Die Krim rückt wieder mehr in die internationale Aufmerksamkeit: Vergangene Woche hatte der russische Geheimdienst FSB erklärt, am Wochenende ukrainische „Terrorangriffe“ auf der Krim vereitelt zu haben. Ein FSBFSB (Federalnaja slushba besopasnosti, dt. Föderaler Sicherheitsdienst) ist der Inlandsgeheimdienst Russlands. Er ging aus dem sowjetischen Geheimdienst KGB hervor, der nach dem Ende der Sowjetunion zerschlagen wurde. Heute gehören Spionageabwehr, Terrorismusbekämpfung, aber auch organisierte Kriminalität und Wirtschaftskriminalität zum Arbeitsgebiet des FSB. Schätzungsweise rund 350.000 Menschen arbeiten heute für die Behörde. Подробнее в нашей гнозе -Mitarbeiter und ein russischer Soldat seien von ukrainischen „Saboteuren” ermordet worden, Drahtzieher sei Jewgeni Panow gewesen, ein ukrainischer Geheimdienstmitarbeiter. Putin erklärte außerdem, es sei sinnlos, die geplanten Gespräche im Normandie-Format (Russland, Deutschland, Frankreich und Ukraine) zu führen. Kiew wies die Anschuldigungen zurück, versetzte die eigenen Truppen aber in Alarmbereitschaft.
Bei einem heutigen Treffen in JekaterinburgJekaterinburg ist mit rund 1,3 Millionen Einwohnern die viertgrößte Stadt Russlands. 1723 gegründet, wurde sie zu Ehren von Jekaterina I. benannt, Ehefrau von Peter dem Großen. Mittlerweile gilt Jekaterinburg als das größte Wirtschafts- und Kulturzentrum der Ural-Region. Zwischen 1924 und 1991 hieß die Stadt Swerdlowsk – zu Ehren von Jakow Swerdlow (1885–1919), einst ein führender Politiker in der Partei der Bolschewiki. Jekaterinburg ist die Hauptstadt der Oblast, die immer noch Swerdlows Namen trägt. mahnte Außenminister Steinmeier seinen russischen Amtskollegen LawrowSergej Lawrow (geb. 1950) ist seit mehr als einem halben Jahrhundert im diplomatischen Dienst. Seit zwei Jahrzehnten vertritt er als Außenminister Wladimir Putins Politik in der Welt mit Fachwissen und Verhandlungsgeschick – und immer öfter auch mit Drohungen und Lügen. Подробнее в нашей гнозе , „alles zu unterlassen”, was die Lage weiter verschärfen könnte. Unterdessen kämpfen im Osten der Ukraine prorussische Separatisten weiter gegen ukrainische Truppen.
Russische Medien diskutieren unter anderem, wer tatsächlich Terror säe: Moskau oder Kiew? Welche Rolle spielen die USA? Und droht nun gar ein Krieg?
Rossijskaja Gaseta: Gespräche bringen nichts
Jewgeni Schestakow verurteilt in der Regierungszeitung Rossijskaja Gaseta den „Terror“ Kiews und verteidigt die Äußerung Putins, Treffen im Normandie-Format vorerst auszusetzen:
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[...] Wie Politologen meinen, haben die letzten Treffen im
Normandie-Format die Beilegung des
Donbass-KonfliktsDer Krieg im Osten der Ukraine ist eine militärische Auseinandersetzung zwischen der Ukraine und den selbsternannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk. Die Ukraine wirft dem Nachbarland Russland vor, die Rebellen mit Personal und Waffen zu unterstützen, was Russland bestreitet. Der Krieg kostete bereits rund 13.000 Menschen das Leben. Eine anhaltende Waffenruhe konnte trotz internationaler Vermittlungsbemühungen nie erreicht werden. Am 24. Februar 2022 hat Russland die Ukraine offen und umfassend angegriffen. Подробнее в нашей гнозе nicht vom Fleck bewegt: Nach jedem einzelnen hat Kiew eine Menge von Kniffen gefunden, um die erreichten Vereinbarungen nicht zu erfüllen oder ihren Inhalt gänzlich auszuhöhlen.
Solange die Ukraine nicht von Schritten absieht, die die Situation auf der KrimDie Krim ist eine Halbinsel im nördlichen Schwarzen Meer. Sie stand lange Zeit unter osmanischem Einfluss und wurde Ende des 18. Jh. von Russland erobert. In der Sowjetunion fiel die strategisch und kulturell wichtige und als Urlaubsdomizil beliebte Krim der Ukrainischen Sowjetrepublik zu. Die 2014 erfolgte Angliederung an Russland löste eine internationale Krise aus. Подробнее в нашей гнозе und im Donbass verschärfen, wirkt die Nichtteilnahme des russischen Präsidenten am Normandie-Format gerechtfertigt, als konsequente Entscheidung in der gegebenen Situation.
Wie Wladimir Putin erklärte, sind „die Menschen, die seinerzeit die Macht in Kiew ergriffen haben und sie immer noch halten, von der Suche nach Kompromissen zu Terrorhandlungen übergegangen“. Eine friedliche Konfliktbeilegung in der Ukraine mit einem Staatsoberhaupt zu verhandeln, dessen Militärs die Provokation auf der Krim organisiert und russische Bürger getötet haben, wird im Kreml als eine perspektivlose Angelegenheit gesehen.
[...] в последнее время, как считают политологи, встречи в "нормандском формате" уже не сдвигали с мертвой точки урегулирование на Донбассе: ведь после каждой из них официальный Киев находил множество уловок, чтобы не выполнять достигнутые договоренности или полностью выхолостить их содержание. Так что неучастие российского президента в "нормандском формате", пока Украина не откажется от шагов, направленных на обострение ситуации в Крыму и на Донбассе, выглядит оправданным, последовательным решением в сложившейся ситуации. Как заявил Владимир Путин, "те люди, которые захватили в свое время власть в Киеве и продолжают ее удерживать, вместо поиска компромиссов перешли к практике террора". А обсуждать мирное урегулирование на Украине с главой государства, чьи военные организовали провокацию в Крыму, убив российских граждан, в Кремле посчитали делом бесперспективным.
Slon: Es ist Krieg
Auf dem unabhängigen Portal Slon.ru dagegen schreibt Oleg KaschinOleg Kaschin (geb. 1980) ist ein bekannter russischer Journalist. Er schreibt für verschiedene unabhängige Medien und gibt sich in seinen Artikeln betont kremlkritisch. Mutmaßlich wegen dieser Haltung wurde er bereits mehrmals Opfer von Gewalttaten. So schlugen ihn 2010 drei Menschen brutal zusammen, Kaschin musste sich einigen Operationen unterziehen. Wegen seiner häufigen Kritik an russischen Liberalen gilt Kaschin bei vielen von ihnen als Persona non grata. , warum Putins Gesprächsabsage zeige, dass auf der Krim kein Konflikt, sondern ein Krieg im Gange sei:
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Die schlechteste und besorgniserregendste Neuigkeit zum Schusswechsel auf der Krim kommt nicht von der Krim, sondern aus Moskau. [...] Zum wichtigsten russischen Sprecher des Krim-Problems wurde überraschenderweise Wladimir Putin, der die FSB-Version mit ihren direkten Beschuldigungen wiederholte und sich in dem Sinne äußerte, dass Kiew mithilfe der Schießerei das eigene Volk von wirtschaftlichen Problemen ablenken wolle und das Treffen im
Normandie-Format nun keinen Sinn mehr ergeben würden.
Nach den Erklärungen Putins [...] ist es nun eine vom Präsidenten selbst bezeugte Tatsache, dass es sich um einen zwischenstaatlichen Konflikt zwischen Russland und der Ukraine handelt. Und überhaupt ist dies tatsächlich ein Krieg (im Gegensatz zu Donbass und Syrien), weil Krieg sich nicht durch Schüsse und Opfer auszeichnet, sondern durch Worte, und diese Worte hat Wladimir Putin bereits gesprochen.
Das bedeutet überhaupt nicht, dass den Worten unbedingt eine heiße Phase der militärischen Konfrontation folgen muss, es besteht auch kein Bedarf dafür. Der Krim-Vorfall eröffnet eine Menge von Möglichkeiten für die schärfste innenpolitische Rhetorik, für neue Jarowaja-PaketeIrina Jarowaja (geb. 1966) ist eine ehemalige Politikerin der liberalen Partei Jabloko. Im Jahr 2007 trat sie der Partei Einiges Russland bei und bekam einen Abgeordnetensitz in der Staatsduma. Nach den Protesten gegen Wahlfälschungen in den Jahren 2011/12 zeichnete sie sich für die Ausarbeitung des umstrittenen NGO-Agentengesetzes mitverantwortlich. Als Leiterin des parlamentarischen Ausschusses für Sicherheit und Korruptionsbekämpfung brachte sie 2016 ihre Novellen zur Änderung des Anti-Terror-Gesetzespakets durch. Diese Gesetze tragen im Volksmund ihren Namen – „Jarowaja-Paket bzw. -Gesetz“. Подробнее в нашей гнозе , für beliebige Spekulationen und Spiele im letzten Monat vor den DumaAls Staatsduma wird das 450 Abgeordnete umfassende Unterhaus der Föderalen Versammlung Russlands bezeichnet. Im Verhältnis zu Präsident und Regierung nimmt die Duma verfassungsmäßig im internationalen Vergleich eine schwache Stellung ein. Insbesondere das Aufkommen der pro-präsidentiellen Partei Einiges Russland führte dazu, dass die parlamentarische Tätigkeit zunehmend von Präsident und Regierung bestimmt wurde. Подробнее в нашей гнозе -Wahlen.
Cамая плохая и самая тревожная новость по поводу крымских перестрелок пришла не из Крыма, а из Москвы [...] Главным российским спикером по крымской проблеме неожиданно стал сам Владимир Путин,
повторивший версию ФСБ с прямыми обвинениями в адрес украинских властей и высказавшийся в том духе, что Киев с помощью стрельбы пытается отвлечь собственный народ от проблем в экономике и что встречаться в нормандском формате теперь не имеет смысла. После заявлений Путина [...] факт именно межгосударственного конфликта России и Украины засвидетельствован российским президентом, и вообще-то это и есть война (в отличие от Донбасса или Сирии), потому что в войне первичны не выстрелы и не жертвы, а именно слова, и эти слова уже сказаны Владимиром Путиным.
Это совершенно не значит, что за словами обязательно последует горячая фаза военного противостояния, да в нем и нет нужды. Крымский инцидент открывает множество возможностей для самой резкой внутриполитической риторики, для новых «пакетов Яровой», для каких угодно спекуляций и игр в оставшийся до выборов Госдумы месяц.
Izvestia: Giftnadel ins Herz Russlands
In der kremlnahen Tageszeitung Izvestia fragt der bekannte Schriftsteller Alexander ProchanowAlexander Prochanow (geb. 1938) ist ein bekannter Schriftsteller, Journalist und Filmemacher. Er gilt als Vordenker des sogenannten roten imperialen Konservatismus – eines Konzepts, das Elemente aus imperialen Denkmustern, Nationalismus und Kommunismus vermengt. nach dem Ziel der sogenannten „Saboteure“:
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Das Ziel der Kiewer Saboteure besteht nicht darin, einen Angriff gegen Erdöltanks oder Militärlager zu führen. Und nicht darin, Panik an Badestränden zu schüren und Konvois von Würdenträgern zu beschießen. Es ist der Versuch, einen Angriff auf die Tiefen des russischen Selbstverständnisses der eigenen Geschichte zu landen, seines historischen Schicksals, des Mythos Krim, der russischen Staatlichkeit und der russischen Staatsführung.
Die Krim – sie ist die Hauptstadt der russischen Welt, die Wiege fünf großartiger Imperien, die eins nach dem anderen das russische Leben umkleidet haben mit der Hülle eines mächtigen Staates. Eben hier, in dieses geistige Herzstück, sollte der Schlag der Terroristen treffen. Bewaffnet mit Maschinenpistolen und Sprengstoff, waren sie ausgestattet mit der heimtückisch schwarzen Aufgabe, den heiligen Ort zu entweihen, eine Giftnadel ins mystische Herz Russlands zu stoßen.
Цель киевских диверсантов не в том, чтобы нанести удар по нефтехранилищам и военным складам. Не в том, чтобы посеять панику на пляжах или обстрелять вельможный кортеж. Это попытка нанести удар в глубины русских представлений о своей истории, о своей исторической судьбе, о мистическом Крыме, о русской государственности и о русской власти.
Крым — столица русского мира, колыбель пяти грандиозных империй, которые одна за другой облекали русскую жизнь в плоть могучего государства. Именно сюда, в эту духовную сердцевину, был направлен удар террористов. Вооруженные автоматами и взрывчаткой, они были вооружены злокозненной черной задачей осквернить священное место, вонзить иглу с ядом в мистическое сердце России.
Rus2Web: Krieg oder Frieden?
Vedomosti-Reporter Ilja Barabanow dagegen, der seit 2014 immer wieder aus der Ukraine berichtet hatte, sieht die Schuld weniger bei Kiew, sondern skizziert auf dem unabhängigen Portal Rus2Web die Wahlmöglichkeit des Kreml zwischen einer friedlichen und einer kriegerischen Variante des weiteren Geschehens:
Deutsch
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Im schlimmsten Fall kommt es noch zu einem bewaffneten Konflikt zwischen Russland und der Ukraine. Angesichts der Anzahl von Streitkräften, die in der letzten Zeit über die russisch-ukrainische Grenze verschoben wurden, erscheint dieses einst absolut unglaubwürdige Szenario schon nicht mehr ganz so unwahrscheinlich.
[...]
Ein großangelegter Krieg muss nicht unbedingt schon morgen beginnen. Ob man es zugeben will oder nicht, aber auf eine gewisse Art ist der schon seit März 2014 im Gange. Und wenn dann das Geld ausgeht und das Finanzministerium schon ganz offen sagt, dass keiner weiß, wie man im kommenden Jahr die Renten und Gehälter zahlen soll, dann hast du zwei Möglichkeiten: entweder den Krieg doch endlich zu beenden und so eine Aufhebung der SanktionenAls Reaktion auf die Annnexion der Krim und Russlands militärisches Eingreifen in der Ostukraine beschlossen sowohl die USA als auch die EU im Jahr 2014 wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland. Im Juli 2017 beschlossen die USA zudem, Russland für die Angliederung der Krim, die mutmaßliche Einmischung in den US- Präsidentschaftswahlkampf und für die Unterstützung Baschar al-Assads im syrischen Bürgerkrieg zu bestrafen. Die neuen beziehungsweise modifizierten Sanktionen können bei voller Umsetzung nachhaltig Russlands Rohstoffgeschäft schädigen (das einen großen Teil des Staatshaushalts ausmacht). Подробнее в нашей гнозе zu erreichen oder einen neuen Krieg zu entfesseln, um die verarmende Bevölkerung gegen den äußeren Feind zu vereinen. Leider scheint es nach den Ereignissen der vergangenen [...] Tage immer unwahrscheinlicher, dass der Kreml sich für die friedliche Variante entscheidet.
В худшем случае — вооруженный конфликт России с Украиной все же произойдет. С учетом того, какое количество войск в последнее время перебрасывали к российско-украинской границе, этот, казавшийся прежде абсолютно фантастическим, сценарий уже не смотрится таким невероятным
[...]
Полномасштабная война не обязательно должна начаться завтра. Как бы кому ни хотелось этого признавать, но в том или ином виде, она уже идет с марта 2014 года. И когда у тебя заканчиваются деньги, а Минфин уже вполне открыто говорит, что в следующем году не знает, как платить пенсии и зарплаты, то варианта у тебя два: либо войну все же заканчивать, добиваясь этим отмены санкций, либо развязывать новую, чтобы сплотить беднеющее население против внешнего врага. К сожалению, в то, что Кремль выберет мирный вариант, после событий последних [...] дней верится все меньше.
Nesawissimaja Gaseta: USA wollen von Syrien ablenken
Oleg Odnokolenko, Kommentator der einst unabhängigen Nesawissimaja Gaseta, macht eine Verbindung auf zwischen den Ereignissen in Aleppo und denen auf der Krim – und vermutet die USA als Helfer der Ukraine:
Deutsch
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Die Drahtzieher hinter Petro Poroschenkos Mannschaft auf der anderen Seite des Ozeans müssen gewusst haben, dass [...] die Krim scharf bewacht ist, und dass ein heimlicher Grenzübertritt mit Waffen und Sprengstoff höchst problematisch würde. Was es nun auch wurde.
Die andere Frage ist: Warum mussten sie die Lage bis zum Höchstmaß verschärfen? [...]
Wie unschwer zu erraten ist, ist es jetzt die Hauptsache, Moskau mit allen Wahrheiten und Unwahrheiten von den aktuellen Ereignissen in Syrien abzulenken. Bei allem ist es ja nicht so wichtig – laut Michael Morella, dem ehemaligen stellvertretenden CIA-Direktor und heutigen Berater der Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton – wo man „Russen tötet“. Vielleicht ist es sogar besser, wenn es auf der Krim passiert, denn dort ist Russland besonders empfindlich.
Заокеанские кураторы команды Петра Порошенко не могли не знать, что [...] Крым охраняется в особом режиме и проскочить через границу с оружием и взрывчаткой незамеченными будет крайне проблематично. Что, собственно говоря, и произошло.
Другой вопрос: зачем им понадобилось доводить обстановку до крайней степени обострения? [...]
И теперь главное, как нетрудно догадаться, – всеми правдами и неправдами отвлечь Москву от текущих событий в Сирии. При этом не так уж важно, где, следуя советам бывшего заместителя директора ЦРУ, а ныне советника кандидата в президенты США от Демпартии Хиллари Клинтон Майкла Морелла «убивать русских». Возможно, в Крыму даже лучше, поскольку для России это чувствительнее.