauschs der Haft frei / Foto © president.gov.ua unter CC BY-SA 4.0

Dimitri Bykow: Oleg, was hat Putin gegen Sie persönlich?

Oleg Senzow: Ich halte mich nicht für so wichtig. Er hat ja nicht nur mich festgehalten, viele andere hält er bis heute fest. Ich glaube nicht, dass persönliche Abneigung eine Rolle spielt. Vielleicht, wenn er alle freigelassen hätte außer mir …

Aber er kann Sie trotzdem überhaupt nicht leiden.

Das beruht auf Gegenseitigkeit.

Aber Sie würden ihn leben lassen?

Er hat mich ja nicht umgebracht. Aber ich träume davon, ihn in Den Haag zu sehen, hinter so einer, wie sagt man … 

Hinter Gittern?

Nein, hinter der Glasscheibe. Das würde ich gerne sehen.

Denken Sie, das wird bei uns [in Russland – dek] noch lange so weitergehen? Hat er noch viel Zeit?

Es gibt eine einfache Zahl: 2024. Sie schien mal sehr weit weg, aber mit jedem Jahr rückt sie näher. Das ist praktisch übermorgen.

Ich träume davon, Putin in Den Haag zu sehen

Wann genau war die Krim verloren? Das Militär sagt, hätte es einen Befehl gegeben, dann hätte es Widerstand geleistet.

Das hätte gar nichts gebracht. Selbst wenn es einen Befehl gegeben hätte – hätte das Militär denn Widerstand leisten können? Hätte ich die militärischen Einheiten dort nicht gesehen, hätte ich mir vielleicht Illusionen gemacht. Aber da konnte von Kampfbereitschaft keine Rede sein. Und das war allen wohl bewusst.
Kein Kommando, kein noch so fester Wille, keine politische Entscheidung hätte bei diesem Zustand der Armee was ausrichten können. Also war das [der ausbleibende militärische Widerstand – dek] keine Absage ans Blutvergießen. Vielmehr hatte Janukowitsch die Armee schon vorher ruiniert … Schon da war alles verloren. Dass man etwas hätte tun können – dieses Gefühl gab es höchstens in den ersten paar Tagen.

Gut, aber wenn die neue Regierung sofort Abgesandte auf die Krim geschickt, das zur obersten Priorität erhoben und sich darauf konzentriert hätte …

Nein. Die Annexion der Krim war keine spontane Entscheidung von Putin. In den Stabsquartieren liegen immer Pläne bereit für den Fall einer solchen politischen Entscheidung: Putin schnippt mit den Fingern, und man bringt ihm eine Karte. Nichts Besonderes – Kriegsspiele sind das tägliche Brot der Stabsoffiziere des Generalstabs und des FSB … Ich bin sicher, dass da auch Pläne für Charkiw liegen … ach was, für die ganze Ukraine.

Die Annexion der Krim war keine spontane Entscheidung von Putin. Es liegen immer Pläne bereit für den Fall einer solchen politischen Entscheidung

Die Krim gehörte zu den Zielen, aber die politische Entscheidung ist gefallen, als Janukowitsch geflohen war. Putin war überzeugt, dass hinter allem die Amerikaner stecken. Das ist sein verzerrtes Weltbild: Alles geschieht nur, um ihm persönlich zu schaden. In diesem Fall – um die Olympischen Spiele zu ruinieren. Also hat er sich gesagt: Wenn ihr mir so kommt, dann komm ich euch so.

Warum wurden Sie überhaupt verhaftet? War das möglicherweise auch von langer Hand geplant?

Das war reiner Zufall. Die Jungs, die sie da gefasst hatten, haben einfach alle Namen genannt, die sie kannten; und ich war immerhin erwachsen, ein Regisseur, ich war auf dem Maidan …
Zuerst hat die Polizei wegen Rowdytums gegen mich ermittelt, dann hat sich der FSB eingeschaltet und sich diese bescheuerte Formulierung ausgedacht: „ … mit dem Ziel, Druck auf die Machtorgane auszuüben und den Austritt der Krim aus der Russischen Föderation zu organisieren“.

Fangen die sofort an zu foltern?

Man nennt das „heißes Verhör“. Ein Standardverfahren, damit der Gefangene keine Chance hat, den Schock zu überwinden. Keinerlei Anwälte, versteht sich.

Wurden damals auf der Krim die [russischen] Pässe zwangsweise ausgestellt?

Es hieß: Wer nicht innerhalb eines Monats schriftlich Einspruch erhebt, wird automatisch russischer Staatsbürger. Ich bin nicht hingegangen und hatte es auch nicht vor, weil das für mich eine Okkupation war: Was soll ich mit einem Dokument des Besatzungsregimes? Warum soll ich in meinem Land, der Ukraine, gegen irgendwas Einspruch erheben? Ich brauche keine Abmachungen mit Okkupanten.

Haben Sie immer noch den ukrainischen Pass?

Ja, klar, wo soll er denn hingekommen sein? Sie haben versucht, mir den russischen anzudrehen. Selbst im Gefängnis haben sie versucht, dass ich quasi zufällig eine Bestätigung unterschreibe. Aber ohne Erfolg.

Mein Eindruck war, dass Sie sich irgendwann aufs Sterben vorbereitet haben. Vielleicht am zwanzigsten oder dreißigsten Tag des Hungerstreiks

Das war Ihr Eindruck. Ich bin kein Selbstmörder. Ich hatte nicht vor zu sterben. Das war eine Art Berufsrisiko: Wenn man zum Angriff übergeht, rechnet man mit der Möglichkeit, getötet zu werden. Aber man will zum Ziel kommen. Das war eine kalkulierte, in gewissem Sinn sogar eine künstlerische Aktion: Ich habe das [den Beginn des Hungerstreiks – dek] bewusst mit dem Beginn der Fußball-WM abgestimmt, damit es wahrgenommen wird. 

Ich bin kein Selbstmörder. Ich hatte nicht vor zu sterben

Ich wusste, dass ich mindestens einen Monat durchhalten würde und der Höhepunkt auf das Finalspiel fallen muss. Etwa 20 Tage vorher habe ich angefangen, meine Nahrungsaufnahme zu reduzieren.

Ich habe mir gerade Losnitzas Spielfilm Donbass noch einmal angeschaut, der auf dokumentarischem Material basiert, Sie haben ihn bestimmt gesehen …

Nein, noch nicht, aber ich habe viel gehört.

Hier [in der Ukraine – dek] wirkt er ganz anders als in Russland. Ich verstehe nicht, wie jemand, der diesen Film gesehen hat oder einfach mit der Realität im Donbass einigermaßen vertraut ist, nicht mit Fäusten auf die Moskauer losgeht. Auf mich, zum Beispiel.

Die Menschen hier sind eben anders, das ist unsere Schwäche und unsere Stärke. Manche würden sicher gern auf Sie losgehen. Andere empfangen Sie mit offenen Armen, als Freund, der dort drüben auch kämpft … Die Ukraine ist keine homogene Gesellschaft. Das ist gut, weil uns niemals ein Diktator unterwerfen wird, ein Putin ist bei uns undenkbar. Aber es ist auch schlecht, weil wir uns ständig untereinander bekriegen. Das spielt Putin in die Hände.

Sie denken also, es kann keinen ukrainischen Putin geben? Einen stillen Silowik

Nein, unmöglich. Die Menschen hier sind ganz anders. So etwas wird es hier nicht geben, nicht annähernd.

Das haben wir auch gedacht, bis ungefähr 1996

Ihr habt die Befreiung 1991 erlebt, so wie wir 2004. 1993 habt ihr eure internen Auseinandersetzungen gehabt, einen Putsch, danach ging es bergab: Tschetschenien, das hätte die Gesellschaft wachrütteln sollen, aber stattdessen hat es sie nur tiefer reingeritten. Das, was euch hätte verändern sollen, hat euch auf einen schlechten Weg geführt. Der Putsch von 1993 und zwei Tschetschenien-Kriege – daraus ist Putin entstanden. Bei uns war alles anders.

Könnte Putin einen großen Krieg beginnen, wenn es ganz schlecht für ihn läuft?

Es läuft doch gut für ihn. Zum Glück ist er kein Irrer und auch kein Führer, der Millionen im Namen einer Idee vernichten will. Er will einfach mit möglichst geringen Verlusten alles rausholen, was geht. Aber für diese Ambitionen bezahlen wir mit Tausenden von ukrainischen Leben. Das ist die Tragödie.

Das Problem ist nicht nur Putin, sondern das Problem sind die Russen selbst

Ihr habt einfach ein völlig anderes Verhältnis zu diesem Krieg. Ich war fünf Jahre lang in Russland: Man hat dort nicht das Gefühl, dass Putin diesen Krieg entfacht und bis heute 13.000 Ukrainer umgebracht hat. Und das geht jeden Tag so weiter. Dabei mimt er noch den Friedensstifter – das ist das Zynische. Und viele Russen glauben ihm, das macht mich fertig. Das Problem ist nicht nur Putin, sondern das Problem sind die Russen selbst.

Ich habe das Gefühl, viele hier haben Russland schon abgeschrieben. Sie denken, dass sich bei uns nie etwas ändern könnte.

Das heutige Russland ist sicher nicht zu ändern. Über das Russland von morgen vermag ich nicht zu urteilen. Es müsste dort eine rational denkende Minderheit siegen. Die heutige Mehrheit ist völlig passiv: Man sagt ihnen „Demokratie“ – dann gibt es Demokratie. Man sagt ihnen „Monokratie“ – dann gibt es eben Monokratie.

Aber es gibt auch Stimmen, die sagen, genau das sei das wahre Russland. Das Russland unter Putin.

Das wäre sehr traurig. Ich kann bloß eine Parallele ziehen, auch wenn die nicht ganz sauber ist, weil sich in der Geschichte nie etwas eins zu eins wiederholt: Das Dritte Reich. Der Zweite Weltkrieg war eine Fortsetzung des Ersten, der Samen des Faschismus fiel auf fruchtbaren Boden, ein blutrünstiger Führer kam an die Macht. Die Nation muss verstehen, wie weit sie von ihrem Weg abgekommen ist. Sie hat den Verstand verloren. Wenn sie sich besinnt, die fremden Gebiete zurückgibt, die Zerstörungen wiedergutmacht – dann können wir über zukünftige Beziehungen nachdenken. Wenn nicht – dann eben nicht.

Es gibt Erkrankungen des nationalen Geistes, die man nicht überlebt. Die deutsche Nation war an Krebs erkrankt und hat ihn überlebt. Das Deutschland, das wir heute sehen, ist ein anderes Land.

Russland leidet auch an Krebs. Aber das Dritte Reich ist das vierte Stadium, und ihr seid im dritten. Macht euch nichts vor – vielleicht ist es viel schlimmer. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird es das auch. Ich glaube nicht daran, dass eine Nation aus dem Nichts heraus wiedergeboren wird. Es braucht einen Bruch, eine Zäsur. Wie die aussehen wird, weiß ich nicht, ich bin kein Hellseher.

Und was Sie selbst angeht – wussten Sie, dass Sie vorzeitig entlassen werden, dass Sie nicht 20 Jahre sitzen würden?

Eindeutig.

Aus irgendeinem Grund wusste ich das auch.

Russland könnte auch vorzeitig freikommen, aber ich sage ganz ehrlich – damit bin ich hier in der Minderheit, die Mehrheit sieht das anders. Dass Putin nicht freiwillig geht, weiß ich auch. Die Möglichkeit „Ich bin müde, ich trete ab“ gibt es nicht.

Lebenslänglich also?

Die Deutschen haben eine nationale Katastrophe gebraucht.

Vielleicht wird er irgendwann auch zum Teufel gejagt …

Ich würde laut applaudieren! Aber das wird kein Maidan. Der Maidan ist nicht euer Genre. Der russische Aufstand, schrieb Puschkin einmal, ist sinnlos und erbarmungslos.

Denken Sie, die Krim wird irgendwann wieder ukrainisch sein?

Ganz sicher.

Welchen Eindruck haben Sie bislang von Selensky?

Schwer zu sagen. Innen drin ist er aufrichtig. Er möchte die nationale Einheit und das Ende des Kriegs. Dass ihm Fehler unterlaufen – ich habe ihn ja kritisiert für den Ton im Gespräch mit den Freiwilligen, das war meines Erachtens kein Ton eines Oberbefehlshabers – aber das sind Einzelheiten. Dass was er zur Beendigung des Kriegs unternimmt, unterstütze ich im Großen und Ganzen, aber hier ist die Hauptsache, nicht die rote Linien zu übertreten. Nicht zu verraten, wofür unsere Leute gestorben sind.

Innen drin ist Selensky aufrichtig. Er möchte die nationale Einheit und das Ende des Kriegs

Selensky hat es sehr schwer. Er bekommt viel Druck von seinen Leuten, von Deutschland und Frankreich, Putin ködert ihn, an Putins gütige Absichten glaube ich nicht. Die Leute um Selensky sind teilweise gut, teilweise undurchsichtig. Dass er Gefangene zurückholt, ist gut. Den Donbass zurückzuholen ist bislang nicht möglich. 

Wäre die Unabhängigkeit nicht vielleicht besser?

Auf keinen Fall. Die Krim ist ukrainisch – Punkt. Die Ukraine hat seit der Unabhängigkeit wenig gemacht, um sie zu integrieren, das sehen wir ein. Das Problem ist, dass man erst jetzt darüber nachdenkt. Das hätte man früher tun sollen. Aber sie muss zurück.

Die Brücke steht schon …

Gut so! Dann geht’s schneller runter, wenn die Zeit gekommen ist, für die Tränen der ukrainischen Mütter zu bezahlen.

Was halten Sie von Nawalny? Hat er Perspektiven, und was denken Sie von ihm als Mensch?

Mein Kriterium, um Leute zu beurteilen, ist die Krim. Nawalny hat nicht vor, sie zurückzugeben, für ihn ist sie so was wie ein Butterbrot. Nicht, dass euch das Butterbrot im Hals stecken bleibt.

Das ist leicht gesagt.

Nehmen war einfach, zurückgeben dagegen ist schwer? Ihr habt euch lange vorbereitet und schnell zugegriffen. 

Mein Kriterium ist die Krim. Nawalny hat nicht vor, sie zurückzugeben

Umgekehrt geht das genauso – lange vorbereiten und schnell zurückgeben.

Sie glauben also nicht an eine Union mit Russland?

Niemals. Und die große Mehrheit der Ukrainer glaubt auch nicht daran, will keine. Die Zeiten der Union mit Moskau sind vorbei! Je weiter weg von Russland desto besser. Mag sein, dass Russland einmal anders war und irgendwann anders sein wird, aber in seinem Inneren hat sich der Eiter angestaut, und der ist jetzt ausgetreten. Putin ist das wahre Gesicht des heutigen Russland. Heute trägt Russland das Gesicht Putins. So gesehen ist die Unterstützung für ihn echt und die Popularität verdient.

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Krim-Annexion

Als Krim-Annexion wird die einseitige Eingliederung der sich über die gleichnamige Halbinsel erstreckenden ukrainischen Gebietskörperschaft der Autonomen Republik Krim in die Russische Föderation bezeichnet. Seit der im Frühjahr 2014 erfolgten Annexion der Krim ist die Halbinsel de facto Teil Russlands, de jure jedoch ukrainisches Staatsgebiet und somit Gegenstand eines ungelösten Konfliktes zwischen der Ukraine und Russland.

Nur wenige Tage nach dem Sturz des ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch als Resultat der Proteste auf dem Maidan setzten auf der Krim mehrere richtungsweisende Ereignisse ein: Am 27. Februar besetzten bewaffnete Personen, die sich als „Selbstverteidigungskräfte der russischsprachigen Bevölkerung der Krim“ bezeichneten, das Parlament sowie das Regierungsgebäude der Autonomen Republik Krim in Simferopol. Parallel okkupierten russische Spezialeinheiten, die aufgrund ihrer fehlenden Hoheitszeichen in der Ukraine sarkastisch als grüne Männchen bezeichnet wurden, ukrainische Verwaltungs- und Militärstandorte sowie sämtliche Verkehrswege der Halbinsel. Moskau leugnete dies zunächst vehement, später brüstete sich Putin jedoch damit, dass reguläre russische Soldaten im Einsatz gewesen sind.1

In einer höchst umstrittenen Sondersitzung des Parlaments der Autonomen Republik, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand, wurde Sergej Axjonow, Vorsitzender der Splitterpartei Russische Einheit, zum Ministerpräsidenten der Krim ernannt. Zeitgleich stimmte das Parlament der Abhaltung eines Referendums über die Unabhängigkeit der Krim zu. Igor Girkin, ein russischer FSB-Offizier, der später unter dem Kampfnamen Strelkow (dt. „Schütze“) als Separatistenführer im Donbass in Erscheinung trat und nicht nur maßgeblich an den ersten bewaffneten Kampfhandlungen des dortigen Krieges beteiligt war, sondern auch an der Okkupation der Krim, räumte Monate später ein, dass die Abgeordneten von der Volksmiliz zur Abstimmung getrieben wurden.2

Das Referendum wurde nach mehrfacher Vorverlegung am 16. März 2014 abgehalten. Knapp 97 Prozent der Abstimmenden sollen sich bei einer angeblichen Wahlbeteiligung von rund 83 Prozent für den auf den Stimmzetteln als „Wiedervereinigung“ bezeichneten Beitritt der Krim in die Russische Föderation ausgesprochen haben. Das Krim-Parlament hatte zuvor bereits für eine Unabhängigkeitserklärung der Krim gestimmt. Die offizielle Aufnahme der Krim in die Russische Föderation erfolgte wenige Tage später. Das Referendum sowie sämtliche von Parlament und Regierung der Krim beschlossene Maßnahmen zur Herauslösung der Krim stehen im eindeutigen Widerspruch zum Staats- und Verfassungsrecht der Ukraine und wurden von Kiew nicht anerkannt.3

 

Auch die internationale Staatengemeinschaft erkennt die Eingliederung der Krim in die Russische Föderation nicht an und sieht in ihr eine Verletzung der territorialen Unversehrtheit der Ukraine sowie mehrerer internationaler Verpflichtungen durch Russland.4 Die EU, die USA sowie weitere Staaten reagierten mit Sanktionen gegen Russland. Moskau betrachtet indes unter Verweis auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker die Eingliederung der Krim als rechtmäßig. Abgesehen von der Illegalität des Referendums nach ukrainischer Gesetzgebung und unabhängig von der völkerrechtlich umstrittenen Frage, ob das Selbstbestimmungsrecht der Völker ein Recht auf Sezession umfasst, ist das Referendum jedoch auch deshalb als nichtig zu werten, weil erst die völkerrechtswidrige militärische Intervention, das heißt die Anwendung von Gewalt, das Referendum ermöglichte.

Umstritten ist, welche Zustimmung eine Sezession in der Bevölkerung der Krim tatsächlich genossen hat. Politische Kräfte, die eine Loslösung der Krim von der Ukraine anstrebten, waren in den letzten Jahren marginalisiert. Der Historiker Jan Zofka verweist allerdings auch darauf, dass das russische Militär in einer politisch feindlichen Umgebung nicht derart ungestört hätte agieren können. Die Russland-Orientierung breiter Teile der Krim-Bevölkerung, Institutionen der Autonomie und Überreste der Unabhängigkeitsbewegung der 1990er Jahre sieht er als begünstigende Faktoren der Annexion als Folge der militärischen Intervention.5  Die massive russische Propaganda im Zuge der Ereignisse auf dem Maidan hat zudem Ängste und Unsicherheit bei Teilen der Bevölkerung der Krim geschürt. In Opposition zur Angliederung an Russland stehen indes große Teile der etwa 300.000 Krimtataren, die das Referendum boykottierten.6


1.Frankfurter allgemeine Zeitung: Putin rechtfertigt Annexion. „Krim-Operation war Reaktion auf Nationalismus“
2.Neue Zürcher Zeitung: Wie die Krim annektiert wurde. «Wir haben sie zur Abstimmung getrieben»
3.Luchterhandt, Otto (2014). Die Krim-Krise von 2014: Staats- und völkerrechtliche Aspekte, in: Osteuropa, 2014 (5-6), S. 61-86
4.United Nations: Resolution adopted by the General Assembly on 27 March 2014, 68/262. Territorial integrity of Ukraine
5.Frankfurter Allgemeine Zeitung: Ukraine. Zurück zum Mutterland
6.Mejlis of the Crimean Tatar People: Statement of Mejlis of the Crimean Tatar People as Regard to Announcement of “Crimean Referendum” by Verkhovna Rada of Autonomous Republic of Crimea
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Die Donezker Volksrepublik ist ein von Separatisten kontrollierter Teil der Region Donezk im Osten der Ukraine. Sie entstand im April 2014 als Reaktion auf den Machtwechsel in Kiew und erhebt zusammen mit der selbsternannten Lugansker Volksrepublik Anspruch auf Unabhängigkeit. Seit Frühling 2014 gibt es in den beiden Regionen, die eine zeitlang Noworossija (dt. Neurussland) genannt wurden, Gefechte zwischen den Separatisten und der ukrainischen Armee.

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Zum ersten Mal treffen sich Wladimir Putin und sein ukrainischer Amtskollege Wolodymyr Selensky heute persönlich in Paris. Thema ist der Krieg im Osten der Ukraine, der trotz internationaler Friedensbemühungen seit April 2014 anhält. Er kostete bereits rund 13.000 Menschen das Leben. Steffen Halling zeichnet die Ereignisse nach.

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